Wie Stars und Sternchen den Markenartiklern unter die Arme greifen

Aktuell ist im Haus der Geschichte in Bonn noch bis zum 7. April eine Ausstellung zum Thema „Prominente in der Werbung. Da weiß man , was man hat.“

absatzwirtschaft-Online hat dies zum Anlass genommen, ein kleines Special zusammenzustellen, in dem auch Prominente selber zu Wort kommen.

Promiwerbung nimmt zu
Ob Thomas Gottschalk, Verona Feldbusch, Franz Beckenbauer oder Boris Becker. Derzeit haben sie alle Hände voll zu tun, um die Markenartikler im Kampf um den Kunden zu unterstützen. Sie sollen Vertrauen schaffen und ihre Erfolgsprinzipien aus Show-Business, Sport oder gar Politik auf die Produkte übertragen.
Das Thema „Prominente in der Werbung“ ist spätestens seit Verona Feldbusch wieder in der Marketing-Landschaft en vogue.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Während im Jahre 1993 nur drei Prozent der Werbespots prominent besetzt waren, hat sich dieser Wert bis zum ersten Halbjahr 2001 auf 12 Prozent vervierfacht. Grund: Der Konsument ist mit dem wachsenden Grundrauschen in den Medien immer schwerer zu erreichen. Damit müssen die Werbetreibenden verstärkt hohe Reize aussenden, um überhaupt gehört zu werden. Prominente scheinen daher ein probates Mittel, um der Werbebotschaft den nötigen Druck und die notwendige Aufmerksamkeit zu verleihen. Nicht umsonst sprechen Experten in diesem Zusammenhang auch davon, dass der Kunden nicht mehr pekuniär sondern mit seiner Aufmerksamkeit „zahlt“, gleichsam als neue Währung.

Erfolg ist nicht vorprogrammiert
Aber auch Stars vermögen nicht immer, dem beworbenen Unternehmen oder Produkt auf die Sprünge zu helfen. Trotz Erotik und Claudia Schiffer schaffte es die durchaus bekannte H+M-Werbekampagne, in der Claudia Schiffer in leichten Dessous auf einem Stuhl sitzt, nicht, den Umsatz entscheidend anzukurbeln. Hingegen waren Claudia Schiffer-Poster sofort nach der Kampagne vergriffen und auch der Traffic auf der Homepage der Modefirma stieg immerhin um respektable 25 Prozent.

Was sind die Erfolgsfaktoren eines erfolgreichen Promi-Einsatzes? Sozialwissenschaftlerin Judith Grünhagen entwickelte vier Faktoren, die entscheidend für den Erfolg eines Prominenten sind. So ergab ihre Arbeit, dass im Kern die Persönlichkeit des Prominenten zu untersuchen ist, da immer ein Imagetransfer von der Person auf das Produkt stattfindet. Zweitens ist die Produktaffinität, also die Kompetenz für den Produktbereich, entscheidend. So wird ein Thomas Gottschalk eher mit in der Anschaffung eher risikoloser Waren verbunden, während sein Bruder Christoph Sachverstand und Seriosität ausstrahlt. Nicht umsonst wurde er daher seinem Bruder Thomas zur Seite gestellt, um die Postaktie zu bewerben. Die Zielgruppenaffinität als dritten Faktor greift zudem Sympathiewerte, Ansehen und Bekanntheit in der Zielgruppe ab. Darauf fußt letztlich die Strategie der Werbekampagne im vierten Schritt.

Glaubwürdigkeit ist entscheidend
Dabei fällt auf, dass Kampagnen, in denen der Prominente maßgeblich auch hinter den Kulissen mitgewirkt hat, glaubwürdiger sind als Kampagnen, die den beauftragten Star lediglich etwas aufsagen lassen. So entwickelte Sir Peter Ustinov den Spot zur Umbenennung der Bank für Gemeinwesen (BfG) in SEB-Bank mit. Auch Mike Krüger griff aktiv in die Entwicklung der Cappuccino-Spots mit ein. Das Ergebnis: Die Spots wirken authentisch und unterstreichen jeweils bei beiden Künstlern die spezifischen Fähigkeiten und Merkmale. Jan Ulrich-Spots wirken dagegen eher wie die Werbeeinblendungen des ganz jungen Franz Beckenbauers für Knorr-Suppen.

Glaubwürdigkeit ist also eines der wichtigsten Eigenschaften: Glaubwürdigkeit, öffentliches Image, Bekanntheit und Sympathie sowie Beliebtheit der Stars wurden jeweils von 72 befragten Agenturen mit über 90 Prozent als wichtig erachtet. Danach kam erst Erfolg oder Vertrauenswürdigkeit. Dennoch wird die Gefahr, die vom Lebenswandel der Prominenten ausgeht überbewertet. Weder Franz Beckenbauer noch Boris Becker oder Verona Feldbusch, die letztlich bei allen Fernsehengagementen floppte, haben mit ihren Eskapaden dem Ansehen der Unternehmen oder beworbenen Produkten geschadet. Harald Juhnke machte auf den Höhepunkten seiner Alkoholabhängigkeit sogar Werbung für Milch- oder Tafelwasser-Produkte.

Boris ist noch drin
Als besonders erfolgreich, nicht nur in der Aufmerksamkeit, hat sich hier sogar der durch Medien hart gescholtene Boris Becker erwiesen. Mit dem Spruch „Bin ich schon drin“ traf er oder besser die Agentur Grey den Nerv von Millionen von Konsumenten. Allein in den ersten sechs Monaten nach Kampagnenbeginn konnte AOL die Mitgliederzahl um 66 Prozent auf insgesamt 1,5 Millionen im Januar 2000 steigern. Grey bekommt später für diese Kampagne sogar den goldenen Effie. Obwohl sich der ehemalige Wimbledon-Sieger keineswegs aus den negativen Schlagzeilen herausbewegt, bleibt er für die Werbetreibenden erste Wahl. Das Erfolgsgeheimnis: Boris ist mit seinen zugegebenen Schwächen, am Computer in der Werbung oder öffentlich in den Medien, authentisch und damit glaubwürdig.

Wie sehr Menschen einzelne Testimonials mit dem Produkt identifizieren, zeigt der Fall „T-Aktie“. Werbe-Promi Manfred Krug musste gar Anfeindungen von sogenannten Kleinanlegern über sich ergehen lassen, die ihr Vertrauen (zu Krugs Werbeaussagen) regelrecht missbraucht fühlten.

Fazit: Promis in der Werbung müssen in der Funktion einer Identifikationsfigur den Zugang zu einem Produkt schaffen und gleichsam als Navigator im Dschungel der vielfältigen Produktmöglichkeiten unserer Tage stehen. Und das zählt für die Werbemacher.

Christian Thunig


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