Wie geht eigentlich Social Media Monitoring in der Praxis?

Social Media Monitoring ist kein Selbstzweck. Seine Potenziale lassen sich für die einzelnen Unternehmensbereiche (Marketing, Marktforschung, Qualitätsmanagement, Service, Public Relation) dann nutzen, wenn der Untersuchungsfokus klar definiert ist. Die grundlegenden Fragestellungen sollten daher ebenso wie zu erwartende Resultate sehr gut überlegt sein. Denn nur wenn die Ergebnisse zielführend verwertet werden, kann das Instrument effizient eingesetzt werden. Im Folgenden soll daher der Nutzen des Social Media Monitorings für die eigenen Unternehmensziele näher beschrieben werden. Als Quelle dient die Social Media Monitoring-Studie.

Issue Management und Early Warning

Das Issue Management gehört bereits seit den achtziger Jahren zu den wesentlichen Bestandteilen des Kommunikationsmanagements. Ziel ist es, frühzeitig Chancen und Risiken zu erkennen, indem durch systematische Umweltbeobachtung die für die eigene Organisation relevanten Ansprüche und Themen (Issues) identifiziert werden. Aufgrund der zunehmenden Akzeptanz und Nutzung des Internets durch die Verbraucher zählt das Überwachen des Web 2.0 inzwischen zu den unverzichtbaren Bausteinen des Issue Managements und ist für die Entwicklung von Kommunikationsstrategien außerordentlich wichtig.

Die Instrumente des Internet-Monitorings können in diesem Kontext sehr effizient eingesetzt werden, weil sie als Frühwarnsystem (Early Warning) kritische Themen entdecken, beobachten und auswerten. Somit dient das Web-Monitoring als zusätzliche Hilfe im Rahmen der Identifikation von weitergehenden Issues im virtuellen Raum. Durch Anwendung von Web-Monitoring können die Bedrohungen im Unternehmensumfeld bereits am Anfang ihres Lebenszyklus identifiziert werden. Im Falle einer Früherkennung von Krisenthemen lassen sich Imageschäden vermeiden, indem schnell Gegenmaßnahmen entwickelt werden, bevor sich eine negative Nachricht oder kritische Meinung im Web ausbreiten kann und von den klassischen Medien aufgegriffen wird.

Issue-Analysen beschäftigen sich in der Regel mit kurzfristig relevant werdenden Themen. Die Zeitachse spielt daher im Rahmen des Issue Managements eine entscheidende Rolle. Folglich ist es von enormer Bedeutung, das Web in Echtzeit zu durchsuchen, um Probleme in einer sehr frühen Phase zu identifizieren. Auch das Quellenmanagement spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Wichtig ist es, quellenseitig sehr breit aufgestellt zu sein, weil kritische Issues in jedem Informations- und Meinungspool auftauchen können. In der Social Media-Praxis wird auf das Issue Management großer Wert gelegt. Mehr als die Hälfte der befragten Social Media-Anbieter (64 Prozent) durchsuchen die sozialen Netzwerke zum Zweck des Issue Managements.

Folgende Fragestellungen zum Thema Issue Management/ Early Warning können mithilfe von Social Media Monitoring beantwortet werden:

  • Welche online diskutierten Themen betreffen das eigene Unternehmen?
  • Wie schnell findet ein identifiziertes Issue Verbreitung?
  • Wie, wo und von wem werden die Issues verbreitet?
  • Welche Bedrohungen lassen sich im Social Web frühzeitig erkennen?
  • Haben die relevanten Themen Chancenpotenzial?

Heute können Unternehmen relevante Nachrichten in Echtzeit identifizieren, während sie früher auf Clippings oder Insider-Informationen angewiesen waren. Dies gilt auch für heikle Themen, die durch klassische Marktforschung nur eingeschränkt gelöst werden können. Issue Management lässt sich somit auch als Frühwarnsystem handhaben, das dem Unternehmen vor allem bei negativer Verbraucherkritik einen Zeitvorsprung verschafft. Denn was in klassischen Medien veröffentlicht wird, ist erfahrungsgemäß bereits zwei bis drei Wochen zuvor im Internet thematisiert und diskutiert worden.

Tipp: Nicht jede Monitoring-Lösung ist optimal auf die Anforderungen der Echtzeit-Analyse ausgerichtet. Datenlatenzen von bis zu 24 Stunden können auftreten. Des Weiteren sollte das Augenmerk nicht auf Klickraten, sondern auf die einzelnen Beteiligungen gelegt werden. Bedrohungen lassen sich schließlich nur dann identifizieren und in relevante Erkenntnisse transformieren, wenn sich mehrere Akteure an einer Diskussion innerhalb kürzester Zeit beteiligt haben.

Effizienteres Trend Scouting

Das Überwachen von sozialen eignet sich ebenso zur Identifikation von neuen, unbekannten Trends und Ideen (Trend Scouting). Denn neben der Produktrecherche und dem Meinungsaustausch ist es gerade auch der Wunsch der Verbraucher, Themen und Trends mitzubestimmen, der sie in die Online-Welt führt. Durch den strategischen Einsatz der Monitoring-Tools können zeitnah und effizient neue oder abflauende Trends sowie schwache Signale, die angesichts ihrer Vernetzung im Internet nicht zu erkennen sind, identifiziert werden. Wer Trends aufspüren will, sollte sich einerseits mit hochfrequentierten Beiträgen (Treads) beschäftigen und andererseits durch Tiefenanalyse neue Themen identifizieren. Während allgemein beliebte Gesprächsthemen neue Ideen für das Produkt- und Serviceangebot des Unternehmens liefern, können versteckte Konsumentenmeinungen den höchsten Nutzen versprechen. In der Social Media-Praxis spielt das Trend Monitoring eine wichtige Rolle. Laut den Befragungsergebnissen führen 52 Prozent der Unternehmen Web-Monitoring durch, um sich über bislang unbekannte Trends, Themen und Ideen zu informieren.

Folgende Fragestellungen zum Thema Trend Scouting können mithilfe von Social Media Monitoring beantwortet werden:

  • Welche neuen Themen und Trends lassen sich in den für das eigene Unternehmen relevanten Branchen identifizieren?
  • Wie schnell werden diese verbreitet?
  • Welche Nutzer bestimmen die neuen Trends im Internet?
  • Welche Produkte und Dienstleistungen sollten entwickelt werden?

Product Launch Controlling in Echtzeit

Eine wichtige Rolle kommt dem Social Media Monitoring auch beim Kampagnenmanagement zu, denn das Überwachen von Produkteinführungen kann wichtige Hinweise für Erfolg versprechende Vertriebs- und PR-Kampagnen liefern. Im Rahmen einer Kampagne zur Einführung eines neuen Produktes lassen sich zum Beispiel die Web-Kommunikation sowie die Resonanz auf Pressekonferenzen in Echtzeit messen. Das Unternehmen generiert auf diese Weise vor, während und nach dem Produktlaunch wichtige Insights aus den global geäußerten Meinungen im Internet. Auf Basis der gewonnenen Informationen können dann Anpassungen an vertriebliche, kommunikative oder servicerelevante Bestandteile vorgenommen werden. In der Social Media-Praxis kommt das Monitoring von Produkteinführungen häufig zum Einsatz. Die Befragungsergebnisse belegen, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen (57 Prozent) Social Media Monitoring durchfüh¬ren, um Hinweise für Produkteinführungen und -entwicklungen zu erhalten und Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Auch das Innovationsmanagement kann von den Erkenntnissen aus dem Web-Monitoring profitieren. Über Online-Plattformen lassen sich Verbraucherideen generieren und bei Produktentwicklungen berücksichtigen. Durch den Aufbau moderierter Kunden-Communitys (zum Beispiel Open Innovation) können Innovationsansätze von Verbrauchern stimuliert und aufgenommen werden. Die Vorschläge und Entwürfe der innovativsten bzw. kreativsten Kunden werden als neue Produkte hergestellt und in einem zweiten Schritt allen Konsumenten zugänglich gemacht.

Folgende Fragestellungen zum Thema Product Launch können mit Hilfe von Social Media Monitoring beantwortet werden:

  • Welche Informationen gibt es über neue Produkte im Internet?
  • Über welche Produkteigenschaften und Erfahrungen wird berichtet?
  • Welche Verbesserungspotenziale für Produktentwicklung können erkannt werden?
  • Wie wird die Einführung eines neuen Produktes aufgenommen?
  • Werden die Produkte/Produkt-Features von der jeweiligen Zielgruppe verstanden?
  • Welche Verbreitung erfährt die Kampagne über die eigenen Marketing-Maßnahmen hinaus?
  • Wo gibt es erste Hinweise auf eventuelle Produktschwächen?
  • Wer diskutiert über das neue Produkt?
  • Gibt es versteckte Kundenerwartungen, die sich in den Online-Diskussionen herauskristallisieren lassen?

Competitor Watch einfach wie nie

Eine Konkurrenzanalyse wird in der Regel systematisch eingesetzt, um Informationen über Produkte, Stärken, Schwächen, Aktivitäten, Pläne etc. der Wettbewerber zu gewinnen, die für die unternehmenseigenen Ziele wichtig sein können. Gerade hier kann Social Media Monitoring eingesetzt werden, um dadurch die Wettbewerbssituation innerhalb einer Branche aus Sicht eines Unternehmens zu bestimmen, das bereits in dieser Branche tätig ist. Denn Daten zur Konkurrenz sind in der virtuellen Öffentlichkeit so einfach auffindbar wie noch nie. Auf Basis der online zugänglichen Informationen können außerdem Wettbewerberporträts erstellt und gepflegt werden. Auch durch automatisierte Untersuchung der Websites von Konkurrenzanbietern können Insights zur Verbesserung der eigenen Internet- sowie Serviceaktivitäten gewonnen werden. In der Social Media-Praxis gehört das Wettbewerbsmonitoring zu den Top drei der häufigsten Aufgabenstellungen in Kundenprojekten. Gemäß den Befragungsergebnissen führen 70 Prozent der Unternehmen eine Online-Wettbewerbsbeobachtung durch.

Folgende Fragestellungen zum Thema Competitor Watch können mithilfe von Social Media Monitoring beantwortet werden:

  • Wie verhalten sich die für das eigene Unternehmen relevanten Konkurrenzanbieter am Markt?
  • Welche Veränderungen der Wettbewerberhomepages werden durchgeführt?
  • Welche Informationen zu Preisen, Produkten etc. der Wettbewerber sind online auffindbar?
  • Was wird über die Wettbewerber im Social Web geschrieben?
  • Wie ist das eigene Unternehmen im Vergleich zur Konkurrenz positioniert?
  • Wie entwickelt sich die Reputation des eigenen Unternehmens und der relevanten Wettbewerber?

Customer Feedback: im Internet offener

Das Internet dient neben der Informationssuche als wichtige Plattform für gesellschaftliche Dialoge. Aufgrund der Anonymität des Internets äußern sich Konsumenten zu sensiblen Themen viel offener. Geht es um mangelhafte Produkte oder schlechte Dienstleistungen, schreiben sie ohne Rücksicht auf mögliche Reputationsschäden für das Unternehmen negative Bewertungen. Somit ist es für Manager von großer Bedeutung zu wissen, wer (die eigene Zielgruppe?), wie (positiv, negativ, neutral), wann und wo (Foren, Blogs, Social Networks etc.) Beiträge schreibt und wie sich diese auf die unternehmerischen Ziele auswirken können. In der Social Media-Praxis ist das Consumer Feedback der zweithäufigste Grund für den Einsatz von Social Media Monitoring. 82 Prozent der Befragungsteilnehmer führen Web Monitoring durch, um sich über die Kundenmeinungen im Netz zu informieren.

Folgende Fragestellungen zum Thema Customer Feedback können mithilfe von Social Media Monitoring beant¬wortet werden:

  • Welche Problembereiche werden von den Verbrauchern genannt und diskutiert?
  • Welche Erfahrungen haben die Kunden im Zusammenhang mit diesen Problembereichen gemacht?
  • Welche Bedürfnisse haben die Konsumenten?
  • Welche Produkte und Dienstleistungen werden im Zusammenhang mit welchen Bedürfnissen genannt/nicht genannt?
  • Kann ich meinen Kundenservice auf das Web 2.0 ausrichten?
  • Lassen sich Meinungsführer identifizieren?

  • Lassen sich Kundensegmente herauskristallisieren?

Tipp: Im Rahmen von Customer-Feedbackanalysen sollte besonderer Fokus auf die Tonalität der Beiträge (Sentiment) gelegt werden und daher auf die Art der Datenaufbereitung (automatisiert oder manuell) geachtet werden. Denn aufgrund der Feinsinnigkeit der Sprache im Web 2.0 (Jargon, Ironie, Slang) ist die Bestimmung der Tonalität der Beiträge kein leichtes Unterfangen. Durch Kombination quantitativer und qualitativer Web Monitoring-Analysen können diese Schwächen ausgeglichen werden. Komplexe Beiträge sollten unbedingt in Einzelaussagen zerlegt werden, die sowohl automatisiert als auch manuell zu bearbeiten sind.

Brand Monitoring – Kernelement des Monitoring

Die Kommunikation im Internet hat mit dem Aufkommen des Web 2.0 generell zugenommen. Es gibt aber Themen, die im Social Web besondere Beachtung finden. Dazu zählen Produkte und Marken, denn diese werden in den sozialen Netzwerken häufig in Beiträgen und Diskussionen thematisiert. Dagegen unterhalten sich die Konsumenten im Netz weniger über Branchen oder Unternehmen. Allerdings variieren die Gesprächsvolumina in den unterschiedlichen Branchen. Auch innerhalb einer Branche werden vergleichbare Marken unterschiedlich intensiv diskutiert. Tatsache ist: Die Markenkommunikation spiegelt den Anstieg der Internetnutzung seitens der Konsumenten wieder. Im Rahmen der Markenkommunikation lassen sich oft Ausschläge identifizieren. Diese können verschiedene Ursachen sowie Tonalitäten (positiv, negativ, neutral) haben. Auf Basis dieser „Diskussionsspitzen“ können Manager über Markenführung und -image Rückschlüsse ziehen und somit Handlungsempfehlungen für das weitere Vorgehen ableiten. In der Social Media-Praxis kommt Brand Monitoring am Häufigsten zum Einsatz. 84 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, das Social Web mit dem Ziel zu durchsuchen, mehr über die Markenkommunikation im Social Web zu erfahren.

Mithilfe von Social Media Monitoring können folgende Fragestellungen zum Thema Brand Image beantwortet werden:

  • Wie steht die eigene Marke im Vergleich zu Marken der Wettbewerber da?
  • Wie wird die Marke von den Verbrauchern wahrgenommen?
  • Ist das Markenimage positiv oder negativ?
  • Wer äußert sich bezüglich des Markenimage?

Price Monitoring als Wettbewerbsvorteil

Im Rahmen einer Preisbeobachtung werden Preise von Produkten oder Dienstleistungen verschiedener Lieferanten über einen Zeitraum verfolgt. Ziel ist es, eine mögliche zukünftige Preisveränderung schätzen, planen oder prognostizieren zu können. Unter Zuhilfenahme des Web-Monitorings haben Unternehmen die Möglichkeit, sich in regelmäßigen Zeitabständen (wöchentlich, täglich oder sogar stündlich) über die Preise der Konkurrenzanbieter im Internet zu informieren. Neben der reinen Preisbeobachtung können auch Preisvergleiche durchgeführt werden. Auf diese Weise können Manager auf einen Blick sehen, wie die eigenen Produkte und Dienstleistungen im Wettbewerbsvergleich stehen. Des Weiteren kann mithilfe des Price Monitorings die Basis für Erfolge im E-Commerce geschaffen werden. So können die gewonnenen Insights zur fundierten Entscheidungsfindung im Bereich der Preispolitik genutzt und Wettbewerbsvorteile realisiert werden. Das technologische Know-how der Anbieter von Social Media Leistungen spielt beim Price Monitoring eine entscheidende Rolle. Um die enorme Informationsmenge im Internet in Echtzeit überwachen zu können, sind Text- und Data-Mining-Verfahren erforderlich, die an die Anforderungen der verschiedenen Datenformate angepasst werden. In der Social Media-Praxis fallen Preisübersichten deutlich ab. Nur 18 Prozent der befragten Web Monitoring-Anbieter führen Price Monitoring durch.

Mithilfe von Social Media Monitoring können folgende Fragestellungen zum Thema Price Monitoring beantwortet werden:

  • Wie sind die eigenen Produkte und Dienstleistungen am Markt positioniert?
  • Sind sie günstig oder teuer im Vergleich zu den Konkurrenzangeboten?
  • Ergeben sich Möglichkeiten für Verkaufs-/Vertriebsunterstützung im Social Web?
  • Müssen Maßnahmen entwickelt werden, die einem möglichen Preisverfall vorbeugen?

Quelle: Praxisleitfaden Social Media Monitoring
Für die Studie von absatzwirtschaft, marketingIT und Mind Business Consultants waren allein in Deutschland rund 60 Social Media Monitoring-Anbieter identifiziert worden. Insgesamt 44 Institute, Agenturen und Tools-Anbieter im deutschsprachigen Raum hatten im Sommer dieses Jahres online an der Umfrage teilgenommen. Auf dieser Basis konnten die Monitoring-Angebote hinsichtlich Leistungsumfang, Technologie, Methoden-Know-how sowie Kosten erfasst und ausgewertet werden.