Viele Lebensmittel-Sortimente bieten Spielraum für Preisgestaltung

Nur wenige Warengruppen im deutschen Lebensmittelhandel unterliegen einem echten Preiskampf. Dies ist das Ergebnis einer Gemeinschaftsstudie der Gesellschaft für Konsumforschung- (GfK-) Panel Services und SAP Deutschland, in der die 275 gängigsten Warengruppen im Bereich schnelldrehende Konsumgüter (Fast Moving Consumer Goods, FMCG) auf ihre Preissensitivität unter Verbrauchern bundesweit untersucht wurden. Lebensmittelhändler haben damit bei ihrer Preisgestaltung weitaus größere Spielräume als allgemein angenommen.

Im Rahmen der Studie unterteilten GfK und SAP die Sortimente des Lebensmittelhandels in die drei Kategorien Halo-, Potenzial- und Gestaltungswarengruppen. Die höchste Preissensitivität gebe es in der Halo-Kategorie, deren Produkte regelmäßig von den Konsumenten gekauft werden. In diesen 40 Warengruppen, zu denen beispielsweise Kaffee, Schokolade, Butter, Joghurt oder Fruchtsäfte gehören, würden Preisänderungen schnell erkannt, so dass bereits leichte Preiserhöhungen umfangreiche Absatzrückgänge nach sich ziehen. Da diese Warengruppen rund 50 Prozent des FMCG-Umsatzes in Deutschland erzielen, ist der Preiskampf zwischen den Discountern und den Vollsortimentern in diesem Segment besonders intensiv.

Mit abnehmender Preiswahrnehmung stiegen jedoch die Möglichkeiten, Preise zu erhöhen und die Marge zu verbessern. Laut Studie verfügen die Verbraucher bei 230 Warengruppen über keine oder nur geringe Preisvorstellungen, da sie diese Produkte nur für einen speziellen Anlass oder eher selten kaufen. Hierzu zählen beispielsweise Reinigungsmittel, Gewürze, Süßstoff, Essigkonserven oder Produkte zur Möbelpflege. Speziell Super- und Verbrauchermärkten mit ihren breiten Sortimenten eröffneten sich damit erhebliche Chancen, Preisdifferenzierungen gegenüber den Niedrigvorgaben der Discounter zu realisieren.

Deutliche Unterschiede ergeben sich der Untersuchung zufolge auch in der Zahlungsbereitschaft der verschiedenen Kundengruppen. Insbesondere gutverdienende und ältere Kunden seien bereit, mehr zu bezahlen, wenn Warenqualität und -auswahl ihren Vorstellungen entsprächen oder die Einkaufsstätte bequem zu erreichen sei. Zudem bestünden erhebliche regionale Preisunterschiede bei schnelldrehenden Konsumgütern. Das Preisniveau liege auch 20 Jahre nach dem Mauerfall in den neuen Bundesländern weit unter dem Durchschnitt. Ähnliches gelte für die strukturarmen Regionen in den alten Bundesländern. Hohe Preise würden dagegen in Ballungsräumen, im Grenzgebiet zur Schweiz sowie in den bekannten Tourismusgebieten verlangt. Neben der Preiswahrnehmung und Zahlungsbereitschaft komme somit auch dem individuellen Markt- oder Filialstandort eine höhere Bedeutung bei der Bestimmung der Endverbraucherpreise zu.

Ungenutzt blieben die Preispotenziale bislang insbesondere aufgrund einer zu starken Wettbewerbsorientierung. Um Marktanteilsverlusten vorzubeugen, würden die Preise bei vielen Handelsunternehmen nach wie vor überwiegend an den Vorgaben der Konkurrenz ausgerichtet. Im Zuge der massiven Preisrunden im Jahr 2009 sei damit eine Preisspirale nach unten ausgelöst worden, die sich negativ auf die Entwicklung der Lebensmittelbranche mit Handel, Industrie und Erzeuger ausgewirkt habe. Im Gegensatz dazu steht das Studienergebnis, wonach besonders gut verdienende und ältere Verbraucher bereit sind, höhere Preise zu zahlen. Damit rückten im Lebensmittelhandel Zahlungsbereitschaft und Kaufverhalten als wichtigste Parameter für die Preisbildung in den Mittelpunkt. Die Preispolitik im Lebensmitteleinzelhandel stehe somit vor einem Paradigmenwechsel. Statt wie bisher zu fragen, mit welchen Niedrigpreisen neue Kunden gewonnen werden können, gelte es künftig auszuloten, welche Preise maximal verlangt werden können, ohne Kunden zu verlieren.

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