Wohin mit dem Verpackungsmüll?

Noch sind die Deutschen zögerlich dabei, Lebensmittel online zu bestellen. Die Branche hofft jedoch auf ein starkes Wachstum. Doch der Erfolg hängt sehr davon ab, ob die Anbieter umweltfreundliche Konzepte bieten können.
Eine Kundin legt am Donnerstag (15.04.2004) in einem Supermarkt in Kaufbeuren im Allgäu einen Joghurt-Becher in ihren mit Lebensmitteln gefüllten Einkaufswagen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Bücher ja, Birnen nein. Handys gerne, Hackfleisch eher nicht: Wenn es um den Einkauf von Lebensmitteln geht, wird in Deutschland immer noch deutlich lieber offline als online eingekauft. Die Online-Bestellung ist eine Randerscheinung – verzeichnet allerdings hohe Wachstumsraten.

Eine Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney und der Universität zu Köln aus dem vergangenen Sommer sah für den Online-Handel einen Anteil von 0,2 Prozent am deutschen Lebensmittelmarkt. Das bedeutet für 2011 immerhin schon einen Umsatz von 200 Millionen Euro. Bis 2016 könnte der Anteil am Gesamtmarkt auf bis zu 1,5 Prozent ansteigen, prognostizieren die Studienautoren.

Die Branche selbst ist deutlich enthusiastischer: Jens Drubel, Gründer und Geschäftsführer von Allyouneed, erwartet 2016 schon zwischen fünf und zehn Prozent Marktanteil – obwohl einige Konkurrenten in der Vergangenheit Insolvenz anmelden mussten. Der Bundesverband Lebensmittel-Onlinehandel (BVLO), ein Zusammenschluss von derzeit 14 Unternehmen, spürt besonders seit vergangenem September ein stark wachsendes Interesse.

Ein Treiber sei dabei die Insolvenz der Drogeriekette Schlecker gewesen: „Viele haben geguckt, wo sie ihren Alltagseinkauf jetzt erledigen können – und haben dann direkt mal ausprobiert, online auch Lebensmittel zu bestellen“, sagt Drubel.

Wie und von wem der Einkaufskorb zusammengestellt wird und zum Kunden kommt, darum konkurrieren in Deutschland noch verschiedene Konzepte. Neben den reinen Versendern bieten einige etablierte Lebensmittelhändler eine Hybrid-Form an: Dabei wird die Ware online bestellt, im nächsten Supermarkt zusammengestellt und dann entweder nach Hause geliefert – oder zum Abholen an der Kasse bereitgestellt.

So einen Service bietet etwa Rewe in einigen Großstädten und Regionen in Deutschland an. Kaiser‘s Tengelman versendet frische Ware unter dem Markennamen „Die Bringmeister“ aus regionalen Lagerzentren. Rossmann und Edeka Südwest haben eigene Online-Shops gestartet.

Angst vor Müllbergen

Experimentiert wird bei allen Händlern mit Serviceangeboten und Logistik. Ganz oben auf der Wunschliste vieler Kunden steht eine Zulieferung exakt zum angegebenen Termin oder in den Abendstunden. Auch hier gibt es bereits einige Pilotprojekte, aber noch keine Entscheidung: „Es muss deutschlandweit und sicher funktionieren, dafür braucht die Branche noch Zeit“, sagt Drubel.

Ob die zusätzliche Verpackung und die anfallenden Wege für Alltagsgüter eine Belastung für die Umwelt sind oder sogar die Natur schonen, weil Fahrten zum Supermarkt wegfallen, mag heute noch niemand beurteilen. Die Sorge der Konsumenten: Wer sich regelmäßig mit Lebensmitteln beliefern lässt, sammelt daheim Berge an Verpackungsmaterial.

Aber schon aus ureigenem Interesse wird in der Branche eifrig an neuen Konzepten gearbeitet: „Luft ist unser Feind“, sagt Jens Drubel. Wird ein normaler Einkauf mit Nudeln, Obst, Schokolade, Chips und Milch versandfertig verpackt, ist das Paket schnell voluminös – und damit teuer.

Zwei mögliche Lösungsstrategien haben die Online-Händler identifiziert: Zum einen geht es darum, möglichst wenig Verpackungsabfall zu generieren. Hier spüre man bereits Interesse aus der Industrie, teilt der BVLO mit: Einige Hersteller prüfen, ob sich spezielle Verpackungen für den Versand in Zukunft lohnen könnten: Aus der runden Dose kann dabei ein eckiger Karton werden, der sich leichter stapeln lässt. Und anstatt dicken Stryoporummantelungen, etwa zur Kühlung, werden dünnere, aber genauso stabile Kunststoffe getestet.

Die andere Idee: Der Verpackungsabfall wird direkt wieder vom Lieferanten mitgenommen – das erfordert jedoch eine zeitlich punktgenaue Zustellung und mehr Arbeit für den Zusteller. „Wir müssen weg von den Verpackungen, die wir bis jetzt haben“, fasst Jens Drubel zusammen, „aber da sind wir heute noch nicht so weit, wie es sich die Welt wünschen würde“.

von Manuel Heckel, Quelle: Handelsblatt