Warum indirekte Schäden im E-Commerce größer sind als Umsatzausfälle

Geschädigte Händler neigen dazu, sich auf die Anzahl und den Wert der betrügerischen Einkäufe zu konzentrieren. Die Kosten von Online-Betrug beschränken sich jedoch nicht auf diese beiden Aspekte. Sie machen nur die Spitze des Eisbergs aus. In ihrer 2012 veröffentlichten Studie über den Betrug mit Bankkarten merkt die Europäische Zentralbank (EZB) an, dass 52 Prozent der Betrugsfälle bei Fernzahlungen (Verkauf über Internet, auf dem Postweg oder über Telefon) stattfinden. Deshalb müssen Versandhändler Lösungen finden, die sie vor den Betrugsrisiken schützen und in die Lage versetzen, ihre Margen zu sichern.

Von Christoph Jung

Außerdem müssen die Einrichtungskosten für Maßnahmen gegen Betrug (elektronische bzw. personelle) unter den betrugsbedingten Kosten liegen. Darum benötigen Händler eine genaue Vorstellung von den Gesamtkosten durch Betrug, denn diese beschränken sich nicht auf den unmittelbaren Umsatzverlust.

Direkte und indirekte Kosten durch Betrug

Finanzielle Einbußen sind die unmittelbare und sofortige Konsequenz aus betrügerischen Einkäufen. Tatsächlich kann der geschädigte Verbraucher (Karteninhaber) die Transaktion anfechten und von seiner Bank verlangen, die unrechtmäßige Abbuchung rückgängig zu machen. In bestimmten Fällen muss der Händler den unrechtmäßig abgebuchten Betrag erstatten. Ob dies der Fall ist, hängt von den Vertragsbedingungen zwischen Bank/Käufer und Händler (und insbesondere von den mit der Implementierung von 3D Secure verbundenen Regelungen) ab. Darüber hinaus ist die bestellte Ware oder Dienstleistung ja bereits an den Betrüger geliefert worden. In die Gesamtkosten durch den Betrug müssen außerdem die Kosten eingerechnet werden, die mit der Akquisition und Bindung des Kunden verbunden sind: Marketing, Kommunikation, Kundenservice, und so weiter.

Parallel dazu lasten auf der Marge eine Reihe indirekter Kosten, denen der Händler umso mehr ausgesetzt ist, je höher die Betrugsquote liegt. Die Regulatoren der Akzeptanznetzwerke stellen Händlern im Zusammenhang mit Streitfällen administrative Kosten und bei zu hohen Betrugsquoten sogar Strafgebühren in Rechnung. Andere zwingen Händler gerne unter Androhung des Lizenzentzugs zur Ergreifung drastischer Betrugsbekämpfungsmaßnahmen. Schließlich entscheiden sich bestimmte Banken für die Steigerung des Disagios, anstelle das Konto des Händlers schlicht und einfach zu schließen. Dies sind indirekte Verluste, die nicht so einfach erkennbar und einschätzbar sind, aber die Margen des Händlers deutlich belasten.

Das Paradoxum der Betrugsbekämpfung

Angesichts des realen Risikos haben Händler Schritt für Schritt Maßnahmen zur Betrugsprävention in Kraft gesetzt. Sie umfassen interne oder externe Lösungen für automatische Betrugserkennung und spezialisierte Teams, die eine manuelle Prüfung verdächtiger Transaktionen vornehmen, mögliche Streitfälle handhaben sowie Werkzeuge und Regeln für die Filterung betrügerischer Transaktionen entwickeln. Wie aber sieht es mit dem Umsatzverlust, durch die wachsende Zahl falsch-positiver Betrugsmeldungen (false positive), aus?

Tatsächlich muss man, sobald automatische oder manuelle Filterregeln ins Spiel kommen, damit rechnen, dass bestimmte rechtmäßige Transaktionen abgelehnt werden. In diesen Fällen verhindert der Händler selbst nicht nur das aktuelle Geschäft, sondern eventuell auch künftige Umsätze, weil ein verärgerter Kunde wahrscheinlich für immer verloren ist. Womöglich leidet sogar der gute Ruf des Händlers.

Die Kosten der Betrugsprävention

Am Ende entscheiden die Qualität der implementierten Prozesse (automatisch, manuell, intern oder extern) und das verfügbare Budget darüber, ob ein geeigneter Kompromiss zwischen einer geringeren Zahl von Betrugsfällen und der Zahl falsch-positiver Betrugsmeldungen gefunden wird. In jedem Fall muss der Lohn der Mitarbeiter, die diese Werkzeuge verwalten, Filterparameter entwickeln bzw. fragwürdige Transaktionen manuell überprüfen, zu den Kosten hinzugerechnet werden, die mit der Installation automatischer Lösungen zur Betrugserkennung, ob intern oder extern, verbunden sind.

Maßnahmen zur Betrugsprävention bilden also selbst einen Kostenfaktor und die Quantifizierung dieser Kosten ist maßgebend für die Entscheidung, welcher Strategie man folgen will: Fortsetzung der hausinternen Entwicklung von Tools, Nutzung auf dem Markt erhältlicher Werkzeuge, Einsatz unternehmenseigener Teams für manuelle Überprüfungen oder Auslagerung des gesamten Prozesses an einen externen Experten. Die Kosten für die Lösungen zur Betrugsbekämpfung sollten nicht die erreichten Kostenvorteile im Bezug auf Betrug und falsch-positive Transaktionssperren übersteigen. Zusammenfassend müssen die Gesamtkosten durch Betrug berücksichtigt werden, also die Summe des Betrugs selbst, die Verluste durch falsch-positive Transaktionssperren und die Kosten der implementierten Lösung. Selbstverständlich auch nicht zu vergessen sind die Steigerung des Umsatzes und der Gewinnmargen.

Über den Autor: Christoph Jung ist Head of Sales DACH beim Payment-Service Provider Ogone, einem Unternehmen der Ingenico Group.