Von den Besten lernen

asw-Online zeigt, was Benchmarking für Marketing- und Vertriebsprozesse nutzt und gibt nützliche Tips für die Umsetzung.

Vom Vergleich zum Lernen
Die Benchmarking-Varianten
Die Auswahl des Benchmarking-Themas
Mit wem messen?
Klare Prozeßdefinitionen und Begrifflichkeiten
Die entscheidende Phase der Umsetzung
Top-Management-Unterstützung und Mitarbeiterintegration

Vom Vergleich zum Lernen
Die amerikanische Antwort auf die dynamische Anpassung an die Umweltdynamik ist ein strukturierter Prozeß des Lernens aus der Praxis anderer (Interner oder Externer), die als Führer (Beste) bezüglich dieser Praxis anerkannt sind.
Natürlich spielen bei diesem Vergleich Kennziffern eine wesentliche Rolle. Deshalb werten viele Kritiker dieses Instrument mit dem Argument „nichts Neues“ ab und stellen es in die Ecke des Betriebsvergleichs. Ein altbewährtes Instrument der deutschen Betriebswirtschaftslehre. Die Kenntnis der reinen Kennziffer bringt in der Tat relativ wenig. Dieses Instrument wird deshalb erst interessant, wenn ein Unternehmen zu hinterfragen beginnt, warum ein anderes Unternehmen bei dieser Kennziffer besser oder schlechter abschneidet, welche Philosophie oder welche Abläufe hinter ihr stehen. Die Frage, die sich Unternehmen stellen müssen, lautet dann jedoch nicht: „Wie können wir das besser machen?“, sondern „Wie können wir das durch Lernen von anderen besser machen?“
Benchmarking ist damit weder ein Instrument der Wertanalyse oder Rationalisierung noch zur Wettbewerbsanalyse, sondern ein Instrument zum Beobachten und Verstehen – den Voraussetzungen zum Lernen. Das Lernen von anderen macht den entscheidenden Unterschied zum klassischen Betriebs- oder Kennziffernvergleich aus. Das Ziel des Benchmarking besteht darin, diejenigen Prozeßelemente, die für einen kennzahlenmäßig erfaßten Leistungs- oder Kostenvorsprung verantwortlich sind, auch im eigenen Unternehmen einzuführen.

Die Benchmarking-Varianten
Funktionales Benchmarking Der Vergleich erfolgt mit Unternehmen und Organisationen außerhalb der angestammten Branche.
Ganzheitliches Benchmarking Alle Bereiche, alle Prozesse eines Unternehmens kommen auf den Prüfstand.
Internes Benchmarking Der Vergleich und die Analysen von Prozessen erfolgt zwischen den verschiedenen Bereichen eines Untenehmens beziehungsweise zwischen Konzernunternehmen.
Offenes Benchmarking Allen Unternehmen ist bekannt, wer in die Untersuchung einbezogen wird. Alle Beteiligten erhalten denselben Fragebogen sowie eine anonymisierte Auswertung.
Verdecktes Benchmarking Den Unternehmen ist in diesem Fall nicht bekannt, daß sie miteinander verglichen werden.
Wettbewerbsorientiertes Benchmarking Vergleich des Unternehmens mit direkten Wettbewerbern.
Kontinuierliches Benchmarking Benchmarking sollte nicht als Einmalaufgabe verstanden werden. In gewissen Zeitabständen sind die Benchmark- Aktivitäten aufgrund der Umweltdynamik zu wiederholen.

Die Auswahl des Benchmarking-Themas
Erste Aufgabe im Rahmen eines Benchmarking ist die Identifizierung von Prozessen oder Aufgaben, die es zu verbessern gilt. Manches Unternehmen mag hier vor dem Problem stehen, daß es gar nicht weiß, in welchem Bereich es starten sollte. Doch das ganze Unternehmen läßt sich nicht benchmarken, sondern es muß sich schon um überschaubare Prozesse handeln. Bei der Prioritätensetzung für den Marketing- und Vertriebsbereich sollten die Benchmarking-Aktivitäten idealerweise zur Verbesserung der internen und externen Kundenzufriedenheit führen. Aber nicht nur die Kunden sollen etwas spüren, sondern ebenso das Unternehmen selbst. Schließlich wird der Erfolg von Projekten immer noch an den Ergebnissen gemessen. Deshalb muß das Benchmarking zu nachvollziehbaren, quantitativen Effekten wie Kostensenkung, Umsatzsteigerungen und Ergebnisverbesserungen führen.

Mit wem messen?
Nach der Identifizierung des zu benchmarkenden Themas beginnt die Suche nach geeigneten Partnern. Dabei muß nicht sofort zur Weltspitze gegriffen werden. Von der Güte der Partner hängt jedoch ganz wesentlich der Erfolg des Projektes ab. Aber es müssen schon sehr gute Vergleichsunternehmen sein, denn sonst gibt es keinen Input für interne Veränderungen.
Es ist auch nicht in jedem Fall erforderlich, sich extern zu orientieren. In größeren Unternehmen kann es durchaus der Fall sein, daß einzelne Bereiche die Aufgabe spitzenmäßig erfüllen. Erst nachdem die internen Verbesserungspotentiale ausgeschöpft sind, kann in einem zweiten Schritt im relevanten Umfeld nach qualifizierten Partnern Ausschau gehalten werden. Die Bereitschaft zur Teilnahme hängt dabei stark von der Sensibilität des Themas ab. Dem Teilnehmer sollte es deshalb überlassen bleiben, wem er welche Daten offen legt.

Klare Prozeßdefinitionen und Begrifflichkeiten
Betreiben Unternehmen externes Benchmarking, treten häufig Abgrenzungsprobleme auf. Deshalb ist von elementarer Wichtigkeit, den zu untersuchenden Prozeß exakt zu bestimmen, da ihn jedes Unternehmen anders definieren kann. Damit nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden, ist sicherzustellen, daß die Kennziffern aus den gleichen Faktoren entstanden sind.

Differenzen treten ferner häufig in den Begrifflichkeiten auf, indem sie mit unterschiedlichen Inhalten belegt sein können oder ganz einfach in einem Unternehmen nicht gebräuchlich sind. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, ein Glossar mit allen Teilnehmern auszutauschen, damit man eine Sprache spricht.

Die entscheidende Phase der Umsetzung
Wenn die Analyse-Ergebnisse vorliegen, ist der Benchmarking-Prozeß damit noch keinesfalls abgeschlossen. Vielmehr beginnt jetzt erst seine kritische Phase, nämlich die der Umsetzung. Vor einer Implementierung der Ergebnisse durch eine simple Ja-Nein-Entscheidung ist zu warnen. Vielmehr das Unternehmen Antworten auf die Fragen finden, unter welchen Voraussetzungen externe „Best Practices“ im eigenen Unternehmen realisiert werden können. Diese Voraussetzungen sollten dann anhand von Kriterien wie Return on Investment, Übereinstimmung mit Unternehmensstrategie oder Kundenakzeptanz bewertet werden. Vor der kritiklosen Übernahme fertiger Konzepte sollte man sich hüten. Vielmehr sollte das Benchmarking als Ideenlieferant, wie ein Prozeß besser zu gestalten ist, verstanden werden.

Eine zentrale Voraussetzung für die Implementierung der Ergebnisse ist neben der Bereitschaft, sich mit anderen zu messen und von ihnen zu lernen, der Wille, die eigenen Fähigkeiten in Frage zu stellen sowie der Wille zur (Verhaltens-)Veränderung. Nur allzu häufig scheitern Veränderungen an den Egoismen einzelner Abteilungen. Es wird nur die Performance des eigenen Bereichs gesehen und die Wertschöpfung des gesamten Prozesses.

Top-Management-Unterstützung und Mitarbeiterintegration
Die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung sind deshalb eine möglichst breite und frühzeitige Mitarbeiterbeteiligung sowie die Unterstützung durch das Top-Management. Die Initialzündung für Benchmarking muß von einer hohen Führungsebene kommen, am besten ist es im Vorstand verankert. Dieses Mitglied aus dem Top-Management übernimmt die Rolle eines Projekt-Sponsors. Eine Aufgabe, die vor allem mit Blick auf die Um- und Durchsetzung möglicherweise einschneidender Veränderungsmaßnahmen unumgänglich ist.

Damit die guten Ideen nicht an den Widerständen der Mitarbeiter scheitern, ist eine konsequente, offene interne Kommunikation erforderlich. Die von den Auswirkungen eines Projektes betroffenen Mitarbeiter sind permanent über wichtige Ergebnisse des Projektes zu informieren.