Die Geschichte hinter dem Markennamen Viagra

Viagra ist vermutlich das bekannteste Potenzmittel der Welt. Das Pfizer-Produkt war jedoch nur ein Nebenprodukt. Außerdem wurde die geniale Namensgebung rechtlich erschwert.
Viagra entstand bei Testungen zu einem Medikament gegen Herzschwäche. (© Pfizer (Montage: Olaf Heß))

Bei Tests eines Präparates gegen Herzinsuffizienz beobachtete das amerikanische Pharmaunternehmen Pfizer merkwürdige Nebenwirkungen. Der Wirkstoff Sildenafil führte zu intensiveren Erektionen, auch bei Personen mit diagnostizierten Erektions- und Potenzstörungen.

Pfizer ist übrigens eine Gründung der 1848 ausgewanderten Ludwigsburger Cousins und Chemiker Karl Christian Friedrich Pfizer und Karl F. Erhard. Beide gründeten bereits ein Jahr nach ihrer Ankunft in New York eine Firma zur Produktion von Chemikalien und wandelten jeweils ihre Vornamen in „Charles“ um.

Viagra: einer der ersten assoziativen Namen

Pfizer erkannte das gewaltige Potenzial des Produkts. Noch während die Testreihen zur Zulassung liefen, entschied man sich bereits im Jahr 1996 für eine bewusst marketinggetriebene Namensgebung. Das war ein außergewöhnlicher Schritt; im Pharmasektor hatte man bis dato eher Namen gewählt, die sich am Wirkstoff oder der Therapie orientieren. Hinzukamen die amerikanische Prüderie und ihre „Obscenity Laws“, die es nicht einfach machten, sexuelle Themen offen zu kommunizieren.

Unter diesen Aspekten war die Entscheidung für Viagra geradezu genial. Der Name ist eine Symbiose aus „vigor“ (lat. Energie) und „Niagara“ (Falls). Die Niagarafälle stehen für unbändige Kraft und sind auch ein beliebtes Honeymooner-Reiseziel der USA. Der Name ist nicht nur stark und assoziativ, er bietet auch eine hohe Alleinstellung im gesamten Pharmamarkt. Als das Arzneimittel im Jahr 1998 zugelassen wurde, sprengte es alle Erwartungen.

Konkurrenzprodukte haben nicht die gleiche Strahlkraft

Mit über einer Million Verschreibungen in den ersten acht Wochen nach dem Markteinritt wurden alle Rekorde gebrochen.

Inzwischen ist der Patentschutz abgelaufen und andere Wirkstoffe mit ähnlichen Wirkungen (so zum Beispiel Tadalafil und Vardenafil) wurden entdeckt und auf den Markt gebracht. Deren Namen, Cialis (Lilly Deutschland) und Levitra (Bayer) sind nicht schlecht, verblassen aber – ebenso wie die Bezeichnungen zahlreicher Generika – in ihrer Strahlkraft hinter dem Wegbereiter Viagra.

Dr. Bernd M. Samland ist Gründungsgeschäftsführer von Endmark und verantwortet damit seit 25 Jahren die Entwicklung von mehr als 1800 Markennamen. Er ist Fachbuchautor und Lehrbeauftragter am Management Center Innsbruck (MCI), an der TU Graz und an der Universität zu Köln. Im Juli 2020 erschien sein neues Buch "Naming für erfolgreiche Marken".