Was es heißt, erfolgreich zu sein

Die Karriere wird in europäischen Ländern als weniger wichtig eingestuft als die Liebe. Und für 96 Prozent der Deutschen gehören wahre Freunde zu einem erfolgreichen Leben. Dies sind zwei von zahlreichen weiteren Ergebnissen einer internationalen Studie zum Begriff „Erfolg“ und dessen Bedeutung. Sie bezieht sich auf die höheren Bildungsschichten und wurde von der ESSEC Business School, Frankreich in Zusammenarbeit mit dem französischen Marktforschungsinstitut CSA erhoben. In Deutschland, Brasilien, China, USA, Frankreich, Indien, Marokko, Großbritannien, Russland und Singapur wurden die wichtigsten Kategorien des Erfolgs untersucht und damit auch die essenziellen Werte des jeweiligen Landes ermittelt.

Das Gefühl, ein erfolgreiches Leben zu führen, wird auf der ganzen Welt mehrheitlich geteilt. In den zehn Ländern, in denen jeweils 3 000 Personen befragt wurden, glaubte jeweils die Mehrheit, dass sie zurzeit ein erfolgreiches Leben führt: Der Anteil derjenigen, die antworteten, dass ihr derzeitiges Leben insgesamt „ziemlich“ oder „völlig“ erfolgreich sei, reicht von 90 Prozent in Indien bis 59 Prozent in China. Die westlichen Länder befinden sich zum großen Teil auf den vorderen Plätzen. Deutschland und die USA belegen mit 82 Prozent den 3. Platz hinter Frankreich (85 Prozent). Acht Prozent der Führungskräfte und Manager in Deutschland erklärten, dass sie „völlig“ erfolgreich und 74 Prozent, dass sie „ziemlich“ erfolgreich seien. Ein erfolgreiches Familienleben und ein harmonisches soziales Umfeld sind besonders wichtige Faktoren für ein erfolgreiches Leben: Eine „glückliche Familie“ und „wahre Freunde“ haben hohe Priorität. Auch was die berufliche Karriere angeht, liegt der wahre Erfolg in der Beziehung zu den Arbeitskollegen. Die Suche nach Wohlbefinden scheint die Wurzel des westlichen Modells zu sein. In Deutschland werden Intelligenz und ein gutes Netzwerk als wichtigste Erfolgskriterien angesehen. Das Wichtigste für 96 Prozent der Deutschen sind wahre Freunde, gefolgt von einem glücklichen Familienleben, Freizeit und Partnerschaft. Die Karriere findet sich erst auf den hinteren Plätzen wieder, und nur etwa ein Drittel der hierzulande Befragten ist bereit, Opfer zu bringen, die auf Kosten der Familie, des Freundeskreis, des Liebeslebens oder der Gesundheit gingen.

Neben der starken Konzentration auf Familie und Freunde prägen die westlichen Länder vor allem die Bindung an postmaterielle Werte, der Mythos des Kleinunternehmers, ein vergleichsweise weniger entwickelter Unternehmergeist und ein Misstrauen gegenüber dem Staat. Unter den befragten Ländern liegt Deutschland, was den Wunsch einer Unternehmensgründung anbelangt, auf dem letzten Rang. Nur 38 Prozent der Deutschen streben ein eigenes Unternehmen an. Zum Vergleich: In Marokko liegt der Anteil bei 75 Prozent. 62 Prozent der Deutschen möchten sich lieber durch einen Aufstieg innerhalb eines Unternehmens verwirklichen. In den höheren Einkommensschichten der Schwellenländer ist ein größerer Unternehmergeist zu verzeichnen als in den Industrieländern. Die Einschätzung des eigenen Erfolgs fällt innerhalb der BRIC-Länder allerdings sehr unterschiedlich aus: Während die Inder ihr Leben am häufigsten als erfolgreich einstufen, bilden die Chinesen bezüglich dieser Frage das Schlusslicht. Hinsichtlich des Begriffs „Erfolg“ gehen die Auffassungen ebenfalls auseinander: In China definieren 79 Prozent der Befragten beruflichen Erfolg über die Höhe des gesparten Vermögens. Demgegenüber sprechen sich in Brasilien 79 Prozent für eine Re-Investition des Vermögens aus.

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