Top 3 Corona-Analysen: Wumms, Werbebudgets und Vertrauen

Auch abseits der Statistiken zu den direkt Betroffenen der Covid19-Pandemie gab es in den letzten Tagen eine Reihe von interessanten Zahlen und Untersuchungen zum Coronavirus und seinen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Drei relevante Studienergebnisse stellen wir hier genauer vor.
Von Bundesfinanzminister Olaf Scholz stammt der Ausspruch: Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen. (© Imago)

Top 1: Mehrwertsteuersenkung als Chance für Marken

Die Mediaagentur pilot untersucht seit Beginn der Pandemie, wie Markenkommunikation in Zeiten von Corona gelingt. In der elften Welle der Umfrage „pilot Radar“ zu Einstellungen und Konsumverhalten der Deutschen hat die Hamburger Agentur vom 10. bis 12. Juni wieder über 1000 repräsentative Online-Interviews erhoben, um daraus resultierend Empfehlungen für die Kommunikationsbranche abzuleiten.

Diesmal wurde genauer unter die Lupe genommen, welche Erwartungen die Verbraucher in das Konkunkturpaket der großen Koalition setzen: Generell zeigen 55 Prozent der Deutschen großes Interesse für das Konjunkturpaket, mit dem die Bundesregierung die Corona-gebeutelte Wirtschaft wieder in Schwung bringen will. Allerdings sind nur 15 Prozent der Meinung, dass die geplanten Maßnahmen einen merkbaren oder starken Einfluss haben werden. 43 Prozent gehen dagegen davon aus, dass das als „Wumms“ proklamierte Programm überhaupt keinen Effekt zeigen wird.

Mit 59 Prozent ist die Zustimmung zur Senkung der Mehrwertsteuer mit am größten. 44 Prozent der Deutschen begrüßen den Kinderbonus in Höhe von 300 Euro. Dagegen halten nur 17 Prozent die Kaufprämie für Elektro-Autos für sinnvoll. Andere Maßnahmen, die von der Koalition nicht angenommen wurden, hätten da schon eher das Vertrauen der Bevölkerung gefunden, beispielsweise die Abschaffung des Solidaritätszuschlags (61 Prozent), eine Entlastung bei den Stromkosten (66 Prozent) oder die Anhebung der Leistungen zur Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung (55 Prozent). 39 Prozent sprechen sich für Konsumgutscheine für den Einkauf im regionalen Einzelhandel aus. Eine generelle Kaufprämie für Autos, also auch für Verbrenner, hätten dagegen nur 12 Prozent begrüßt.

Unter den im Programm enthaltenen Erleichterungen vertrauen die Deutschen am stärksten der Mehrwertsteuersenkung als Konjunkturmotor. Gleichzeitig ist aber auch Skepsis zu beobachten, ob Handel und Unternehmen diese Steuererleichterung uneingeschränkt an die Konsumenten weitergeben. „Wie wir in der Zeitreihe unserer Studie deutlich beobachten konnten, haben die Marken während der Corona-Krise einen Relevanzverlust in der Wahrnehmung der Konsumenten erlitten, die immer stärker auf den Preis fokussieren“, erklärt pilot-Geschäftsführerin Martina Vollbehr. „In Kombination mit der aktuellen Skepsis der Menschen über die künftige Preisausgestaltung besteht die Herausforderung darin, das Vertrauen in Marken und Unternehmen zu stärken. Eine wirkungsvolle Maßnahme wäre, die Steuererleichterung ohne Einschränkungen weiterzugeben – und dies über intelligent darauf abgestimmte Kommunikationsmaßnahmen glaubwürdig zu vermitteln.“

TOP 2: Werben in der Krise zahlt sich aus

Wer bei der Werbung spart, der kann in der Rezession an Boden verlieren. Mediaplus hat anhand von 300 Marken aus 35 Marktsegmenten untersucht, welche Auswirkungen Einsparungen am Werbebudget bereits nach kurzer Zeit auf Marken-KPIs wie Markenbekanntheit, Werbeerinnerung, Relevant Set und Image haben. Das Ergebnis: Wer in der Krise wirbt, bewahrt sich kurz- und langfristig seine Markengesundheit.

Die Mediaplus-Forschungsabteilung verglich hierzu, wie sich die Marken-KPIs ausgewählter Unternehmen aus dem YouGov BrandIndex im Krisenzeitraum (16. März bis 16. April 2020) im Vergleich zum Zeitraum davor (1. Januar bis 15. März 2020) entwickelt haben. In die Betrachtung flossen Unternehmen ein, die im gleichen Umfang wie zuvor weitergeworben haben. Diesen gegenübergestellt wurden Unternehmen, die in der Krise ihre Werbespendings um 30 Prozent oder mehr gesteigert haben, oder ganz im Gegenteil ihr Budget um mehr als 30 Prozent gegenüber dem Zeitraum vor der Krise reduziert haben.

Anhand von drei Beispielen zeigt die Studie, wie sich das Werbeverhalten in der Krise ausgewirkt hat:

  • Der Lieferservice Domino’s Pizza hat seine Investitionen in der Krise um mehr als 40 Prozent gesteigert. Verbessert haben sich deshalb innerhalb eines Monats wichtige Marken-KPIs: Die Werbeerinnerung um 9 Prozent, die Markenbekanntheit um 3 Prozent, die Kaufbereitschaft um 7 Prozent. Der aus mehreren Image-Dimensionen bestehende Brand Health Index schoss bei Domino‘s sogar um 38 Prozent nach oben.
  • Ein Plus von 8,5 Prozent im Brand Health Index verzeichnete auch der Lebensmitteleinzelhandel als Ganzes betrachtet. Mediaplus hat sich hierzu die Werbeaktivitäten von REWE, Edeka, Aldi Süd und Nord, Lidl, Penny, Netto und Kaufland angesehen. Die Lebensmittelhändler waren in der Corona-Krise mit speziell auf die Situation abgestimmten Kampagnen präsent. Das zahlte sich aus, unter anderem mit einer 50-prozentigen Steigerung bei der Reputation. Der Buzz, also sämtliche Erwähnungen der Marke, wuchs innerhalb des Betrachtungszeitraums um 34 Prozent.
  • Wie sich Einsparungen in der Werbung niederschlagen, zeigt hingegen der Vergleich zwischen Coca-Cola und Pepsi. Budgetreduktionen führten bei Coca-Cola zu einer um 14 Prozent geringeren Werbeerinnerung. Pepsi, die ihre Werbeinvestitionen im gleichen Zeitraum hochfuhren, konnten hingegen ein Plus von 26 Prozent in der Werbeerinnerung verbuchen.

„Die Versuchung ist jetzt sehr groß, die Mediabudgets zu kürzen. Unternehmen, die ihr Werbebudget senken, verlieren aber in der Langzeitbetrachtung maßgeblich an Marktanteil und Profit. Veränderungen in den Markenwerten – sowohl positive, als auch negative – sind bereits nach sehr kurzer Zeit zu beobachten, wie unsere Untersuchung belegt“, sagt Andrea Malgara, Managing Partner Mediaplus.

Top 3: Vertrauenswürdigste Institutionen und Informationsquellen

In Zeiten von Corona ist die Gesellschaft besonders stark durch die Aktivitäten staatlicher Institutionen bestimmt. Die Bundesregierung und die EU-Kommission beschließen Maßnahmen für Kontakt- und Abstandsregeln sowie für die Unterstützung von Wirtschaft, Berufstätigen und Verbrauchern; die Polizei und die Gesundheitsämter sichern die Umsetzung der Maßnahmen. Lange war das Interesse an Nachrichten nicht mehr so groß wie im März und April 2020. Das Robert Koch Institut wird zur prominentesten wissenschaftlichen Einrichtung.

Welchen Institutionen vertraut die Bevölkerung in Krisenzeiten am ehesten? Diese Frage hat Rogator, ein Spezialist für Kunden- und Mitarbeiterforschung, im Rahmen seiner Studienreihe „OpinionTRAIN“ für den deutschsprachigen Raum und Schweden untersucht. Im Zeitraum vom 4. bis 14. Mai 2020 wurden 2530 Personen befragt.

Was das politische Geschehen angeht, informieren sich die Menschen in allen vier Regionen am liebsten über die öffentlich-rechtlichen Sender: In Deutschland sind es 75 Prozent, in Österreich (69 Prozent), in der Schweiz (61 Prozent) und in Schweden (63 Prozent). Auf Platz zwei sind in Deutschland die privaten Fernsehsender mit 46 Prozent, gefolgt von öffentlich-rechtlichen Radiosendern mit 41 Prozent. Knapp darauf in der Rangordnung kommen Tageszeitung (40 Prozent) sowie Soziale Medien (36 Prozent). Allerdings komme es bei der Nutzung der Sozialen Medien als Informationsquelle auf das Alter an: Bei den befragten unter 30 Jahren geben fast zwei Drittel an, dass Social Media als wichtigste Informationsquelle dient.

Abgesehen von den vertrauenswürdigsten Informationsquellen wurden die Studienteilnehmer auch zu den Institutionen befragt, denen sie am meisten Vertrauen entgegenbringen. Das Ranking lautet wie folgt:

  1. Polizei: 66 Prozent bringen ihr sehr großes/großes Vertrauen entgegen
  2. Verbraucherzentralen: 63 Prozent
  3. Wissenschaftliche Institutionen und Stiftung Warentest: 62 Prozent
  4. Öffentlich-rechtliche Medien: 58 Prozent
  5. Bundesverfassungsgericht: 57 Prozent
  6. Bundesregierung und Tageszeitungen: 50 Prozent

Auf den hinteren Plätzen landen Gewerkschaften (36 Prozent) und Wirtschaft (34 Prozent). Das Schlusslicht des Rankings bildet die Kirche: Gerade mal ein Fünftel bringt der Kirche ein (sehr) starkes Vertrauen entgegen, bei etwas mehr als einem Drittel ist das Vertrauen gering und ein knappes Drittel hat überhaupt kein Vertrauen.

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.