Ungarische Billig-Airline nimmt Kurs auf Lufthansas Heimatflughafen Frankfurt

Die Lufthansa muss sich auf neue Konkurrenz gefasst machen, denn nach Ryanair soll nun auch die ungarische Billigfluglinie Wizz Air vom Lufthansa-Heimatflughafen starten.
Ab Ami wird die ungarische Airline Wizz Air von Frankfurt aus starten

Über die neue Konkurrenz aus Osteuropa dürfte sich die Lufthansa sicher nicht freuen. Denn bereits die Tatsache, dass der irische Billigflieger Ryanair ab März von Deutschlands größtem Drehkreuz starten wird, löste bei der Kranich-Airline Unmut aus. So warf Lufthansa dem Flughafenbetreiber Fraport vor, Ryanair mit einem unfairen Gebührenrabatt nach Frankfurt gelockt zu haben. Fraport habe laut Reuters hingegen betont, dass der Nachlass zeitlich begrenzt sei und alle neu startenden Gesellschaften an dem Flughafen einen Anspruch darauf hätten. Frankfurt habe lange wegen hoher Gebühren und komplizierter Abläufe als schwieriges Pflaster für Billigflieger gegolten. Mit einer neuen, vom Land Hessen genehmigten Gebührenordnung sei der Betreiber Fraport neuen Anbietern aber deutlich entgegengekommen und biete ihnen Einstiegsrabatte. Dennoch sei laut Reuters eine Strategie von Fraport erkennbar, nämlich, dass der Frankfurter Konzern wegen des langsamen Wachstums der Lufthansa mehr Billigflieger in den Flugplan aufnehmen wolle.

Wizz Air auf Expansionskurs

Für diese gemutmaßte Strategie spricht, dass ab Mai nun auch die ungarische Billig-Airline Wizz Air Kurs auf den Frankfurter Flughafen nimmt. Ab dem 22. Mai werden die Ungarn täglich Flüge in die bulgarische Hauptstadt Sofia anbieten, ab dem 15. Dezember dann auch nach Ungarn. Buchungen sind bereits jetzt möglich.

Bisher startete Wizz Air nur von kleineren Flughäfen wie Memmingen, Hannover oder Frankfurt-Hahn, aber auch von zwei größeren Airports in Hamburg und Köln-Bonn. Mit dem neuen Angebot ab Frankfurt bietet die Airline nun 78 Low Cost-Strecken von elf deutschen Flughäfen. Das die Expansion Früchte trägt, unterstreichen vor allem die Passagierzahlen: So beförderte Wizz Air im vergangenen Jahr auf seinen deutschen Strecken etwa 2,7 Millionen Passagiere. Das bedeutet ein Wachstum von 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Insgesamt flogen 2016 rund 23 Millionen Passagiere mit der Low Cost Airline.

Heute gab die Fluggesellschaft zudem bekannt, ihren Expansionskurs weiter fortgesetzt zu haben: So soll ab dem 18. Juni  London Luton als 28. Standort. Seit  mehr als zwölf Jahren fliegt Wizz Air Luton an und ist dort nach eigenen Angaben mittlerweile der zweitgrößte Carrier. Im laufenden Jahr werde man hier rund 6,3 Millionen Plätze anbieten können, was einem Wachstum von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Als neue Ziele nimmt Wizz Air in London Luton Tel Aviv in Israel, Kutaisi in Georgien und Pristina im Kosovo auf.

Muss Premiumanbieter Lufthansa die neue Konkurrenz fürchten?

Muss sich die Lufthansa im Angesicht dieser positiven Zahlen also vor ernsthafter Konkurrenz an ihrem Heimatflughafen in Acht nehmen? Laut Markenexperte Karten Kilian eher nicht, dafür aber ihre Tochter Eurowings: „Noch tendiert die Markenstärke von Wizz Air bei uns gegen null. Wie sich das in naher Zukunft entwickelt, hängt stark davon ab, wie günstig die Preise und wie gut die Werbung sein werden. Die Lufthansa ist davon weniger tangiert als die Lufthansa-Tochter Eurowings, die durch Wizz Air zusätzlich unter Druck gerät.“ Grundsätzlich gelte aber, dass das Premiumsegment insgesamt weiter unter Druck steht, der Billigfliegermarkt hingegen weiter wächst. „Die Airlines müssen hier durch mehr Services, kürzere Eincheckzeiten etc. versuchen, Mehrwerte zu schaffen, was nicht ganz einfach sein dürfte. Der Kosten- und der Wettbewerbsdruck nehmen für die Premiumcarrier, aber auch für die Billiganbieter weiter zu. Billig oder besser lautet auch hier die Devise“, sagt Kilian.

Im Blick auf den Billig-Flieger-Markt werde Wizz Air den Billig-Airline-Markt mittelfristig zusätzlich pushen, kurzfristig werde der Effekt aber nur gering sein, da die Marke in Deutschland noch relativ unbekannt sei und das Vertrauen der Passagiere gerade bei Billigfliegern wichtig ist. „Zudem gibt es mit Ryanair, Eurowings, EasyJet & Co. schon eine ganze Reihe Billiganbieter, so dass Wizz Air zunächst nur als ein weiterer Anbieter angesehen beziehungsweise bis auf weiteres erst einmal von vielen übersehen oder nicht beachtet wird“, schätzt Kilian.

Über Wizz Air

Gegründet wurde Wizz Air im Jahr 2003 von Jozsef Varadi, der zuvor Chef der einst größten und heute bankrotten ungarischen Airline Malev war. Heute hat Wizz Air über 500 Strecken, verbindet so 137 Destinationen in 40 Ländern und ist nach eigenen Angaben nach einem Jahrzehnt zur größten Low-Cost-Fluggesellschaft Mittel- und Osteuropa aufgestiegen. Insgesamt verfügt das Unternehmen über rund 70 Flugzeuge, habe aber bereits neue 110 Flugzeuge bestellt.