Social Media im Mobilfunkmarketing: Schneller als die Branche

T-Mobile US ist als frecher Teilnehmer im Mobilfunkmarkt der Staaten bekannt und erfolgreich geworden. Dabei geht leicht unter, dass die neuen Initiativen vor allem sehr intensiv auf die Kunden zugeschnitten sind. Social-Media-Analyse-Tools helfen dabei, die neu gewonnenen Kunden intensiv zu binden. Genutzt werden sie von der firmeneigenen „T-Force“.
Setzt nicht nur auf magentafarbene Turnschuhe, sondern auch auf Social Media: John Leger, schillernder Chef von T-Mobile US. (© T-Mobile US)

Die Telekom kann auch frech. Zumindest in den USA, wo die Mobilfunktochter des rosa Riesen eher ein Zwerg ist. Aber einer, der die großen Anbieter nun schon seit rund zwei Jahren das Fürchten lehrt. Lange Zeit als Problemkind des Konzerns gesehen, hat T-Mobile US mit spektakulären Initiativen 2013 das Ruder herumreißen können.

Radikalkur in Sachen Kundenorientierung

Der schillernde US-Chef John Leger, der als eine Art Varoufakis der Mobilfunkbranche oft mit Lederjacke und magentafarbenen Converse-Turnschuhen antritt, verpasste dem US-Ableger der Telekom eine Radikalkur in Sachen Kundenorientierung. „Uncarrier“ heißt seitdem die Serie an Angeboten – so grenzt sich T-Mobile US ganz bewusst von den klassischen „Carriern“ wie den drei größeren Wettbewerbern AT&T, Verizon und Sprint ab.

Die erste der „Uncarrier“-Initiativen, „Uncarrier 1.0“, versetzte den Markt in erhebliche Unruhe, denn statt preissubventionierter Handys mit unübersichtlichen Gebührenmodellen bot T-Mobile US nun zwar keine subventionierten Geräte, aber viel günstigere und auch klarere Verträge an. Zudem brach die US-Tochter mit dem bis dahin branchenüblichen Geschäftsmodell, Zweijahresverträge abzuschließen: Nun konnten die Kunden gegen eine monatliche Gebühr schneller ihre Geräte wechseln.

Kleinere Unternehmen als Zielgruppe

Jetzt, Mitte März 2015, ist schon „Uncarrier 9.0“ am Start, und wie jede der Initiativen bringt auch diese wieder frischen Wind in die US-Mobilfunklandschaft. So ging im Herbst 2014 bei „Uncarrier 7.0“ T-Mobile US als erster umfassend mit Wi-Fi-Calling an den Start. Mit der Technik, bei der nahtlos zwischen klassischer Mobilfunktelefonie und Telefonie über das WLAN gewechselt werden kann, will T-Mobile den in den riesigen USA besonders schwierigen Empfangsverhältnissen begegnen.

Bei der aktuellen Kampagne wiederum hat T-Mobile-US-Chef John Legere die kleinen Unternehmen im Auge, wie er am 20. März twitterte: „Uncarrier 9 bringt kleine Unternehmen dazu, zwei Dinge zu tun: 1. Zu T-Mobile zu wechseln oder 2. Mehr von AT&T und Verizon zu verlangen.“

„Wir müssen vorausschauend zuhören“

Doch nicht nur Chef Leger, dessen „legere“, humorige und manchmal auch grenzüberschreitende Art schon viele Fans gewonnen hat, nutzt die sozialen Medien intensiv. Bei T-Mobile US kümmert sich eine eigene Abteilung, die „T-Force“, darum, auch mithilfe von Social Media ganz nah am Kunden zu bleiben und auch beim Service zu punkten. Zuhören, engagieren, lösen – so heißt die Strategie, die Anliegen der Mobilfunknutzer möglichst schnell und reibungslos zu erledigen.

„Social Media ist enorm wichtig für uns“, betont Krissi Espindola, Director Knowledge Management & Social Customer Support bei T-Mobile US. „Wir müssen wissen, was unsere Kunden sagen, müssen vorausschauend zuhören. Wir müssen in der Lage sein, sie an uns zu binden und im Nachhinein auch eine Fanbase zu bilden. Und natürlich, ihre Anliegen erfolgreich zu bearbeiten. Dazu brauchen wir geeignete Tools.“

Das Werkzeug heißt SAP

Bei T-Mobile heißt das Werkzeug SAP. Gleich drei Teillösungen hat der Softwareanbieter für T-Mobile gebündelt. Über SAP hybris Marketing, SAP Real Time Offer Management und SAP Cloud for Sales, Service and Social Engagement begleitet die T-Force ihre Arbeit zu den Serviceanfragen der Mobilfunkkunden.

„Einer der Vorteile der Lösung ist, dass wir nicht nur verstehen, wie unsere Kunden sich über neue Produkte und Services im Netz unterhalten. Nehmen wir an, es geht um ein neues Samsung Gerät. Wir können die Social-Media-Beiträge dazu aggregieren, markieren, sie weiterverfolgen, wenn das neue Gerät erhältlich ist und unseren Kunden dann sagen, wo sie das Gerät dann kaufen können.“

Höhere Produktivität

Aber auch in der täglichen Servicebearbeitung hilft das Tool, wie T-Force-Mitarbeiterin Maria Gallegos zu berichten weiß. „Vorher war alles komplizierter. Jetzt sind wir auch weg vom bloßen Facebook- oder Twitter-Anschauen, wir können nun einbinden, mitmachen. Vorher war da keine Analyse, kein Tracking. Jetzt geht das ruckzuck und alles ist erledigt. Das macht meinen Job sehr viel produktiver.“

Um wie viel, das ist für ihre Chefin sogar zählbar. Espindola: „Seit wir die SAP Lösung nutzen, konnten wir unsere Produktivität um 15 Prozent steigern. Und wenn Sie sich unsere Lösungszeiten ansehen, so sind wir sehr viel schneller als alle anderen in der Branche.“

Dialog auch mit den Freunden der Kunden

Das bringt T-Mobile den Kunden näher, was Gallegos Kollege Joshua Martin unterstreicht: „Was ich an meinem Job liebe ist, dass ich die Hand noch weiter zu meinen Kunden ausstrecken und mit ihnen sprechen kann, nicht nur über deren aktuelles Anliegen, sondern auch über frühere Anfragen – mehr noch, ich kann sogar ihre Freunde ins Gespräch einbinden.“

Die Kunden wissen das zu schätzen. Abzulesen ist das an Rückmeldungen wie der unter Ticketnummer 37148 von Mark Nye: „I love T-Mobile again. Thanks to all our help, Josh. Der bedankt sich gebührend: „Whohoo. Thanks for the shout out.“

Lob für kundennahe Strategie

Derart starke Kundenorientierung ist auch Börsengurus wie dem unkonventionellen Jim Cramer nicht entgangen, der T-Mobile auf CNBC für die neue Initiative und seine Social Media Präsenz lobte. Das wiederum machte den Chef von Joshua Martin, Krissi Espindola, Maria Gallegos und Kollegen ganz glücklich. John Leger twitterte am 20.3. enthusiastisch: „WOW! I’m flattered, @jimcramer! Love having your support and glad you like #uncarrier9!! #Cramerica for life!“

Der Börsenbericht von CNBC, in dem Cramer sich im Gespräch mit Moderator Carl Quintanilla so lobend über T-Mobile und ihren Chef geäußert hat, startete mit trockenen Zahlen. Quintanilla: „T-Mobile ist nah dran an den höchsten Zahlen seit August.“ Für Jim Cramer liegt das an der kundennahen Strategie, die der Chef selbst durch sein reges Nutzen der Kanäle vorlebt. Cramer: „Er ist einfach überall, er ist der Herrscher der Social-Media-Kräfte.“

Abwanderungsrate verringert

Das zahlt sich aus. Noch 2012 war das Abwanderungsproblem für T-Mobile enorm groß. Für jeden Kunden, den sie gewann, verlor sie einen anderen. Seit sie im Zuge der „Uncarrier“-Kampagnen ihre Kundenbeziehung verbesserte, schneller passendere Antworten lieferte und nichts mehr anbot, was der Kunde schon abgelehnt hatte, hat sich die Abwanderungsrate enorm verbessert. War sie zuvor die höchste in der Branche, liegt sie aktuell deutlich unter der ihrer drei großen Wettbewerber.