Warum CMOs scheitern und wie sie es verhindern können

Ein neuer CMO hält sich im Durchschnitt keine 24 Monate im Unternehmen. In einer jüngsten Umfrage der Personalberatung Korn/Ferry äußerten 60 Prozent der Befragten die Ansicht, dass dies nicht an den CMOs selbst liege, sondern an den Unternehmen, die nicht so veränderungsbereit seien, wie gedacht. CMOs würden geholt, um Veränderungen voranzutreiben, aber sie erhielten einfach nicht genügend Unterstützung.

Ich sehe das etwas differenzierter. Die Organisation blockiert Veränderungen und durchkreuzt damit die Pläne des CMO. Aber wie – und warum? Meiner Meinung nach ist die Macht der Produkt- und bisweilen auch Länder- oder Funktionssilos das größte Hindernis. Fast alle Unternehmen sind dezentral strukturiert, mit siloartigen Bereichen, die eigene Entscheidungsbefugnisse haben, was ihr Budget und die Strategie angeht. Eine Begründung dafür ist, dass derartige Befugnisse unter anderem die Verantwortlichkeit stärken und marktnahe Entscheidungen fördern. Diese Kompetenzen aufzugeben, würde aus Sicht der Bereichsverantwortlichen ihre Arbeit komplexer, schwieriger und unattraktiver machen. Da der CMO aber bestrebt ist, Synergien zwischen den Bereichen zu nutzen und die Silostruktur effizienter zu gestalten, entstehen Konflikte – aus denen wieder und wieder die Silos als Sieger hervorgehen.

Was funktioniert

Was tun? Im Rahmen einer Studie für mein Buch Spanning Silos habe ich mit 50 CMOs gesprochen, um herauszufinden, was funktioniert. Meine zentrale Schlussfolgerung ist, dass der CMO – solange das Unternehmen sich nicht in einer Krise befindet und der CEO entschlossen ist, die Macht der Silos zu brechen – seine Ziele korrigieren muss. Der CMO und sein Team sollten darauf abzielen, die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den Silos zu erleichtern und zu fördern, statt ihnen eine Zentralisierung und Standardisierung aufzuzwingen. Die entsprechenden Programme können beachtliche Veränderungen zum Positiven bewirken, ohne als bedrohlich empfunden zu werden. Folgende Wege zur Zusammenarbeit bieten sich an:

Erstens definieren Sie die Rolle des CMO-Teams – sofern das Unternehmen sich nicht in der Krise befindet – als die eines Moderators, Beraters oder Dienstleisters. Sehen Sie es nicht als zentralen Entscheider und Verantwortlichen für die Steuerung der Ressourcen. Das CMO-Team bei Nestlé leitet als Moderator bereichsübergreifende Kompetenzzentren zu Themen wie den hispanischen Markt, Mutter & Kind oder Walmart. Das CMO-Team bei Visa unterstützt als Berater Länderteams bei der Interpretation von Tracking-Studien und bei der Ableitung geeigneter Maßnahmen. Und bei BP hat sich das CMO-Team durch hilfreiche und wertvolle Studien als Ansprechpartner der Wahl für Segmentierungsstudien etabliert.

Zweitens bilden Sie Teams. Chevron beauftragte ein Team aus leitenden Vertretern der Länder- und Produktsilos mit der Unterstützung bei der Entwicklung eines kohärenten Markenportfolios und Markenmanagement-Systems. Bei P&G gibt es für jede wichtige Kategorie ein Kategoriemanagement-Team. Es managt das Geschäft marken-, länder- und regionenübergreifend sowie über die funktionalen Bereiche wie F&E und Produktion hinweg.

Drittens nutzen Sie bereichsübergreifende Projekte. Entwickeln Sie Konzepte und Programme, die siloübergreifend Zugkraft im Markt entfalten, und nutzen sie die Umsetzung zur Stärkung der Zusammenarbeit und Kommunikation. MasterCard bildete eine Reihe von Projektteams für das Management seines Engagements als Sponsor der Fußball-Weltmeisterschaft. Dies veränderte die Haltung der einzelnen Bereiche zueinander und die Art und Weise, wie sie zusammenarbeiteten. Pampers babycare, Tide Fabric Advisor und der Avon Walk for Breast Cancer sind weitere Beispiele für solche Programme, die Silogrenzen aufgebrochen haben.

Viertens ermitteln und nutzen Sie großartige Ideen. Die eigentliche Tragödie der Silostruktur ist, dass allzu seltene Produkt- oder Marketingvolltreffer, die in den Bereichen entwickelt werden, dort auch verborgen bleiben – weil es keinen Mechanismus gibt, der sicherstellt, dass solche Ideen übergreifend ausgeschöpft oder überhaupt in der Organisation bekannt gemacht werden. Wer den Ideenaustausch fördern will, sollte die Bereichsgruppen motivieren, Angebote und Marketingprogramme zu entwickeln, und die Gewinner in bereichsübergreifenden Meetings oder durch Moderatoren auszeichnen. Die besten Ideen sollten anschließend in einem festgelegten Prozess getestet und in der Breite umgesetzt werden. Einige Unternehmen haben mit großem Erfolg gezeigt, wie das geht. So stammte die Idee für die McDonald’s-Kampagne „Ich liebe es“ aus Deutschland, die Idee für den Pantene-Slogan „Für gesund aussehendes Haar, das glänzt“ aus Taiwan und die Idee für die Eiskrem-Pops von Nestlé aus den USA.

Fünftens führen Sie ein gemeinsames Planungs- und Informationssystem ein. Es bildet die Grundlage für die Kommunikation und lässt den einzelnen Bereichen trotzdem Freiraum bei der Entwicklung einer eigenen Strategie.

Zusammenarbeit und Kommunikation statt Wettbewerb und Isolation sind ein guter Weg, auf unbedrohliche Weise Silogrenzen aufzubrechen und das Risiko des Scheiterns zu minimieren. Die fünf genannten Ansätze haben sich erfolgreich bewährt. Fallen Ihnen noch weitere ein?

Über den Autor: David Aaker gilt als der Guru der Markenstrategie – Er hat das Markenwertmodell „Aaker Model“ erfunden und über 100 Artikel und 15 Bücher veröffentlicht. Als Vice Chairman berät David Aaker zudem exklusiv die Kunden von Prophet. Als Ehrenprofessor an der Haas School of Business, University of California, Berkeley, bekam er vier Karriere-Auszeichnungen, einschließlich des Paul D. Converse-Preises im Jahre 1996 für seine herausragende Arbeit zur Weiterentwicklung des Marketing.

 

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