Wie transparent müssen Preise sein?

Hersteller und Händler müssen Verbraucher nicht über den tatsächlichen Marktwert eines Produkts oder einer Dienstleistung aufklären. Trotzdem unterliegen sie komplexen rechtlichen Regelungen. Die wichtigsten haben wir für Sie zusammengefasst.

Hersteller und Händler müssen Verbraucher nicht über den tatsächlichen Marktwert eines Produkts oder einer Dienstleistung aufklären. In Lebensmittelgeschäften wird der Vergleich durch die verpflichtende Angabe des Grundpreises pro Kilogramm am Regal oder auf dem Etikett erleichtert. Bei Stückpreisen an der Theke hilft es nur, sich vorher über die Preise zu erkundigen und überteuerte Angebote auszuschlagen.

Dürfen Händler ihre Preise willkürlich anpassen?

Hersteller und Händler sind in ihrer Preisgestaltung frei, das fordert die freie Marktwirtschaft. Die Idee eines gleichen Preises existiere hierzulande nicht, sagt Martin Schmidt-Kessel, Professor für Verbraucher- und Privatrecht an der Universität Bayreuth: „Unsere freiheitliche Rechts- und Wirtschaftsordnung setzt die Möglichkeit der Preisdifferenzierung quasi voraus.“ Allgemeine rechtliche Grundsätze schränken die Preisfreiheit jedoch ein. Dazu gehören: Diskriminierungsverbote, Preisbindung, Gebot der Fairness, Datenschutz, Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung

1.  Diskriminierungsverbote

Die sogenannte Dienstleistungsrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft (EG) verbietet Preisdiskriminierungen aufgrund des Wohnsitzes in einem anderen Mitgliedsstaat oder der Staatsangehörigkeit. In Deutschland gilt zudem ein mehrfach gesetzlich geregeltes Diskriminierungsverbot. Grundlage ist Art. 3 des Grundgesetzes, in dem die Gleichbehandlung jedes Menschen durch den Staat gesichert wird. Preis-
anpassungen sind demnach verboten,  wenn sie unmittelbar aufgrund folgender Kriterien vorgenommen werden:

  • Geschlecht
  • Abstammung
  • Rasse
  • Sprache
  • Heimat und Herkunft
  • Glaube
  • Religiöse oder politische Anschauungen
  • Behinderung

Zulässig ist eine Ungleichbehandlung laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dann, wenn sie durch objektive Kriterien gerechtfertigt ist. Zu diesen zählen beispielsweise saisonbedingte Veränderungen der Nachfrage, Preisveränderungen bei Mitbewerbern oder höhere Lizenzkosten für die Bereitstellung urheberrechtlich geschützter Inhalte in bestimmten EG-Mitgliedsstaaten. Eine höhere Zahlungsbereitschaft oder ein höheres Durchschnittseinkommen rechtfertigen an sich keine höheren Preise.

Ein Problem für viele Anbieter, wird laut Juraprofessor Martin Schmidt-Kessel die mittelbare Diskriminierung sein: Soweit erlaubte Kriterien bei Preisanpassungen typischerweise bei Personengruppen vorliegen, deren Diskriminierung verboten ist, kann eine mittelbare Diskriminierung vorliegen – etwa beim Rückschluss aus der Zahlungsweise auf Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe oder Abstammung.

2. Preisbindung

Preisbindungen sind in Deutschland laut Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) grundsätzlich unzulässig. Bestimmte Güter und Leistungen sind jedoch davon ausgenommen:

  • rezeptpflichtige Arzneimittel
  • Verlagserzeugnisse wie Bücher, Noten, Landkarten oder E-Books
  • Zeitungen und Zeitschriften, sofern der Verleger mit dem Großhandel entsprechende Verträge schließt
  • Tabakwaren
  • Taxifahrten

Händler sind allerdings während des Kaufprozesses nach den Regeln des Preisangabenrechts an den einmal mitgeteilten Preis (etwa in der Werbung oder am Regal) gebunden. Vielfach ist dabei der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem sich der Kunde zum Kauf entschließt: Im Supermarkt ist das der Moment, in dem er ein Produkt aus dem Regal nimmt. Ändert sich der Preis bis zum Bezahlvorgang, muss der Händler den Kunden darüber informieren und teilweise sogar sicherstellen, dass automatisch an der Kasse nur der niedrigere Preis verlangt wird. Nur so kann die Vertragsfreiheit, also das Recht, Vertragsgegenstände und -partner frei zu wählen, auch für den Kunden gewährleistet werden. Der Kunde kann sich in diesem Moment immer noch gegen den Kauf des Produkts entscheiden. Da im Supermarkt nicht kontrollierbar ist, welcher Kunde ein Produkt zu welchem Zeitpunkt ergreift, könnten Supermärkte ihre Preise in der Praxis nur dann nach oben anpassen, wenn kein Kunde im Laden ist – also nachts. „Wenn ein Händler seine Preise zu oft anpasst, kann es zudem sein, dass die Rechtspolitik künftig den Bindungszeitpunkt zeitlich vorverlagert“, sagt
Verbraucherrecht-Experte Schmidt-Kessel voraus.

3. Gebot der Fairness

Der Preis wird zwar nicht auf seine Fairness kontrolliert – also auf ein angemessenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Er muss aber fair zustande gekommen sein. Unvollständige Preisangaben (etwa ohne Umsatzsteuer) oder die Angabe eines zu niedrigen Preises in der Werbung sind verboten. Auch versteckte Nebenpreise (etwa Gebühren, Kosten, Steuern, Hotlinekosten) machen einen Preis unfair.

4. Datenschutz und kundenindividuelle Preisgestaltung

Personenbezogene Daten, also sämtliche Angaben über eine Person, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist, unterliegen dem Datenschutz. Solange sich der Kunde nicht ausdrücklich bereit erklärt, seine persönlichen Daten zur Preisanpassung freizugeben, ist ihre Verwendung verboten. Die Verarbeitung anonymer Daten hingegen ist rechtlich unbedenklich.

5. Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung

Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist laut GWB rechtlich verboten. Das bedeutet: Monopolisten dürfen nicht willkürlich Wucherpreise verlangen. Um als Wucherer zu gelten, muss für ein Unternehmen der Vorsatz des „Ausbeutens“ gelten, also das bewusste Ausnutzen der gegebenen schlechten Situation des Bewucherten.