Venom 3: So knackte die TikTok-Kampagne alle Rekorde 

Mit 20 Millionen Kommentaren auf TikTok setzte „Venom: The Last Dance“ neue Maßstäbe im Marketing. Ein Blick hinter die Strategie, die dem Film zum viralen Rekord verhalf.
Venom: The Last Dance VENOM: THE LAST DANCE – FILM STILLS. 2024 . USA. Venom: The Last Dance – (c)Columbia Pictures – is
Dank Tik-Tok wurde "Venom: The Last Dance" zu einem viralen Hit. (© Imago)

Als Sony Pictures und TikTok ihre Marketing-Partnerschaft für “Venom: The Last Dance” verkündeten, konnte niemand vorhersehen, dass sie einen digitalen Weltrekord brechen würden: Über 20 Millionen Kommentare unter einem einzigen TikTok-Post machten den Film zu einem viralen Hit. Noch nie wurde ein Video auf der Plattform so oft kommentiert. 

Die Kampagne kombinierte klassische Trailer-Werbung mit interaktiven Elementen, Gamification und Community-getriebenem Content. Die Strategie ging für Sony auf – und könnte die Zukunft des Filmmarketings neu definieren. 

Wie TikTok zur Schlüsselplattform für Filmvermarktung wurde 

Die Zeiten, in denen Filmstudios ihre Produktionen ausschließlich über TV-Spots, Plakatkampagnen und klassische Trailer bewarben, sind vorbei. Social Media hat das Marketing revolutioniert, und TikTok spielt dabei eine zentrale Rolle. „TikTok ist kein traditioneller Werbekanal, sondern eine kulturelle Kraft, die Trends setzt und Gespräche antreibt“, erklärt Rose Philips, EVP Global Digital Marketing and Social Media bei Sony. Durch den Algorithmus der Plattform haben selbst Inhalte von Accounts mit wenigen Followern das Potenzial, Millionen von Menschen zu erreichen, wenn sie genügend Interaktionen generieren. 

Rose Headshot
Rose Philips, EVP Global Digital Marketing and Social Media bei Sony.

Dieses Prinzip machte TikTok zur idealen Plattform für die Vermarktung von “Venom: The Last Dance”. Der Film hatte bereits eine Fangemeinde, doch durch geschicktes Nutzen der TikTok-Dynamik wurde der Hype noch einmal angekurbelt. Dennis Papirowski, Global Head of Publishers bei TikTok, beschreibt die Plattform als den neuen Treffpunkt der Popkultur: „TikTok ist längst mehr als nur eine App – hier entstehen Gespräche, Trends und ganze Bewegungen rund um Filme und andere kulturelle Ereignisse.“ 

Rekord durch Community-Engagement 

Sony und TikTok entwickelten über Monate hinweg eine Kampagne mit dem Ziel, das Fan-Engagement auf ein neues Level zu heben. Im Mittelpunkt stand das neu eingeführte Feature Spotlight, das gezielt für Filmkampagnen auf TikTok konzipiert wurde. Ein zentrales Element war eine Easter-Egg-Mechanik, die erstmals in diesem Kontext zum Einsatz kam: Nutzer, die das Wort „Venom“ unter einem offiziellen Video kommentierten, lösten eine versteckte Animation aus. 

“Das war eine bahnbrechende Idee, denn sie kombinierte Gamification mit natürlicher Interaktion”, erklärt Papirowski. Der Mechanismus verwandelte passive Zuschauerinnen und Zuschauer in aktive Teilnehmer der Kampagne – mit durchschlagendem Erfolg. Innerhalb weniger Tage zählte TikTok über 20 Millionen Kommentare, ein bislang unerreichter Rekord für eine Filmkampagne auf der Plattform. 

Doch die Fans zeigten ihr Engagement nicht nur mit Kommentaren. Sony setzte gezielt auf Creator-Integration, um verschiedene Zielgruppen anzusprechen. „Wir haben weltweit 155 Influencer aktiviert, die alle auf ihre eigene Art Venom in Szene gesetzt haben – von Make-up-Artists über DIY-Künstler bis hin zu Filmanalysten“, erklärt Philips. Besonders erfolgreich war eine Challenge, bei der Fans einen handgewebten Venom-Teppich erstellten. Diese vielen Features führten dazu, dass als popkulturelles Phänomen wahrgenommen wurde. 

Ein weiteres Feature sorgte dafür, dass Fans Kinotickets direkt erwerben konnten. „Durch Spotlight konnten Nutzer nahtlos von der TikTok-Plattform zur Ticket-Seite weitergeleitet werden“, erläutert Papirowski. Diese Strategie ermöglichte es, das Engagement direkt in Verkäufe umzuwandeln, was für das Studio einen enormen Vorteil bedeutete. 

Venom: Messbare Ergebnisse der Strategie 

Laut Philips erzielte der Film ein weltweites Einspielergebnis von 478 Millionen US-Dollar, davon allein 175 Millionen am Eröffnungswochenende. Der virale Erfolg auf TikTok dürfte somit den kommerziellen Erfolg des Films beeinflusst haben. Konkrete Angaben dazu, wie Spotlight zum kommerziellen Erfolg des Films beigetragen habe, wollte Sony jedoch nicht machen. 

Fest steht jedoch, dass die starke digitale Präsenz die Diskussion über “Venom: The Last Dance” auf Twitter und Instagram befeuerte und den Hype steigerte. „Die Kampagne war ein Paradebeispiel dafür, wie sich TikTok nicht nur für Aufmerksamkeit, sondern auch für direkte Verkaufsförderung einsetzen lässt“, betont Papirowski. 

Herausforderungen und Learnings für zukünftige Kampagnen 

Die Umsetzung stellte Sony und TikTok jedoch auch vor Herausforderungen. „Der Koordinationsaufwand war enorm, da wir Spotlight in 25 Märkten gleichzeitig aktiviert haben“, erklärt Philips. Um eine solche Kampagne erfolgreich umzusetzen, sei eine enge Abstimmung zwischen den lokalen Teams und den globalen Partnern erforderlich. 

Ein weiteres Learning war die Bedeutung von kreativen, interaktiven Werbeformaten. „Die Community auf TikTok hat eine andere Erwartung an Werbung, sie wollen unterhalten werden”, sagt Papirowski. Das Erfolgsrezept der Kampagne lag darin, dass sie sich organisch in die TikTok-Kultur einfügte und Nutzerinnen und Nutzer dazu motivierte, aktiv teilzunehmen. 

TikTok und die Suchtgefahr 

Dennis Papirowski, Global Head of Publishers bei TikTok.

Gamification-Mechaniken wie die in der Kampagne eingesetzten interaktiven Elemente sind nicht unumstritten. Kritiker warnen, dass solche Ansätze oft nur kurzfristiges, oberflächliches Engagement fördern und gezielt Verhaltensmuster aus dem Glücksspiel nutzen, um Nutzende zum weiteren Interagieren zu bewegen. Ähnlich problematisch wird der TikTok-Algorithmus gesehen, der Inhalte basierend auf individuellen Vorlieben ausspielt.  

Einerseits sorgt das für eine enorme Reichweite, andererseits gibt es auch Schattenseiten: Expertinnen und Experten warnen, dass das endlose Scrollen und die maßgeschneiderten Empfehlungen schnell süchtig machen können – besonders für junge Menschen. Die AOK sieht die steigende Nutzung von TikTok kritisch und weist auf mögliche negative Folgen für die mentale Gesundheit hin. Auch die EU-Kommission beschäftigt sich bereits mit dem Thema und prüft Maßnahmen, um die Abhängigkeit von digitalen Plattformen einzudämmen. Trotz des Kampagnenerfolgs zeigt sich, dass die Grenzen zwischen kreativem Marketing und potenziell problematischen Mechanismen oft verschwimmen. 

Die Zukunft des digitalen Filmmarketings? 

Dennoch: Modernes Marketing auf Social Media kann nicht mehr nur aus passiven Werbeanzeigen bestehen. Das hat die Venom-Kampagne verdeutlicht. Stattdessen müssen Marken aktiv mit ihrer Community interagieren und sich auf plattformspezifische Mechaniken einlassen. 

Für die Filmindustrie könnte dies ein Wendepunkt sein, denn TikTok hat sich als eine der wichtigsten Plattformen für Filmvermarktung etabliert. Die Mechaniken von Spotlight könnten zukünftig aber nicht nur für Kinofilme, sondern auch für andere Entertainment-Branchen wie Gaming, Musik oder Literatur adaptiert werden. 

„Diese Kampagne hat gezeigt, dass die richtige Social-Media-Strategie über den Erfolg eines Films entscheiden kann“, resümiert Philips. Der virale Rekord und die kommerzielle Leistung von “Venom: The Last Dance” geben ihrer These recht.  

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.