„Community-Elemente, Bewegtbilder und Interaktivität sind Standard“

Ein Zeitungshaus ist heute gesellschaftlich relevant, wenn es Reichweite erzeugt. Und das Print wie Online. „Tagesspiegel“-Geschäftsführer Frank Lüdecke sprach mit Max Bücker über die Internet-Strategien der Zeitungsverlage und die Konkurrenz durch Gratistitel.

Zeitungen verdienen mit Online erst wenig Geld. Warum sollten sie trotzdem kräftig ins Internet investieren?

FRANK LÜDECKE: Ganz einfach: Es geht um die gesellschaftliche Relevanz der Zeitungshäuser, gemessen an der Gesamtreichweite aus Print und Online. Wir wollen unsere Gesamtreichweite erhöhen, um im Wettbewerb zu bestehen und zu wachsen. Dafür ist es notwendig, auf allen wichtigen Medienkanälen präsent zu sein.

Wie müssen erfolgreiche Internet-Portale von Tageszeitungen aussehen?

LÜDECKE: Community-Elemente, Bewegtbilder und Interaktivität gehören zum Standardrepertoire, das ist schon nichts Besonderes mehr. Über allem steht das Gebot der Hyper-Aktualität – 24 Stunden und 7 Tage. Nicht zu vergessen die Internet-affine Bild- und Textsprache, für die ein 25-Jähriger ein völlig anderes Empfinden hat als sein 50-jähriger Vater. Deswegen sollte es selbstverständlich sein, dass Online-Redaktionen sich aus ihrer Zielgruppe rekrutieren.

Werbungtreibende treffen ihre Budgetentscheidungen häufig noch nach Mediengattungen. Spielt die Gesamtreichweite einer Medienmarke wirklich schon eine bedeutsame Rolle?

LÜDECKE: Der Trend zeichnet sich ab. Die Gesamtreichweite wird als Entscheidungsparameter an Bedeutung gewinnen und Entscheidungen für den Gattungsmix auf eine neue Grundlage stellen.

Sie haben im Herbst 2007 prognostiziert, dass es in spätestens fünf Jahren mehrere Gratiszeitungen in Deutschland geben wird. Gilt die Prognose weiterhin?

LÜDECKE: Nach meiner Einschätzung gibt es Signale, dass der Höhepunkt der Gratiszeitungen in Europa bereits überschritten ist. Die Dynamik des Internet zieht Werbevolumen ins Netz, das den Gratistiteln heute fehlen würde. Nicht von ungefähr haben die großen Gratiszeitungsverlage Metro und Schibsted in manchen Märkten derzeit heftig zu kämpfen. Das Interview führte Max Bücker

Mehr von dem Interview mit Frank Lüdecke lesen Sie in der aktuellen absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing, Ausgabe 7/2008.