Viel weniger TV-Werbespots: ProSiebenSat.1 macht Verlust

Es ist das Dilemma der deutschen Fernsehbranche in der Corona-Krise: Das Interesse von TV-Zuschauern stieg, aber die Werbeerlöse blieben aus. Das Ganze zeigt sich deutlich an den Geschäftszahlen bei ProSiebenSat.1. Ein Stellenabbau ist nach Angaben des Konzernchefs allerdings nicht geplant.
Im ersten Halbjahr waren die Werbeerlöse 20 Prozent niedriger als im Vorjahr. (© Imago)

Fehlende TV-Werbeerlöse in der Corona-Krise haben das Ergebnis des Medienkonzerns ProSiebenSat.1 in die Verlustzone gedrückt. Wie bei anderen TV-Sendern in Deutschland stieg zwar das Interesse der Zuschauer an Programminhalten – aber die wichtige Ertragssäule Fernsehwerbung knickte ein.

Die Folge: Der Gesamtumsatz des Konzerns verringerte sich im zweiten Quartal um 25 Prozent auf 709 Millionen Euro. Unter dem Strich blieb ein Verlust von 61 Millionen Euro, wie das Unternehmen in Unterföhring bei München am Freitag mitteilte. Im zweiten Quartal 2019 war noch ein Gewinn von 94 Millionen Euro ausgewiesen worden. Auch der Blick auf das Halbjahr macht den Unterschied deutlich: Jetzt gab es einen Verlust von 30 Millionen Euro, im ersten Halbjahr 2019 noch einen Gewinn von 215 Millionen Euro.

Besserung im September erwartet

Man rechnete mit dieser Entwicklung, wie Vorstandssprecher Rainer Beaujean erläuterte. Er sah zugleich ein wenig Licht am Ende des Tunnels: Im Juli seien die Werbeerlöse nur noch um 20 Prozent niedriger als im Vorjahr, und „im August zeichnet sich aktuell mit einem Minus von rund zehn Prozent eine weitere Verbesserung ab“, sagte er.

Allerdings werde es nicht möglich sein, die bis Herbst entstandenen Rückgänge bis Jahresende aufzuholen. In normalen Jahren erwirtschafte ProSiebenSat.1 zwar etwa die Hälfte seines Betriebsgewinns zwischen September und Dezember. Aber angesichts der Unsicherheit über den Fortgang der Corona-Pandemie könne der Vorstand keine Jahresprognose geben. Beaujean sagte, dass der September der erste relevante Monat und eine gute Basis für die letzten drei Monate sein werde.

Beauty- und Lifestylebereich profitiert

Der Quartalsumsatz im Kerngeschäft Unterhaltung und im Produktionsgeschäft brach um ein Drittel ein. Nur die Konzerntochter Nucom – also das Commerce-Geschäft – konnte ihren Umsatz dank der Partnervermittlung Parship Group und der Online-Parfümerie Flaconi leicht steigern. Während der Beauty- und Lifestylebereich profitierte, war der Bereich Mietwagen innerhalb der Gruppe zugleich schwächer.

Die Krise führt auch dazu, dass der Konzern die TV-Programmkosten um 50 Millionen Euro senkt, das meiste davon im zweiten Halbjahr. Ursprünglich wollte man genau das Gegenteil tun – 50 Millionen Euro obendrauf packen. Das Unternehmen setzt zugleich weiter auf starke Marken wie die Musikformate „The Voice of Germany“ oder „The Masked Singer“. „Das Bedürfnis der Zuschauer nach mehr Unterhaltung und Information ist nach wie vor stark“, sagte Beaujean bei der Vorstellung der Zahlen. Insgesamt nimmt der Konzern 2020 rund eine Milliarde Euro für Programmkosten in die Hand, also etwa soviel wie im vergangenen Jahr. Ab 2021 erhofft man sich auch mit Fußball-Bundesliga-Spielen auf Sat.1 Zuschauerbindung.

Keine Angaben zum Streaming-Geschäft

Seit gut einem Jahr ist der Konzern zudem mit der Streaming-Plattform Joyn, also einer Art Mediathek, auf dem Markt. Streaming boomt in Deutschland. Bei Joyn gibt es einen offenen Bereich und einen für Abonnenten. Der Abo-Teil sei noch vergleichsweise klein, sagte Beaujean. Zahlen kommunizierte der Konzern nicht. Beaujean stellte in Aussicht, dass es auf der Plattform immer zwei Bereiche geben wird.

In der Pandemie greift die Gruppe weiter auf Kurzarbeit zurück. Im Juli waren den Angaben zufolge grob 1000 Mitarbeiter betroffen. Die Tendenz war zuletzt rückläufig. Stellenabbau wegen Corona ist Beaujean zufolge nicht geplant. Bei der Gruppe waren 2019 mehr als 7200 Mitarbeiter beschäftigt. Mit 1,2 Milliarden Euro in bar ist die Liquidität des Unternehmens nach eigenen Angaben gut. Kosteneinsparungen seien teilweise bereits im zweiten Quartal sichtbar, sollten aber vor allem in der zweiten Jahreshälfte wirken.

tht/dpa