Wie Henkel mit „Polly Chrome“ den Haarfärbemarkt aufmischt

Das US-Unternehmen eSalon will mit seiner digitalen Haarfärbemaschine "Polly Chrome" die Badezimmer der Deutschen erobern: Haare kolorieren in Eigenregie soll einfach und sicher werden wie nie. Darauf setzt auch der Konzern Henkel, der mit eSalon ein Joint Venture gegründet hat. Was kann "Polly", was ein Drogerieprodukt nicht kann?
Neuheit im Badezimmer: Die "Polly Chrome"-Produkte aus dem eSalon sollen den Markt für Haarfärbemittel aufmischen. (© eSalon)

Im Jahr 2020 gab es in Deutschland rund 2,41 Millionen Personen, die ein bis zweimal pro Monat Haarfärbemittel beziehungsweise Haar-Kolorationen verwendeten. So lautet das Ergebnis einer aktuellen Erhebung der Verbrauchs- und Medienanalyse (VuMA). Die Statistik benennt nicht nur die Zahl für das zurückliegende Corona-Jahr, sondern spiegelt auch die Tatsache wider, dass sich diese Zahl seit dem Jahr 2016 kaum verändert hat. Haarefärben in Eigenregie scheint ein konstant beliebtes Hobby der Deutschen.

Henkel setzt auf Innovation

Die Kunden im Haarfärbemarkt sind dabei an klassische Drogerieware gewöhnt. Und dennoch will Henkel sich in diesem Markt innovativ positionieren. Der seit mehr als 140 Jahren bestehende Produzent von Pflegemitteln für Kopf und Körper gründete dafür ein Joint Venture mit dem US-amerikanischen Unternehmen eSalon, das „Polly Chrome“ entwickelt hat: eine Maschine, die anhand eines Farbeditors online eine Formel-ID ermittelt, die laut Angabe des Herstellers „pigmentgenau“ auf die Wunschfarbe eines Kunden passe. Mit der Formel-ID erstellt „Polly Chrome“ ein individualisiertes Haarfärbemittel, das eSalon dem Kunden zum Selberfärben nach Hause liefert. Nach Angaben des Unternehmens kann „Polly Chrome“ rund 272.000 Farbkombinationen erstellen.

„Die ersten grauen Haare inspirieren viele Frauen, nach einer Koloration zu schauen“, sagt Vera Koch, Vice President of Global Marketing bei eSalon. (Foto: eSalon)

Vera Koch, Vice President of Global Marketing von eSalon, sieht ausgerechnet im „sehr hart umkämpften“ deutschen Haarfärbemittel-Markt eine Chance. Sie findet: „Die derzeitige Auswahl an Produkten ist so groß, dass sie die Kunden regelrecht überfordert. Mit den personalisierten Haarfarben von eSalon hat das Grübeln vor dem Drogerie-Regal ein Ende.“ Die Präzision, mit der „Polly Chrome“ seine Haarfärbungen generiere, mache „aus jeder Koloration ein echtes Unikat“, sagt die gebürtige Oldenburgerin. Dies sei der maßgebliche Unterschied zu einem Fertigprodukt aus der Drogerie.

eSalon setzt auf Abo-Modell

eSalon hat laut Koch daran gearbeitet, die Bedürfnisse speziell der deutschen Kunden zu erfüllen. Das Unternehmen achtet beispielsweise darauf, dass die Produkte frei von Tierversuchen sind und keinerlei Ammoniak enthalten.

An dem Abo-Modell, das in den USA üblich ist, hat eSalon laut Koch „bewusst nichts geändert“ – „auch wenn wir wussten, dass Abonnements in Deutschland erstmal keinen guten Ruf haben“. Die Abonnements bei eSalon sind jederzeit online kündbar ohne die übliche Mindestlaufzeit und unsere treuen Kunden wertschätzen den Komfort, ihre Farbe regelmäßig nach Hause geschickt zu bekommen“, sagt Koch. Eine Einzelbestellung kostet 27,50 Euro; ein Flex-Abo, bei dem Kunden auswählen können, wie oft sie ihre Haare färben und abhängig davon die Kolorationen von „Polly Chrome“ alle sechs oder lieber alle acht Wochen angeliefert haben wollen, gibt es im Monats-Abonnement für 22 Euro.

35+, weiblich und mit wenig Zeit im Alltag

Henkel nimmt in den USA und in Deutschland eine ähnliche Zielgruppe ins Visier: „Unsere Kunden sind weiblich, haben in der Regel wenig Zeit im Alltag und sind meist 35+ Jahre alt. Die ersten grauen Haare inspirieren viele Frauen, nach einer Koloration zu schauen“, sagt Marketingchefin Koch. Seit kurzem bietet eSalon seine „Polly Chrome“-Farbmischungen zudem auch für Männer an.

Die in den USA lebende Koch glaubt, ihren Heimatmarkt Deutschland revolutionieren zu können. Sie sagt: „Normalerweise sind Produktionsstätten, die Haar-Kolorationen als Fertigprodukte herstellen, für eine Produktion von wenigen Farben in hohen Stückzahlen ausgelegt. ‘Polly Chrome‘ füllt und bedruckt jede einzelne Flasche neu.“

Mit diesem Alleinstellungsmerkmal rechtfertigt Koch auch den vergleichsweise hohen Preis. Handelsübliche Kolorationen aus der Drogerie sind schließlich schon ab drei Euro zu haben. Aber sie seien eben auch nicht so treffsicher.

Almut Steinecke (ASt, Jahrgang 1972) war von 2021 bis 2022 Autorin bei der absatzwirtschaft. In ihrer Freizeit engagierte sie sich ehrenamtlich in einem Tierheim, in der evangelisch-lutherischen Kirche im Rheinland sowie im sozialen Dienst eines Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt für Menschen mit Demenz.