„Wir haben zwei Stoßrichtungen definiert“

Wenn man über Hidden Champions spricht, ist Baywa sicherlich einer. Insgesamt 164 Beteiligungen, über acht Euro Milliarden Umsatz im Jahre 2008 und die Präsenz in 16 europäischen Ländern sprechen eine deutliche Sprache. Allerdings genießt der Mischkonzern mit den Sparten Bau, Agrar und Energie vor allen Dingen in Süddeutschland einen hohen Bekanntheitsgrad, doch ist die Marke sonst zu wenig profiliert. Im Interview erklärt Vorstandsvorsitzender Klaus Josef Lutz, wie die neue Dachmarkenstrategie voran kommen soll.

Warum will die Baywa in das Thema Marke investieren?

KLAUS JOSEF LUTZ: Die Baywa ist ein Mischkonzern mit entsprechend unterschiedlichen Dienstleistungen und Angeboten – da ist es nicht einfach, die Marke zu transportieren. Weil in der Vergangenheit Marketing, Markenführung oder Brandmanagement eher im Hintergrund standen, haben wir im Vorstand schon vor einem Dreivierteljahr beschlossen, das zu ändern. Wir haben zwei Stoßrichtungen definiert, um die Marke Baywa und die Inhalte, die damit verbunden sind, noch bekannter zu machen. Einmal in Richtung Kapitalmarkt – da wollen wir noch besser werden – und natürlich auch in Richtung unserer Kunden und Partner.

Wie sieht der Prozess konkret aus?

LUTZ: Zunächst mussten wir intern die personellen Voraussetzungen schaffen und haben einen Konzern-Marketingleiter installiert. Darüber hinaus stehen uns Berater zur Seite, die uns helfen, die ganze Thematik der Markenführung zu professionalisieren. Grundlage für alles, was wir jetzt machen, ist eine Marktanalyse in Form einer repräsentativen Umfrage, bei der sowohl Kunden als auch Nicht- oder Nicht-mehr-Kunden zur Wahrnehmung der Baywa befragt wurden. Kernergebnis ist, dass die Marke für etwas Positives steht, für Glaubwürdigkeit, konservative Geschäftspolitik, für Nachhaltigkeit und vor allem für Verlässlichkeit. Man vertraut der Baywa, ohne dass man genau sagen kann, warum und welche konkreten Inhalte mit der Marke verbunden sind. Interessant war es auch, zu sehen, dass Kunden bei dem Begriff Baywa – egal in welchem Segment, sei es Agrar, Bau oder Energie – weniger an die Einzelsparten denken, als vielmehr an die Baywa als Ganzes und dabei wenig differenzieren.

Ist es überhaupt sinnvoll, dass die einzelnen Kunden immer ein gesamthaftes Bild haben? In den einzelnen Sparten ist es den Kunden möglicherweise völlig egal, was sonst noch läuft.

LUTZ: Sie haben völlig Recht. Wenn ich in einen Baumarkt gehe, will ich vor allem wissen, ob Rasenmäher oder Schneeschaufeln besonders gut beziehungsweise günstig sind. Das heißt, die Sparten-Marketingaktionen werden wie in der Vergangenheit auch dort bleiben, die Sparten sind operativ für ihr Markenmanagement und für ihre Markenführung verantwortlich. Allerdings glaube ich, dass wir durch effizienten Mitteleinsatz ein erhebliches Verbesserungspotenzial haben, da es auch Kunden gibt, die in verschiedenen Segmenten Geschäftsbeziehungen zu uns haben. Wir haben zum Beispiel im Rahmen der Analyse folgendes Feedback bekommen: „Es ist ja toll, was die Baywa alles macht, aber alle paar Tage irgendeinen Flyer nach Hause geschickt zu bekommen, das ist erstens viel Papier und zweitens zahle ich das als Kunde ja auch noch.“ Das bedeutet doch, dass wir uns bemühen müssen, die konkreten Informationen für unsere Kunden in den verschiedenen Segmenten stärker zu straffen. Und ich glaube, dass man damit auch Marketingkosten einsparen könnte, beziehungsweise – und das ist eine weitere Zielsetzung –, dass die effizientere Vorgehensweise dazu führt, dass wir Geld freibekommen, um es in die Dachmarkenkommunikation zu investieren.

Bei mehr als 16 000 Mitarbeitern und einer bisher sehr dezentralen Struktur ist es aber ein ziemlicher Kraftakt, Fahrt aufzunehmen.

LUTZ: Wir haben einen spartenübergreifenden Marketingausschuss gegründet. Naturgemäß war es am Anfang etwas holprig aufgrund divergierender Individual- und Partikularinteressen. Aber nachdem wir das in der besprochenen Weise ausdifferenziert haben – Dachmarke einerseits und die spezifischen Marketingaktivitäten in den Sparten andererseits – läuft es deutlich besser. Wir hatten einen fulminanten Start dieser ganzen Marketingaktivitäten mit einer Führungskräftetagung in der Münchener Allianz Arena mit Top-Leuten wie Uli Hoeneß oder dem O2-Retter Rudi Kröger. In dieser Veranstaltung haben wir Arbeitsgruppen gegründet, um mittels eines Bottom-up-Ansatzes die Prozesse unserer Dachmarkenstrategie zu gestalten und in den Griff zu bekommen.

Wie weit ist das Thema Dachmarke und Markenarchitektur bei der Baywa gediehen?

LUTZ: In der Öffentlichkeitsarbeit ist es zunehmend gelungen, dass wir stärker auch bundesweit als Baywa wahrgenommen werden. Das liegt auch daran, dass wir erheblich ins Geschäftsfeld „Erneuerbare Energien“ investieren. Wir haben drei Firmen gekauft und werden nächstes Jahr, so wie es aussieht, um die 300 bis 350 Millionen Euro Umsatz mit Erneuerbare-Energie-Aktivitäten tätigen und eine Rendite erwirtschaften, die sicherlich über fünf Prozent liegt. Das ist für die Baywa ein Paradigmenwechsel. Diese Strategie war am Anfang, als ich hier begonnen habe, im Gesamtkonzern umstritten, ist aber mittlerweile sehr anerkannt.

Wie sieht es mit Werbung aus?

LUTZ: Die brauchen wir natürlich. Wir überlegen auch, wie wir eine sinnvolle Imagekampagne starten. Aber da sage ich Ihnen ganz offen, das hängt auch ein wenig davon ab, wie sich 2010 konjunkturell entwickelt.

Die Fragen stellte Christian Thunig.

Mehr Informationen finden Sie unter:
www.baywa.de