Studie: Mehrheit der Europäer lehnt Super League ab

Das Echo zur geplanten Einführung einer europäischen Eliteliga ist in der Fach- und Fanwelt vernichtend ausgefallen. Eine Ipsos-Umfrage hat dazu ein Stimmungsbild in fünf europäischen Ländern eingeholt. Dabei gibt es überraschende Unterschiede zwischen einzelnen Nationen.
Fans des FC Liverpool zeigen ihren Unmut über die Pläne des Vereins, der Gründungsmitglied der Eliteliga sein wollte. (© Imago)

Kaum angekündigt, schon könnte die Super League auch schon wieder Geschichte sein. Während der Großteil der zwölf vermeintlichen Gründungsmitglieder nach dem öffentlichen Aufschrei ihren Rückzug bekanntgegeben haben, sieht Real Madrids Präsident Florentino Perez das Projekt auf „Stand-by“, wie er am Donnerstag einem spanischen Radiosender sagte. Man arbeite im Hintergrund weiter an der Eliteliga: „Es wird etwas herauskommen, vom dem die Welt denkt, dass es das Beste ist“, kündigte Perez an.

Was die Welt – oder zumindest Menschen aus fünf großen europäischen Fußballnationen – von den Plänen halten, wollte das Marktforschungsinstitut Ipsos herausfinden und hat dazu unmittelbar nach deren Bekanntwerden 5000 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien online befragt.

Briten besonders kritisch, Befürworter in Spanien

Das Ergebnis bestätigt die zahlreichen Gegner des umstrittenen Projekts: In weiten Teilen Europas wird eine exklusive Fußballliga mehrheitlich abgelehnt. Dabei gibt es aber überraschende nationale Unterschiede: So sind die spanischen Fans deutlich weniger kritisch als die deutschen oder die britischen.

Hier die zentralen Ergebnisse der Untersuchung:

  • Deutschland: Dass die Gründungsvereine der Super League unabhängig von ihrer sportlichen Leistung zu Beginn jeder Saison nennenswerte Geldbeträge als Darlehen erhalten sollten, kam hierzulande besonders schlecht an. 66 Prozent der Befragten hielten diese Idee für schlecht. 58 Prozent kritisierten darüber hinaus, dass alle Gründungsmitglieder stets am Turnier teilnehmen dürfen sollten, unabhängig von ihrer Leistung in den nationalen Ligen. 56 Prozent der Befragten sprachen sich zudem gegen die Idee aus, dass neben den dauerhaften Mitgliedern jedes Jahr lediglich fünf weitere Vereine ausgewählt werden sollten, die ebenfalls am Wettbewerb teilnehmen dürfen.
  • Großbritannien: Noch deutlich kritischer wurden die Pläne von den britischen Befragten beurteilt. Sämtliche Ideen für die Umsetzung der Super League, nach denen bei der Online-Erhebung gefragt wurde, wurden von rund 70 Prozent der Briten abgelehnt. Eine Erklärung für die breite britische Ablehnung könnte sein, dass allein sechs Vereine aus der hiesigen Premier League als Gründungsmitglieder der Super League vorgesehen waren.
  • Spanien: Die größten Befürworter des Projekts fanden sich in Spanien. Fast die Hälfte aller Spanier (49 Prozent) unterstützte etwa die Vereinbarung, dass die Gründungsvereine unabhängig von ihrer Leistung jede Saison einen großen finanziellen Zuschuss erhalten sollten. Eine knappe Mehrheit von 54 Prozent sprach sich zudem für die Idee aus, dass neben den festen Mitgliedern jährlich nur fünf weitere Clubs teilnehmen.
  • Frankreich und Italien: In diesen beiden Nationen überwog die Skepsis an dem Projekt, wenn auch weniger stark als in Großbritannien. So kritisierten zum Beispiel 59 Prozent der befragten Franzosen, dass die Gründungsmitglieder dauerhaft am Turnier teilnehmen, unabhängig von den Leistungen in der nationalen Liga. 57 Prozent der Italiener lehnten die finanzielle Ausstattung der Gründungsvereine vor Start der Saison.

Zuspruch bei Fans größer als bei Nicht-Fans

Im internationalen Durchschnitt wurden alle abgefragten Merkmale der Liga von einer Mehrheit der Befragten abgelehnt. Bei einer Aufteilung nach fußballinteressierten und nicht fußballinteressierten Personen zeigte sich jedoch, dass passionierte Fußball-Fans eher dazu neigen, die angestoßenen Ideen für die Gründung der Super League zu befürworten, als nicht interessierte Befragte.

Die Bedeutung des Fußballs als fester Bestandteil des Lebens vieler Europäer unterstreichen weitere Ergebnisse der Studie: 62 Prozent der Befragten gaben an, oft mit ihrer Familie, Freunden oder Kollegen über das Thema Fußball zu sprechen, ebenso viele schauen sich häufig Spiele im Fernsehen an. 68 Prozent zeigen sich grundsätzlich (sehr) interessiert an Profi-Fußballturnieren. Das größte Interesse am Fußball bekundeten Italiener (75 Prozent), Spanier (73 Prozent) und Briten (71 Prozent). Auch in Deutschland bezeichnete sich die klare Mehrheit als fußballinteressiert (65 Prozent), in Frankreich – immerhin dem Land des amtierenden Fußball-Weltmeisters – sagten dies lediglich 54 Prozent der Befragten.


Lesen Sie hier im absatzwirtschaft-Gastbeitrag von Colin Fernando, Partner bei der Managementberatung Brand Trust, wieso die gesamte Kommunikation der Super League ein Musterbeispiel für verfehltes Storytelling ist.


(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Er hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.