Textilfremde machen dem klassischen Handel zu schaffen

Der klassische Textileinzelhandel leidet stärker unter drastischer Marktschrumpfung und zunehmender Wettbewerbsintensität als bisher angenommen - zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Beratung RölfsPartner Management Consultants.

Neben der anhaltenden Konsumzurückhaltung sehen die Brater in der radikalen Neuordnung des Marktes ungünstige Bedingungen für den klassischen Textileinzelhandel. Dabei gehe die Bedrohung primär von
textilfremden Anbietern sowie neuen Textilvertriebsformen aus. Während es diesen gelungen sei, ihre Umsätze in den vergangenen Jahren zu vervielfachen, halbierten sich die des klassischen Textilhandels.

„Für den textilen Fachhandel ist es überlebenswichtig, diese Bedrohung realistisch einzuschätzen und möglichst schnell die entsprechenden Gegenmaßnahmen zu ergreifen“, erklärt Andreas Maquet, Leiter des Competence Centers Retail bei RölfsPartner und Co-Autor der Studie „Champion oder Exit: Druckausgleich für den deutschen Textilfachhandel“. Wer die Erfolgsfaktoren der Konkurrenz erkenne und daraus lerne, habe eine gute Chance, sich im härter werdenden Wettbewerb zu behaupten, erklärt Maquet.

Der Hintergrund: Die Deutschen geben weniger Geld für Kleidung aus. Setzte der textile Einzelhandel 1992 noch 64,4 Milliarden Euro um, waren es 2004 nur noch 55,0 Milliarden Euro. Dabei sanken die Umsätze des klassischen Textilhandels im gleichen Zeitraum von 58,6 auf 29,0 Milliarden Euro, während die Konkurrenz ihre Umsätze vervielfachen konnte: Textilfremde Anbieter wie der Lebensmitteleinzelhandel und Möbelhandel von 3,3 auf 11,5 Milliarden Euro, neue Textilvertriebsformen wie Textildiscounter von 1,0 auf 2,5 Milliarden Euro, Shop-in-Shop-Systeme teils bekannter Marken von 1,0 auf 6,5 Milliarden Euro, vertikale Textilketten von 0,5 auf 3,5 Milliarden Euro sowie B2C-E-Commerce von 0 auf 2,0 Milliarden Euro.

Wie die Berater erklären, sind die Erfolgsfaktoren der Wettbewerbsgewinner unterschiedlich: Sind es bei textilfremden Anbietern häufig wechselnde Themen oder Angebote (wie bei Tchibo, Aldi oder Lidl), profitieren die Shop-in-Shop- und ähnlichen Systeme von ihren bereits bekannten Markennamen sowie der kompetenten Angebotsdarstellung. Demgegenüber setzen die Textildiscounter auf ein von Eigenmarken dominiertes Geschäft mit minimalen Systemkosten und hohem Lagerumschlag. Die vertikalen Textilketten hingegen bauen ihre Marktanteile durch permanente Kollektionswechsel und eine attraktive Preisgestaltung aus.

Für den textilen Fachhandel leitet Maquet daraus drei mögliche Strategien ab. Eine „textilfremdere Positionierung“, die durch geschickte Themen- oder Aktionspräsentation regelmäßige Besuchsanlässe und somit zusätzliche Umsätze generiert. Ebenso vielversprechend sei die Einführung eines speziellen Dauerniedrigpreis-Programms bei Eckpreisartikeln, die im Preisfokus des Kunden stehen. Auch Kundenloyalität spiele im Handel eine wesentliche Rolle; diese könnten Einzelhändler durch den konsequenten Aufbau einer Eigenmarke erheblich steigern. In diesem Fall würden sie durch (Eigen-) Markenloyalität Einkaufsstättenloyalität erzeugen.

RölfsPartner ist eine unabhängige Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft mit 60 Millionen Euro Umsatz und 450 Mitarbeitern an zwölf deutschen Standorten in Deutschland.