„Wir sind bei den Konditionen transparent, aber auch standfest“

In den ersten Monaten nach seinem Wechsel zu Nintendo war Dr. Bernd Fakesch überrascht, wie „straight“ das Unternehmen ist. Im Gespräch mit absatzwirtschaft-Redakteur Thorsten Garber spricht der General Manager Deutschland über Produkte, Konditionen, und über das Ziel, Coach-Potatoes vom Sofa zu holen.

Herr Dr. Fakesch, haben Sie eigentlich schon mal Ärger mit Ihrer Frau bekommen, weil Sie und Ihre beiden Kinder zu lange an der Wii-Spielkonsole gespielt haben?

FAKESCH: Eher weil ich zu lange arbeite (lacht). Nein, meine Kinder sind noch zu klein. Die Kleine ist erst eineinhalb, der Große ist vier Jahre und entwickelt sich schon zum echten Mario-Fan. Mit ihm muss ich oft eine Runde „Mario Kart“ fahren. Erst auf dem DS, jetzt auf Wii. Es sieht putzig aus, wenn er sich mit der Hand am Lenkrad in die Kurve legt.

Sie kamen vor vier Jahren von Bertelsmann zu Nintendo. Beide Unternehmen gehören zur Unterhaltungsindustrie. Ist das Geschäft vergleichbar?

FAKESCH: Nintendo tickt ganz anders als die Musikindustrie bei BMG. Aber sicherlich ist ein Grund für meine Anstellung bei Nintendo, dass ich aus dem Bereich Entertainment komme. In den ersten Monaten nach meinem Wechsel war ich schon überrascht, wie „straight“ das Unternehmen Nintendo ist. Wir haben europaweit ein einheitliches Preis- und Konditionssystem. Wir sind bei den Konditionen insgesamt sehr transparent, aber auch sehr standfest. Der Musikbereich arbeitet dagegen viel mit Nettopreisen, mit Preisaktionen, mit hohen Retourenrechten. So etwas gibt es bei Nintendo überhaupt nicht. Dann ist da natürlich noch der massive Unterschied, dass Nintendo neben der Software auch Hardware herstellt und vermarktet.

Worauf liegt der Schwerpunkt?

FAKESCH: Als lokale Landesgesellschaft müssen wir sicherstellen, dass eine große Menge Hardware als Basis im Markt installiert wird, so dass im Nachgang viel Software verkauft werden kann. Wobei es dann wiederum heißt: „Software sells Hardware.“ Wir müssen eben auch dafür sorgen, dass sich die Top-Titel, die eine Hardware treiben, gut vermarkten.

Nach einer aktuellen Umfrage besitzt fast jeder zweite Bundesbürger eine Spielekonsole, und elektronische Denkspiele sind am beliebtesten. Decken sich diese Ergebnisse mit Ihren Erkenntnissen?

FAKESCH: Interessant. Ich habe genau diese Zahlen in einem Artikel unserer aktuellen Medienrecherche gefunden. Den 47-Prozent-Anteil von Konsolen-Besitzern finde ich eine gute Zahl, die ich aber nicht wirklich glaube. Wir haben eine installierte Basis von fünf Millionen Sony Playstation 2, vier Millionen Nintendo DS, wenn ich die anderen Plattformen hinzurechne, würde mich der hohe Wert doch sehr wundern. Das würde ja bedeuten, in Deutschland seien fast 40 Millionen Konsolen installiert; die gibt es aber nicht. Wenn sich die 47 Prozent auf Haushalte, bzw. auf den Zugang zu einer Konsole beziehen, glaube ich den Wert schon eher. Dass Denkspiele am beliebtesten sind, können Sie als gegeben hinnehmen: Sie haben enorm an Zugkraft gewonnen. Wir haben vor zwei Jahren „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ auf den Markt gebracht. Er war 2006 und 2007 mit Abstand der stärkste Titel. Und die beiden Gehirn-Jogging-Titel sind in Summe auch 2008 bis jetzt am stärksten. Dabei ist in diesem Jahr das Highlight der Spiele-Industrie auf der Action-Seite herausgebracht worden: „Grand Theft Auto 4“ (GTA) – eigentlich der Mega-Seller.

Europachef Dr. Intat von Electronic Arts sagte im Interview der absatzwirtschaft zum Durchschnittsalter, die Spieler seien Mitte vierzig – so wie Sie. In den Geschäften sieht man an den Geräten aber immer deutlich unter 18-jährige Jungs. Kaufen die vielen älteren Spieler ihre Hard- und Software heimlich?

FAKESCH: Eine schöne Frage. Ich glaube aber, unsere Industrie hat es Gott sei dank nicht mehr nötig, heimlich agieren zu müssen. (schmunzelt) Wir sind heute gesellschaftsfähig. Das genannte Durchschnittsalter halte ich dennoch für zu hoch gegriffen. Die Käufer sind sicher älter, aber sie kaufen eine Konsole oft für ihre Kinder. Auch die Nutzer sehe ich im Schnitt bei circa 20 Jahren. Mit dem DS sind wir allerdings schon stark in die Altersgruppe über 30 Jahre hineingewachsen. Mit Gehirn-Jogging haben wir den „Entry Point“ bei Erwachsenen gefunden. Bei unserer Wii-Spielkonsole ist schon ein Drittel der Nutzer über 30 Jahre. Insofern ist die Marke Nintendo erwachsener geworden. Sicher spielen vor allem die Kids gerne, aber auch die Eltern beschäftigen sich zunehmend damit. Der Markt tickt nach wie vor so, dass die Kinder die Türoffner sind. Sie tragen uns in die Familie hinein. Das Gespräch führte Thorsten Garber

Dr. Bernd Fakesch über …

… die Produktpolitik und Produktentwicklung bei Nintendo (2): „Wir sind aus dem Haifischbecken ausgebrochen“

… Wettbewerber und Marktanteile (3): „Wir sind nicht so Entertainment-affin wie etwa die Briten“

… die Marke und das Marketing (4): „Unsere Industrie ist einfach noch nicht in den Köpfen der Deutschen verankert“