Texas-First-Supermärkte auf der Überholspur – ein Best Practice?

Ein Supermarkt, der in einem einzigen Staat existiert, mausert sich zum beliebtesten Supermarkt Nordamerikas. Ein großer Teil der H-E-B-Artikel sind auf Texas zugeschnitten. Beim Konsumenten kommt das an. Kritiker warnen vor einem tendenziell nationalistischen Geschäftsmodell.
H-E-B
H-E-B trifft mit seinem Texas-First-Ansatz den Zeitgeist vieler Südstaatler. Die Supermarktkette macht Attribute wie Zusammenhalt und Identität zum Markenkern. (© Velten)

Die Supermarktkette H-E-B schneidet in vielen Befragungen und Rankings inzwischen deutlichen besser als die US-amerikanischen Lieblinge Trader Joe‘s oder Costco ab. Doch trotz des Erfolgs kennen die meisten Amerikaner die Kette nicht: H-E-B betreibt seine über 400 Geschäfte ausschließlich in Texas. Ganz vereinzelt hat das Unternehmen Niederlassungen in Mexiko. Der Ansatz spiegelt sich auch in der Produktpalette des in San Antonio ansässigen Lebensmittelhändlers wider. Die Waren sind oftmals regional, in Herstellung und Verpackung stark auf Texas bezogen. Die Texasfahne ziert fast jedes Produkt, die Farben des Staates sind allgegenwertig.

H-E-B vor Trader Joe’s und Amazon – Aldi auf Platz 7

Zuletzt kürte das Datenforschungsunternehmen Dunnhumby H-E-B zum besten US-Lebensmittelhändler. Trader Joe‘s landete auf Platz zwei, Amazon auf Platz drei. Aldi schaffte es auf den siebten Platz. Dunnhumbys Retailer Preference Index (RPI) stuft Lebensmittelhändler nach ihrer Leistung in folgende Kategorien ein: Preis, Qualität, Digital, Betrieb, Komfort, Rabatte und Belohnungen sowie Geschwindigkeit. In dem Bericht wurden 60 US-Einzelhändler dahingehend bewertet, wie 7500 US-Verbraucher auf Fragen zu diesen Kategorien geantwortet haben.

Die wohl wichtigste Erkenntnis der Erhebung ist, dass regionale Händler deutlich auf dem Vormarsch sind. Neben H-E-B belegten auch andere regionale Lebensmittelhändler wie Market Basket (Platz vier) und Wegmans (Platz fünf) Spitzenplätze. Sie haben es in den vergangenen Jahren geschafft, neben den für Verbraucher wichtigen Punkten wie Vertrauen und Regionalität auch in den Kategorien Produktauswahl, Qualität, Preis und Bequemlichkeit aufzuholen.

Loyalität und Vertrauen als wichtige Kriterien

Dass H-E-B besonders bei Preis und Qualität zulegen konnte, sichert der Kette nun den ersten Platz, meinen US-amerikanische Retail-Experten. Damit habe die Kette letztlich die Basiskriterien, sozusagen Selbstverständlichkeiten, nachgeholt. Geschätzt wird H-E-B für die Punkte Loyalität und Vertrauen und hierbei sei die Fokussierung auf Texas entscheidend. Bei der Regionalisierung geht es weniger um einen nachhaltigen oder ökologischen Ansatz, sondern tatsächlich um eine „emotionale Verbindung zu Heimat“, wie es die Kette selbst nennt.

Damit liegt H-E-B voll im Trend. Begriffe wie Einheit oder Zusammenhalt tauchten in den vergangenen Jahren immer wieder im Einzelhandel auf. Einzelhändler bedienen das Kriterium Zusammenhalt, indem sie eine gemeinsame Identität und familiäre Bindungen in ihrer Markengeschichte nutzen. H-E-B perfektioniert diesen Ansatz mit seinem Texas-Branding. In jedem H-E-B-Laden wird das Texas-Thema sofort und durchweg sichtbar.

Besonders die Produkte der Hausmarke betonen die texanische Heimat, von Kaffeemischungen mit den Bezeichnungen „San Antonio“ und „Austin“ bis hin zu texanischen Käsestücken und Tortillachips.

Regionaler Ansatz limitiert überregionales Wachstum

Angesichts der gesellschaftlichen Stimmung und der politischen Lage ist es wenig verwunderlich, dass gerade in den USA ein derartiges Geschäftsmodell erfolgreich ist. Texas nimmt innerhalb der Vereinigten Staaten zudem eine Sonderrolle ein. Texaner sind stolzer und heimatverbundener als die Bürger der meisten anderen Staaten. Fast alle Straßen sind mit Texas-Sternen verziert und an den Häusern weht die texanische Flagge. Bei H-E-B können die Bürger dann dazu passende texanische Bratpfannen und texanische Waffeleisen kaufen.

H-E-B macht aus Umsatz- und Marketingsicht vieles richtig. Der Händler bedient Kundennachfragen, trifft den Zeitgeist. Doch so interessiert Einzelhändler und Marketingverantwortliche auch auf H-E-B schauen, macht sich auch viel Kritik breit. Denn das H-E-B-Prinzip funktioniert nur, da sich fast alle US-Filialen in Texas befinden. Ein Fokus auf Texas wird weder in Oregon noch in Maine und erst recht nicht in Kalifornien oder New York für Umsatz, Sympathie oder Zusammenhalt sorgen. Das Geschäftsmodell ist neben der Kritik, politische nationalistische Strömung zu nutzen, begrenzt.

Fazit

Das Beispiel H-E-B zeigt, dass die Attribute „Zusammenhalt“ und „Identität“ erfolgreich in den Fokus gerückt werden können. Allerdings ist es schwer, die richtige Balance zu halten. Denn die steigende Bedeutung der Attribute macht es für Marken schwieriger, regional und international gleichermaßen erfolgreich zu sein.