Stromanbieter haben ein Markenproblem

Wie wichtig bei Stromanbietern eine starke Marke ist, zeigt eine aktuelle Analyse: Wären die Tarife der Stromanbieter gleich, würden bei einem Wechsel 53 Prozent der Deutschen den Energieversorger „RWE“ in Erwägung ziehen. Für 47 Prozent der Befragten käme „Naturstrom“ infrage, aber nur für 17 Prozent wäre „Lichtblick“ eine Option.
LichtBlick AG; Produkt: Strom, Stromzaehler; Fotos: Sabina Paries fuer LichtBlick AG, 2012

Rund 1.000 Bundesbürger ließ die GMK Markenberatung zur Markenrelevanz bei Stromanbietern befragen und konfrontierte sie auch mit anderen bekannten Marken. Würden diese als Energielieferanten infrage kommen, könnten sich beispielsweise 27 Prozent der Befragten vorstellen, Strom auch von der Deutschen Telekom zu beziehen. Beim Unternehmen Varta sagen dies 23 Prozent der deutschen Konsumenten und beim dm-drogeriemarkt 20 Prozent. Für 17 Prozent der Befragten käme Ikea in Frage und für 16 Prozent der Online-Versandhändler Amazon.

Unter den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 45 Prozent, für die die Deutsche Telekom bei einem Wechsel des Stromanbieters interessant wäre. Strom von der Tageszeitung Bild können sich hingegen nur sieben Prozent der Befragten vorstellen. Das Ergebnis verdeutlicht die Markenrelevanz bei Energieprodukten, heißt es in der Studie. Insbesondere die Deutsche Telekom hätte gute Voraussetzungen für den Einstieg in den Stromvertrieb und könnte sich damit ein lukratives Geschäftsfeld erschließen, das zur Marke passt und die Wertschöpfung pro Kunde erhöht.

Verbraucher suchen nach Orientierung

Hans Meier-Kortwig von der GMK Markenberatung sieht in den Ergebnissen ein Indiz dafür, dass der Druck auf die Stromanbieter steigt, eine unverwechselbare Identität für ihre Marke zu entwickeln, sie am Markt zu etablieren und in ihren langfristigen Aufbau zu investieren. Bislang sei die Markenkommunikation der Energieanbieter allerdings nahezu deckungsgleich. „Jeder Anbieter verspricht seinen Kunden so ziemlich dasselbe. Angebot und Kommunikation der Stromlieferanten werden demzufolge als austauschbar wahrgenommen und führen bei den Verbrauchern aufgrund mangelnder Differenzierung zu sinkender Aufmerksamkeit und zu Gleichgültigkeit“, erklärt Meier-Kortwig.

Die bislang eher holprigen Versuche der Energieversorger in der Markenführung und im Markenaufbau werfen den Markenexperten zufolge die Frage auf, warum mehr Verbraucher Strom von der Deutschen Telekom beziehen würden als von „Lichtblick“, dem Marktführer im Bereich Ökostrom und einem der 20 größten deutschen Stromanbieter. 

Meier-Kortwig hält den Markennamen „Lichtblick“ für wenig geeignet: „Wie die Umfrageergebnisse zeigen, verbinden nur wenige Verbraucher mit ‚Lichtblick‘ einen Stromanbieter. Der Kunde zieht die Marke daher bei einem Wechsel nicht in Erwägung. Hier hat der Wettbewerber ‚Naturstrom‘ einen deutlich effizienteren Weg gewählt.“ Der Name sage klar, was sich hinter dem Angebot verbirgt. Dies spare eine Menge Kosten beim Markenaufbau.

Austauschbare Marketing-Storys

Laut GMK Markenberatung ist Markenführung bei Energieunternehmen besonders anspruchsvoll, gerade weil es sich bei der Versorgung des Verbrauchers mit Energie um eine austauschbare Standarddienstleistung handelt. Noch immer versuche der Großteil der Stromanbieter in Deutschland, sich über den Preis und über austauschbare Marketing-Storys zu differenzieren. Mit der Stiftung echten Nutzens sei es nicht weit her.

„Wer über Service, Beratung und Einfachheit echten Mehrwert bietet, kann hier den Unterschied machen“, betont Meier-Kortwig. Als Fazit der Studie betont er: „Eine Zeit der Krise ist auch immer eine Chance, und zwar für die Marke, die als Erste einen für den Kunden relevanten und glaubwürdigen Unterschied macht. Unternehmen müssen sich mit ihrer Marke auf Leistungen neben der Kernleistung Stromlieferung fokussieren und echte Markenwerte liefern, die klar auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet sind.“

(GMK Markenberatung/asc)