Wie Marken in Zeiten der Corona-Krise Haltung zeigen können

Die Corona-Krise hat Deutschland immer fester im Griff. Mit der aktuell angeordneten Kontaktsperre ist die Bevölkerung in der Isolationsphase angekommen. Man befindet sich in einem mentalen Ausnahmezustand, der zwischen Angst und Hoffnung schwankt. Und genau hier können Marken nun einspringen.
Corona
Haltung in der Corona-Krise: Marken können für die Konsumenten und für die gesamte Gesellschaft Hilfestellungen leisten, um dem Gefühl der Destabilisierung entgegenzuwirken. (© Unsplash)

Von Dirk Ziems, Managing Partner Concept M

Für Marketing und Markenführung setzt ebenfalls ein Ausnahmezustand ein. Business as Usual zu betreiben und die gleichen Marketing- und Kommunikationskampagnen zu fahren wie immer, wirkt schnell deplatziert und unangemessen.

Die Unternehmen sind gefragt, jetzt Stellung zu beziehen und Haltung zu zeigen. Was bislang eher eine theoretische und nicht immer substanzielle Diskussion über Brand Purpose war, wird jetzt zur handfesten Herausforderung: Zeigt die Marke, dass sie auf die Krise angemessen reagieren kann? Ist sie in der akuten Krise in der Lage, vom rein selbstbezogenen Gewinnstreben zum nun eingeforderten Einsatz für das Allgemeinwohl umzuschalten und altruistische Seiten zu zeigen?

Markenkapital für die Zeit nach der Corona-Krise aufstocken

Zwei Beispiele: Volkswagen setzt seine 3D-Drucker dazu ein, ab jetzt statt Modellprototypen Bauteile für Beatmungsmaschinen zu produzieren. H&M hat bei seinen Fabrikanten in Asien Atemschutzmasken bestellt. Die Marken zeigen beispielhaft: Jetzt gilt „Unselling“ statt „Hardselling“ – natürlich mit der richtigen Dosierung von PR-Arbeit im Sinne von: „Tue Gutes und rede darüber.“ Wenn kurzfristig sowieso der Umsatz wegfällt, lohnt es sich durch entsprechende Social-Sponsoring-Aktionen während der Corona-Krise das Markenkapital für die Zeit nach der Corona-Krise aufzustocken.

Marken können in der aktuellen Krisensituation für die Konsumenten und für die gesamte Gesellschaft Hilfestellungen leisten, um dem Gefühl der Destabilisierung entgegenzuwirken und die Erfahrung von Selbstwirksamkeit zu vermitteln. In diesem Zusammenhang sind eine Reihe von Werten relevant, die für die Marken in der aktuellen Krise handlungsleitend sein sollten:

Empowerment: Engagement, materielle Unterstützung, tatkräftiger Einsatz

Marken verfügen über große Ressourcen und Kompetenzen, die sie in Zeiten der Not der Gemeinschaft zur Verfügung stellen können. Die genannten Beispiele VW und H&M weisen den Weg. Jetzt sollten Marken zeigen, dass sie wissen, was in der Krise wirklich gebraucht wird: Schutzmasken und Beatmungsgeräte anstelle der vierten Modekollektion des Jahres und dem 17. Auto-Prototyp.

Es gibt weitere Beispiele: Zara stellt in Spanien sein logistisches Netzwerk für den Transport von Medizingütern von Asien nach Europa und innerhalb von Spanien zur Verfügung. Dass die Mitarbeiter von Mc Donald’s bei Aldi aushelfen, zeigt ebenfalls tatkräftiges Mitdenken. Und wenn die zurzeit arbeitslosen Küchenmonteure von Ikea jetzt die Schutzvorrichtungen an den Tresen der Apotheken aufbauen würden, wäre das ein Engagement, für das die Konsumenten auch nach der Krise dankbar wären.

Enabling: Menschen zur besseren Krisenbewältigung befähigen

Die Zeit der Isolation stellt die Menschen in ihrem Alltag vor viele neue Herausforderungen. Die Marken können die Menschen dabei unterstützen, mit dem Ausnahmezustand besser klar zu kommen, die eigenen Ressourcen besser zu bündeln und die eigene Selbstwirksamkeit stärker zu spüren. So konnten zum Beispiel in einem von der Bundesregierung gestarteten „Hackathon“ am Wochenende Ideen für Plattformen und Maßnahmen einbringen und weiterentwickeln, die helfen, den aktuellen Problemen Herr zu werden.

Und es gibt genügend weitere naheliegende Ideen:

  • Die Telekommunikationsanbieter können iPads oder Handys an Seniorenheime und Krankenhäuser spenden, damit die Isolierten noch mit Familienangehörigen kommunizieren können. Oder sie können Kunden, die sich damit bisher nicht auskennen, mit Trainings oder neuen vereinfachten Apps dabei unterstützen, eine Familien-Video-Konferenz mit den im Seniorenheim isolierten Großeltern abzuhalten.
  • Ein Kids-Produkte-Anbieter könnte eine Plattform für Spiel- und Bastelideen oder für tägliche Kinder-Mit-Sing-Stunden anbieten. Die Pharma-Marken könnte einen Schnellkurs in „Krankenpflege“ anbieten, um ehrenamtlich Interessierte zu befähigen, dass sie in Krankenhäusern mithelfen können.
  • In der Zeit, wo Fabriken und Büros geschlossen sind, sind DIY-Anbieter gefragt, die zeigen, wie man die Zeit in den Corona-Zwangsferien nutzen kann, um das Haus zu renovieren oder den Garten zu verschönern.
  • Matratzenhersteller könnten eventuell überbordende Lager, von denen nichts mehr abfließt, entlasten, indem sie Matratzen dorthin spenden, wo auf die Schnelle neue Krankenhausbetten gebraucht werden.

Encouragement: Mentaler Aufbau, Zuversicht schaffen

In Zeiten der Krise gilt es, die Moral der Bevölkerung hoch zu halten und Hoffnung zu kommunizieren. Auch dazu können Marken einen wertvollen Beitrag leisten. Wenn zum Beispiel eine Pharma-Firma aufzeigt, wie viel aktuell in die Erforschung neuer Medikamente und Impfstoffe investiert wird, wirkt das immer auch wie eine „Good News“.

Die Kommunikation der Marken kann die folgenden Werte, die für die nächsten Wochen entscheidend sind, im Bewusstsein der Bürger positiv verstärken:

  • besonnene und entschlossene Entscheidungskonsequenz
  • diszipliniertes Durchhaltevermögen
  • Offenheit für neue Perspektiven
  • Wiederentdeckung solidarischer Werte

Wenn Mercedes mit dem Hashtag #stayathome kommuniziert, dann stärkt die Marke das Verantwortungsgefühl des Einzelnen. Wenn Marken im Rahmen von Social-Sponsoring-Aktivitäten Rituale für das gemeinsame Singen auf dem Balkon, das Applaudieren für die Helfer, das Pflanzen für das Erblühen danach oder das regelmäßige Skypen mit den Alten schaffen, dann stärkt das die Solidarität und das Gemeinschaftsgefühl. Wenn Banken und Finanzdienstleister Plattform gründen, wo sich Menschen neue Geschäftsideen/Überlebensstrategien für „danach“ austauschen, dann stiftet das Hoffnung.

Die Corona-Krise als Call für die Marken

Ähnlich wie nach dem archetypischen Muster der Heldenreise, das als Vorlage für etliche Hollywoodfilme dient, sollten die Marken die aktuelle Corona-Krise als „Call“, als „Berufung“ verstehen, der sie dazu auffordert, sich eine neue Entwicklungsstufe zuzutrauen und neue Potenziale in sich zu entdecken. Die Marken, die das jetzt verstehen, und den Kunden in der Corona-Krise Empowerment, Enabling und Encouragement bieten, werden nach der Corona-Krise Startvorteile haben.