Vier Fragen an Oliver Hülse: „Bots kaufen nichts“

Alle reden über Programmatic, unzählige Unternehmen bieten es längst an. Die Technologiefirma Rocket Fuel ist ganz vorne mit dabei. Geschäftsführer Oliver Hülse über deutsche Strukturen, Ad Fraud und das Image von Realtime Bidding
Oliver Hülse (© Rocket Fuel)

Warum ist der Markt für Realtime Advertising (RTA) in Großbritannien und den USA weiter als in Deutschland?

OLIVER HÜLSE: Hinsichtlich der Umsätze mag das stimmen, wenn es um das Verständnis von RTA geht, würde ich widersprechen: Die Marktteilnehmer in Deutschland sind sich absolut darüber im Klaren, was RTA kann und was nicht. Dass wir beim Marktanteil noch aufholen können, hat in Deutschland einige spezifische Gründe: Die Publisher-Struktur bei uns ist stark von den großen Vermarktungsnetzwerken geprägt und diese haben sich lange gesträubt, Inventar in Open Exchanges und Open RTB zur Verfügung zu stellen.

Für wen und welche Kampagnenziele eignet sich RTA?

Die Technologie hinter Programmatic hat man zwar im Performance Marketing zum ersten Mal bewusst im Einsatz gesehen, aber es hat sich ganz klar gezeigt, dass sich auch Branding-Ziele äußerst effektiv und zugleich effizient umsetzen lassen. Das ist besonders interessant, weil hier generell die Gefahr besteht, dass Sie viel Geld ausgeben, ohne die Nutzer zu erreichen, bei denen es sich „lohnt“. Tatsächlich kann man mit Programmatic auf Branding-Ziele sehr gut optimieren. Wir haben beispielsweise bei einer Kampagne für die U.S.-Automarke Buick die gesteckten Ziele weit übertroffen und so gezeigt, dass Programmatic Branding wunderbar funktioniert.

Vor dem Hintergrund von Programmatic wird auch das Thema Ad Fraud stark diskutiert. Wie groß ist die Gefahr in Ihren Augen und was muss sich hier ändern?

Betrug gibt es leider überall und in allen Branchen, egal ob bei Banken, Versicherungen oder anderswo und er lässt sich nie zu 100 Prozent verhindern. Ich bin der Meinung, dass Programmatic hier sogar von Vorteil ist, denn die datengetriebene Technologie ermöglicht es, Betrug überhaupt erst sichtbar zu machen. Wir bei Rocket Fuel stellen bevor wir auf eine ad impression bieten, und auch nachdem die Transaktion abgewickelt wurde, fest, ob es sich um eine betrügerische impression handelt oder nicht. Dabei setzen wir sowohl auf unsere eigenen Technologien, wie auch auf Drittanbieter. Außerdem sollte man bedenken, dass wir unsere selbstlernenden, künstlich-intelligenten Kampagnen auf conversions optimieren – zzum Beispiel auf den Abverkauf eines konkreten Produkts. Bots hingegen kaufen nichts. Daher filtert unser System diese auch von selbst heraus. Die entscheidende Frage aber ist: Wie schaffen wir es, als Branche an einem Strang zu ziehen und das Problem gemeinsam anzugehen?

RTB wird häufig als Markt für Resteverwertung bezeichnet. 

Ich bin mir sicher, dass wir irgendwann darüber schmunzeln werden, dass RTB mal als Resterampe galt. Gerade in Deutschland haftete RTB dieses Image in den Anfangsjahren an, doch das hat sich gewandelt. Ein Grund für die anfängliche Skepsis war sicher, dass sich Publisher und die großen Vermarkter-Netzwerke dem Thema nur langsam geöffnet haben. In Zukunft wird die Technologie aber Standard sein.

Oliver Hülse ist Geschäftsführer D-A-CH des Technologieanbieters Rocket Fuel. Neben dem programmatischen Media-Einkauf bietet das Unternehmen auch Seitenoptimierung und vorausschauende Analysemethoden über alle Mediakanäle hinweg. 

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