Spotify, Skype & Mojang: Wie die schwedische Sozialpolitik Stockholm zur Start-up-Hochburg macht

Schweden gibt allen Bewohnern die Möglichkeit, Unternehmer zu sein. Sechs Monate können Angestellte ihre Arbeit ruhen lassen und ihrer Geschäftsideen nachgehen. Nicht zuletzt durch derartige Gesetze ist Stockholm zur Start-up-Hauptstadt Europas geworden ist. Was kann Deutschland von den Schweden lernen?
Start-up-Paradies Stockholm (© ©Foto: unsplash/Jon Flobrant/ Montage: absatzwirtschaft)

Von Anne-Kathrin Velten

Schweden ist für seine soziale Gesetzgebung bekannt. Diese geht soweit, dass sie die Start-up-Wirtschaft ankurbelt und Unternehmertum vorantreibt. Das Gesetz „tjänstledighet“ gibt jedem das Recht, seine eigene Geschäftsidee voranzutreiben. Jeder, der seit mindestens sechs Monaten in Vollzeit beschäftigt ist, kann ein unbezahltes Sabbatical beantragen. Arbeitgeber können die Anfrage nur ablehnen, wenn der Mitarbeiter für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens von entscheidender Bedeutung ist. Außerdem darf die neue Idee weder mit der Firma des Arbeitgebers konkurrieren noch erheblichen Unannehmlichkeiten verursachen.

Das Gesetz hat Tradition. Seit mehr als 20 Jahren können Schweden bereits eine Auszeit beantragen, um Angehörige zu pflegen, sich weiterzubilden oder sich eben selbstständig zu machen. Die Schweden nutzten es lange Zeit ausschließlich für familiäre Belange, aber seit ein paar Jahren wird es mehr und mehr für das Gründen von Start-ups beantragt. Es ist einer der Gründe, warum die Landeshauptstadt Stockholm heute Start-up-Hauptstadt Europas ist.

Gesellschaft und Wirtschaft eng gekoppelt

Der größte schwedische Start-up-Erfolg ist Spotify. Das 2006 gegründete Unternehmen wird inzwischen an der New Yorker Börse gehandelt und besitzt eine Marktkapitalisierung von 24,5 Milliarden US-Dollar. Ein anderes Start-up ist Skype, das 2011 von Microsoft für 8,5 Milliarden Dollar erworben wurde, und Mojang, das Unternehmen hinter Minecraft, das 2014 ebenfalls von Microsoft übernommen wurde, für 2,5 Milliarden Dollar.

Gemäß dem sogenannten Nordischen Modell verfolgt Schweden eine Sozialpolitik, die Gesellschaft und Wirtschaft eng miteinander verbindet. Freie Bildung und Gesundheitsfürsorge sind Teil eines umfassenden steuerfinanzierten Systems mit entsprechend hohen Steuersätzen. Es gibt ein hohes Maß an Gewerkschaftsarbeit, wenig Korruption und eine dynamische Marktwirtschaft. Es wird Wert darauf gelegt, Menschen bei Bedürftigkeit zu unterstützen, zu Wohlstand zu gelangen und Gleichheit zu gewährleisten. Wenn es um die Elternzeit geht, werden die skandinavischen Nationen regelmäßig als Vorbild für andere Länder genannt.

Flache Hierarchien und mehr Zeit

Die Chance, sich als Gründungswilliger vollständig auf die eigene Idee konzentrieren zu können, ist weltweit eine Ausnahme. Nun können deutsche Unternehmen nicht die Sozialgesetzgebung ändern und das staatlich finanzierte Sabbatical einführen. Sehr wohl können sie sich aber ein Beispiel an der generellen Förderung des Unternehmergeistes in Schweden nehmen.

In schwedischen Firmen sind die Hierarchien flach. In Schweden hat Teamarbeit Tradition. Dies zahlt auch auf die Mitarbeiterzufriedenheit ein, die in schwedischen Unternehmen europaweit führend ist. Um Innovationsgeist zu fördern, wollen Firmen vor allem Routine verhindern. Für kreative Aufgaben steht deutlich mehr Zeit zur Verfügung, so eine Erhebung der Digitalagentur B-Reel.

Wie in Deutschland versuchen Arbeitgeber in Schweden, Diversität zu fördern. In Schweden arbeiten allerdings bereits mehr Frauen in Führungspositionen als hierzulande, ebenso sind die Teams deutlich internationaler. Durch die Schaffung dieses Klimas schaffen es die Schweden wie keine zweite Nation in Europa innovative Ideen hervorzubringen. Dies gilt für Innovationen innerhalb von Konzernen als auch für Neugründungen.