Werben gegen die Finanz-Krise?

Die Bruttowerbeinvestitionen in den Above-the-line-Medien beliefen sich in den ersten drei Quartalen 2008 auf 14,8 Milliarden Euro. Das entspricht gegenüber dem Vorjahr einem leichten Plus von 1,2 Prozent, beziehungsweise 180 Millionen Euro.

Wie das Medien- und Werbeforschungsunternehmen Nielsen Media Research berichtet, wurde damit im zweiten und dritten Quartal das leichte Werbeminus des ersten Quartals überkompensiert, wobei sich das dritte Quartal als das bislang Stärkste erwies. Damit habe die weltweite Finanzkrise den deutschen Werbemarkt noch nicht spürbar erreicht hat, teil das Unternehmen mit. „Wir rechnen schon damit, dass sich die Finanzkrise und deren Bewältigung auch auf den Werbemarkt auswirken werden. Allerdings ist es auch in schwierigen Zeiten sinnvoll, seine Leistungen, Services und neuen Produkte werblich zu unterstützen und das Vertrauen der Konsumenten zu festigen oder zu gewinnen. Wir sehen hier auch eine Chance im Markt zu punkten“, erklärt Ludger Wibbelt, Geschäftsführer der Nielsen Media Research, die aktuelle Lage.

Als besonders stark betroffen erweist sich aktuell die Autoindustrie, die im vergangenen Jahr noch das stärkste absolute Werbewachstum aller Branchen in einem schwierigen Umfeld verzeichnete. In den ersten neun Monaten reduzierten die Pkw-Hersteller ihre Bruttowerbeaufwendungen um insgesamt minus 10,6 Prozent beziehungsweise minus 122 Millionen Euro auf 1,0 Milliarden Euro. Doch die Medienbeobachter zeichnen kein einheitliches Bild über alle Automobilhersteller: So steigerten Renault, Mazda und Seat ihre Pkw-Bruttowerbeaufwendungen von Januar bis September 2008 um mehr als 8 Millionen Euro. „Die Automobilindustrie könnte uns im vierten Quartal noch einmal positiv überraschen. Einige wichtige Kampagnen sind für den Rest des Jahres eingeplant, wie zum Beispiel von Volkswagen oder Renault. Ob sich daraus aber analog dem Vorjahr erneut eine Werberallye ergibt, bleibt vor dem aktuellen Hintergrund abzuwarten,“ kommentiert Wibbelt.

Eine weitere interessante Entwicklung zeigt der Finanzmarkt, dessen Bruttowerbeinvestitionen trotz Finanzmarktkrise lediglich ein leichtes Minus von 1,4 Prozent im aktuellen Jahr vorweisen. Während nur die Produkte der Altersvorsorge (minus 32,5 Prozent) und Finanzanlagen (minus 2,0 Prozent) in den ersten neun Monaten 2008 weniger beworben wurden, gewann die Imagewerbung der Finanzunternehmen überproportional mit einem Plus von 126,0 Prozent dazu. Factoring- und Inkassoprodukte hatten mit plus 86,8 Prozent ebenfalls ein beachtliches Wachstum zu verzeichnen. Versicherungen (plus 4,6 Prozent) und Finanzdienstleistungen (plus 0,5 Prozent) entwickelten sich entgegen dem negativen Gesamttrend ihrer Branche ebenfalls positiv.

Ein stabiles Wachstum berichtet Nielsen Media Research auch für die Handelsorganisationen, die ihre Werbeinvestitionen um 4,6 Prozent beziehungsweise 59,5 Millionen Euro auf knapp 1,4 Milliarden Euro steigerten. Während sich der Technikkonzern Media Saturn mit seinen Werbeinvestitionen auf Vorjahresniveau hielt, steigerten in dieser Branche vor allem die beiden Lebensmitteldiscounter Aldi und Lidl kräftig ihre Bruttowerbeaufwendungen, die damit auch hauptverantwortlich für das Bruttowerbewachstum der Discounter sind.

Neben den Handelsorganisationen legen von Januar bis September 2008 unter anderem auch die Branchen Online-Dienstleistungen (plus 64,7 Millionen Euro), TV Programm (plus 63,7 Millionen Euro) sowie Festnetz (plus 47,3 Millionen Euro) und Körperschaften (plus 43,8 Millionen Euro) stark zu. Die bereits erwähnten Branche Pkw (minus 122 Millionen Euro) sowie bei der Eigenwerbung der Medien reduzieren hingegen deutlich. Die TV Eigenwerbung verzeichnete ein Minus von 82,6 Millionen Euro und die Eigenwerbung für Publikumszeitschriften ein Minus von 55,0 Millionen Euro.

Das stärkste Werbewachstum bei den Unternehmen weist in den ersten neun Monaten des Jahres Aldi (plus 66,6 Millionen Euro) auf, gefolgt von Ferrero (plus 47,9 Millionen Euro) und Vodafone D2 (plus 32,3 Millionen Euro). Die stärksten Werbeeinsparungen in diesem Zeitraum nahmen indes die Werbungtreibenden Edeka (minus 47,4 Millionen Euro), Toyota (minus 42,7 Millionen Euro) und Unilever (minus 33,2 Millionen Euro) vor.

„Der Bruttowerbemarkt verhält sich derzeit recht variabel. Die Branchen, die sich im letzten Jahr mit ihren Bruttowerbeaufwendungen eher zurückhielten, fahren nun ihre Werbeaufwendungen wieder hoch, während die Unternehmen, die im letzten Jahr noch besonders viel warben, dieses hohe Niveau nicht gehalten haben. Eine Prognose für den Rest des Jahres ist aufgrund des volatilen Marktes derzeit nicht seriös,“ erklärt Wibbelt.

Die gesamten Bruttowerbeumsätze der Above-the-line-Medien verteilten sich auf die einzelnen Mediengattungen von Januar bis September 2008 dabei wie folgt: Die Fernsehwerbung verbuchte 6,3 Milliarden Euro. Dieses entspricht einem Wachstum von 4,4 Prozent (bereinigt: plus 3,2 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Das Werbevolumen der Tageszeitungen stagnierte in diesem Zeitraum bei plus 0,6 Prozent (bereinigt: plus 0,5 Prozent) auf 3,9 Milliarden Euro, wobei Rubrikenanzeigen in der Nielsen Media Research Statistik nicht mit einbezogen werden.

Publikumszeitschriften verzeichneten bei einem Werbeumsatz von 2,8 Milliarden Euro ein Minus von 2,8 Prozent (bereinigt: minus 3,8 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Das Medium Radio erwirtschaftete Werbeaufwendungen in Höhe von knapp 914 Millionen Euro, was eine Reduzierung von minus 2,2 Prozent (bereinigt: minus 4,0 Prozent) im Vergleich zum sehr erfolgreichen Vorjahr bedeutet. Die Werbeeinnahmen von Plakat steigerten sich leicht um plus 0,7 Prozent (bereinigt: plus 0,7 Prozent) auf 584 Millionen Euro.

Fachzeitschriften verzeichneten ein Minus von 2,0 Prozent (bereinigt: minus 1,3 Prozent) auf 319 Millionen Euro. Das Medium Kino verzeichnete einen Rückgang seiner Bruttowerbeerlöse in den ersten neun Monaten 2008 in Höhe von minus 7,0 Prozent (bereinigt: minus 7,0 Prozent) auf 48 Millionen Euro. Bei den bereinigten Vorjahreswerten berücksichtigt Nielsen Media Research nur die Werbeträger, die das Institut auch im Vergleichszeitraum des Vorjahres beobachtete.

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