Vertrieb: Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht

Unternehmen der Chemiebranche wollen ihren Vertrieb stärken und entsprechend aktiv werden. Doch die praktische Umsetzung bereitet Probleme. Die Fachzeitschrift CHEManager und die globale Strategieberatung Simon-Kucher & Partners haben dazu Führungskräfte befragt. Sie differenzierten gezielt, welche Unternehmen ihren Fokus auf Gewinnoptimierung im Bestandsgeschäft legen und welche den Schwerpunkt auf Neukunden setzen. Beide Gruppen priorisieren ihre Aktivitäten sehr unterschiedlich.

Fast alle Befragten gaben an, sich mit einem der Vertriebsziele Margenverbesserung, Neukundengewinnung oder Umsatz-/Mengensteigerung befassen zu wollen. Die Kosten des Vertriebs hingegen betrachten die Befragten als zweitrangig. Dr. Fabian Braun, Partner bei Simon-Kucher, hält das für eine gute Einsicht: „Man muss schon investieren, um etwas zurückzubekommen.“

Ganz rund läuft es allerdings in der Umsetzung offenbar nicht: „Häufig fehlt es an der Operationalisierung der einzelnen Schritte. Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht“, kommentiert Braun. Der Experte sieht hier – wie die in der Studie befragten Chemieunternehmer selbst – noch jede Menge Handlungsbedarf.

Potenziale identifizieren

Unternehmen mit Fokus auf Margenoptimierung erachten es als wichtig, Zielsegmente und -kunden klar zu definieren und zu priorisieren „Das ist wichtige Voraussetzung, um konkrete Potenziale zur Margensteigerung identifizieren zu können“, sagt Malgosia Zegar, Senior Consultant bei Simon-Kucher. Zudem wollen Unternehmen mit dem Ziel der Margensteigerung die Aufgaben im Vertrieb klar verteilen und Kompetenzgrenzen festlegen.

Allgemein sehen die Unternehmen mit Margenfokus den größten Handlungsbedarf bei Themen, die besonders starke Gewinnhebel darstellen. Neben Bereichen der Markt- und Vertriebsstrategie gehören dazu auch die Ermittlung des Kundenwertes und die entsprechende Kundenbearbeitung.

Für Unternehmen, die vor allem neue Kunden gewinnen möchten, sind hingegen Verkaufskampagnen und das Wissen über Entscheiderstrukturen beim Kunden wichtiger. „Nur wer die Entscheider kennt, kann Unternehmen bei der Neukundengewinnung richtig ansprechen. Außerdem ist es wichtig, dass die Arbeitszeit optimiert und nachvollziehbar für vertriebliche Kernaufgaben eingesetzt wird“, so Zegar.

Schwachpunkte bei der Umsetzung

Laut den Experten von Simon-Kucher sind die einzelnen Bestandteile des Vertriebsprozesses eng miteinander verknüpft und sollten nicht isoliert betrachtet werden. Oft wird dies aber nicht berücksichtigt, sodass es an der Umsetzung einzelner Aspekte mangelt. Zwar gibt etwa die Hälfte der befragten Unternehmen an, Vertriebsziele für Zielsegmente definiert und dokumentiert zu haben, aber nur jedes fünfte steuert das eigene Vertriebsteam anhand dieser Ziele.

Weitere Schwächen offenbaren sich bei Preisverhandlungs-Prozessen und allgemeinen Verhandlungskompetenzen. Für Unternehmen mit Margenfokus haben diese Themen große Bedeutung. Etwa die Hälfte der Unternehmen hat Kompetenzen und Eskalationsschemata in Preisverhandlungen klar festgelegt, aber nur ein Drittel dieser Unternehmen führt auch real Verkaufs- und Verhandlungstrainings durch. „Das zeigt eindrucksvoll, dass zwar intern Regeln festgelegt werden, aber die notwendige Unterstützung zur operativen Durchsetzung dieser Vorgaben fehlt“, erklärt Braun. Der Vertrieb müsse als Prozess verstanden werden. Unterschiedliche, aber oftmals eng vernetzte Aktivitäten seien aufeinander abzustimmen, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.

Druckpunkte identifizieren

Unternehmen, die ihre Margen optimieren möchten, sollten zunächst vor allem ihre Märkte priorisieren und nach Profitabilität und Potenzial entsprechend betreuen, resümieren die Studienautoren. Dies sei entscheidend, um unternehmensspezifische Zielsegmente zu finden und interne Ressourcen optimal einzusetzen. Egal, ob der Fokus auf der Optimierung von Margen oder der Gewinnung von Neukunden liegt: Beide Unternehmenstypen müssten sich darüber im Klaren sein, welche individuellen Druckpunkte bearbeitet werden sollen. Falls sie diese nicht kennen, sei eine Situationsanalyse überfällig. Nur so könnten Unternehmen im Markt schlagkräftig agieren.

(Simon-Kucher & Partners/MM)