Social CRM respektiert die neue Macht der Kunden

Die Machtverhältnisse zwischen Unternehmen und Konsumenten haben sich verändert. Der auf digitale Tools und Dienste zurückgreifende Kunde ist bestens vernetzt und bestimmt selbst, wann und wie er sich mit Unternehmen oder anderen Konsumenten in Verbindung setzt. Unternehmen sollten darauf reagieren und den Menschen Zugriff auf ihre Daten und Prozesse geben. Indem sie Verbrauchern die Chance zur Interaktion einräumen, begreifen sie Social Customer Relationship Management (Social CRM) als das, was es sein sollte: eine Philosophie. Der Praxisleitfaden „Social Commerce“ von Mind Business Consultants und absatzwirtschaft gibt wertvolle Hilfestellungen für das Echtzeit-Marketing.
Salesman stading oustide with electronic tablet

Klassisches Customer Relationship Management basiert auf einem innerbetrieblichen, operativen Denkansatz. Die effektive Pflege der Kundenbeziehung steht im Vordergrund. Social CRM dagegen verlangt die Fähigkeit, die Anforderungen der Kunden beim Verfolgen der eigenen Ziele zu berücksichtigen. Das Marketing muss daher die Kunst der Dialogführung beherrschen: Themen aufgreifen und diskutieren; zuhören und engagierte Gespräche führen. Der Vertrieb muss ebenfalls neue Wege identifizieren, um die Kunden für eine aktive Vertriebsunterstützung zu begeistern. Wichtig ist ferner der Aspekt „Supporting“: Wie kann das Unternehmen soziale Medien nutzen, um neue Service-Funktionen zu implementieren? Die Zielsetzungen von Social CRM sind dabei die Folgenden: erstens die Steigerung von Konversionsraten und Abverkäufen, zweitens eine engere Bindung bestehender Kunden an das Unternehmen, drittens die Gewinnung neuer Kunden – auch durch Empfehlungen – und viertens das Generieren von besseren Insights sowie Impulsen für Produktinnovationen.

Strukturierte Social Media-Interaktion

Spezielle Social Media-Tools schaffen die Interaktionsmöglichkeiten für Unternehmen in Bezug auf ihre Kunden. Geeignet können hier aber auch bestehende CRM-Systeme sein, die es zu integrieren gilt. Wichtig ist, dass das Zusammenwirken zwischen Unternehmen und Kunde systematisch und workflow-basiert angelegt ist. Zwingend erforderlich ist es, Social-Media-Daten mit klassischen Daten zu verknüpfen. Denn Social CRM bedeutet, dass diese beiden Welten zusammengeführt werden müssen. Karl-Heinz Land, Senior Vice President bei MicroStrategy, rät, hierfür die Erlaubnis der Kunden einzuholen: „Der Königsweg für die Verbindung der beiden Welten wird Permission-based sein. Man sollte nicht versuchen, mit irgendwelchen semantischen Matching-Algorithmen Data-Warehouses ins Social Web zu übertragen. Man muss dem Kunden stattdessen klarmachen, warum er Zugang zu seinen Daten gewähren sollte und welchen Nutzen er davon hat. Und man sollte ihm das Gefühl geben, dass er diese Daten steuert.“

Internes Social Networking bei Dell

Während Social Media und Social-Media-Intelligence häufig direkt im Marketing und damit in der Unternehmenskommunikation angesiedelt sind, kommt mit Social Commerce auch die IT ins Spiel – im Sinne von System- und Datenintegration. Diese verschiedenen Bereiche müssen auf ein gemeinsames Ziel abgestimmt werden. Und: Eine ganzheitliche Customer Experience kann nur dann umgesetzt werden, wenn ein gemeinsames Verständnis von Social Media im gesamten Unternehmen vorhanden ist und wenn akzeptiert wird, dass Vernetzung wichtig ist. Hierzu wiederum ein Fallbeispiel: Der Technologiekonzern Dell nutzt Salesforce Chatter als Werkzeug für unternehmensweite Teamarbeit, das nach dem Prinzip des Social Networking funktioniert: In Echtzeit haben Mitarbeiter und Teams stets den Status von Projekten, Kunden, Prozessen, Dokumenten und Programmen im Blick. Als erste Geschäftsanwendung für Social Networking erlaubt Chatter seinen Nutzern, Profile und Gruppen anzulegen. Zudem verfügen die Nutzer über Informationen, wie Kunden potenziellem Neugeschäft und Supportfällen folgen. Durch seine Push-Funktion liefert Chatter dabei automatisch alle relevanten Updates – die aufwendige Suche nach Informationen wird so reduziert und die Arbeitseffizienz gesteigert. Dadurch gelingt es, eine Mitmachkultur zu erzeugen.

Make More Sales

Werden soziale Medien als Absatzkanal genutzt, kommt es darauf an, die Verkaufsprozesse mithilfe der sozialen Technologien zu optimieren. Der Einsatz von Social CRM kann die Verkaufszahlen über einen Facebook-Store positiv beeinflussen. Denn sowohl die Shop-Anbindung innerhalb der eigenen Facebook-Seite als auch die Integration von Social Plugins wie des „Like“-Buttons können für zusätzliche Umsätze sorgen. Sie verbreiten die eigene Marke auf Facebook und generieren dadurch zusätzlichen Traffic für den eigenen Onlineshop.

Umsatzsteigerungen können auch durch die Verbesserung der Customer Experience erreicht werden. Denn Mechanismen wie Sales-Promotions und Gutscheinaktionen funktionieren sowohl im stationären Handel als auch online. Sie fördern den direkten Abverkauf und bieten dem Verbraucher einen direkten Vorteil. Dabei können Anbieter ihre Fans auf vielfältige Art und Weise belohnen. Von Heinz Ketchup wurde beispielsweise eine „Fans First“-Aktion durchgeführt, bei der den Fans der Marke ein neues Produkt vor dem offiziellen Launch verkauft wurde. Auch Coca-Cola findet unter dieser Maxime erfolgreich Abnehmer für Merchandise-Produkte in seinem F-Store.

Kunden als Markenbotschafter gewinnen

Ein legitimes Ziel für Social Commerce ist die Neukundenakquise. Im Rahmen des Social CRM-Ansatzes bietet sich hierfür einerseits Social Media Optimisation an: Updates werden mit der Zielsetzung produziert, dass sie gesehen werden und die User darauf klicken. Um die Click-through-Raten nachhaltig zu steigern, sind folgende Überlegungen wichtig: Lernen Sie als Unternehmen die Nutzer der für sie relevanten Foren, Communitys und sozialen Netzwerke kennen: Wann tauschen sich die Mitglieder zu welchen Themen aus und warum tun sie dies? Das hilft zu verstehen, welche Inhalte am besten funktionieren, sodass Ihr Unternehmen den Inhalt so ausspielen kann, dass er öfter geklickt wird. Timing ist ebenfalls wichtig. Wie Websites haben auch soziale Netzwerke Peaks und Zeiten geringer Nutzung. Auch sollten Sie ein Verständnis davon erlangen, wozu die unterschiedlichen Plattformen in Anspruch genommen werden. Zum Beispiel sehen 40 Prozent der Twitter-Nutzer das Medium primär als Nachrichtenkanal an, während Facebook immer mehr als Kontakt- und Kommunikationsmedium fungiert.

Engagement ist eine zweite Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen. Dies erfordert einen empathischen Ansatz: Das Unternehmen vernetzt sich stärker mit den eigenen Fans und Followern. Die Facetten dabei sind vielfältig: Fans engagieren sich für die Marke, verbreiten eine positive Stimmung, kommunizieren Spaß und Vorfreude und vermitteln an der ein oder anderen Stelle möglicherweise auch Toleranz in dem Sinne, dass der Marke auch Fehler verziehen werden. Unternehmen sollten mit ihren treuesten Kunden starten und mit ihren Markenfans arbeiten. Denn diese Menschen neigen dazu, mehr zu kaufen – laut einer aktuellen IBM-Studie sind es im Durchschnitt bis zu 25 Prozent mehr Käufe – und sie verschaffen dem Unternehmen neue Kunden durch Empfehlungen. Beispielsweise sind etwa 17 Prozenten der Apple-Käufer über persönliche Empfehlungen motiviert worden. Empfehlenswert ist es, zunächst eine kleine Kampagne online zu positionieren und den Erfolg zu messen. Dann kann über neue Kampagnen und Alternativen entschieden werden.

Entscheidungsprozesse innerhalb der Zielgruppe fördern

Werden SMO und Engagement verknüpft, sollte der Fokus auf drei Handlungsmustern liegen, die den Erfolg des Online-Marketings optimieren. Erstens: Das Entdecken vereinfachen: Welche Wege bevorzugt die Zielgruppe oder Fan-Community bei der Informationsbeschaffung? Verwendet sie eher Suchmaschinen-Funktionen oder hört sie sich in sozialen Netzwerken um? Reagiert sie eher auf Werbeanzeigen oder stärker auf E-Mail-Marketing? Und lässt sie sich von Empfehlungen überhaupt zum Kauf motivieren? – Liegen dem Unternehmen hierzu verlässliche Daten vor, kann der Zielgruppe über die relevanten Kanäle substanzieller Mehrwert geliefert werden. Zweitens: Entscheidungsprozesse unterstützen: Welche inhaltlichen Formate und Medientypen bevorzugt die Zielgruppe oder Community? Befasst sie sich mit ausführlichen Produktinformationen oder braucht sie kurze Übersichten? Sind auch Fotos und Videos zur Illustration nötig? Drittens: Die Zielgruppe muss ihre Erfahrungen teilen können: Welche Themen, Botschaften und Hintergründe motivieren die Fan-Community, diese weiterzugeben, ihre Erfahrungen zu teilen und darüber hinaus zu interagieren?

Bei der Überlegung, wie Kunden als Markenbotschafter gewonnen werden können, spielen sozialpsychologische Heuristiken eine wichtige Rolle. Denn Menschen neigen dazu, der Masse sowie den eigenen Interessengruppen zu folgen. Sie erwidern außerdem Gefälligkeiten und messen der Tatsache, dass ihre Stimme gehört wird, einen hohen Stellenwert bei.

Kundenbindung und Community-Aufbau

Im Rahmen ihrer Social-Media-Kommunikation setzen viele Onlinehändler auf Kundenbindung. Es wird ein authentischer Dialog aufgebaut und Transparenz gezeigt. Soziale Technologien werden eingesetzt, um die bestehenden Kunden beispielsweise mithilfe von exklusiven Angeboten zu binden. Dialog-, Empfehlungs- und Kommentarfunktionen sind in allen Social Media-Plattformen zu finden. Denn die Kommunikation in jeder Phase des Kaufentscheidungsprozesses erhöht die Kundenbindung und die Markenloyalität. Einerseits können öffentliche Dialogplattformen ein breites Themenspektrum tief durchdringen und für eine große Nutzerschaft verfügbar machen. Andererseits bieten Ansätze wie Service-Chats die Möglichkeit, individuelle Fragestellungen bis hin zu Rechnungsfragen direkt zu klären. Diese Funktionen müssen auf jeden Fall ständig überwacht werden. Denn jeder, der eine Produktanfrage stellt, sich mit der Marke befreundet oder einen Feed abonniert, ist ein potenzieller Kunde, um den sich das Unternehmen kümmern sollte. Dabei sollten nicht nur die eigenen Social Media-Kanäle betreut werden. Proaktiver Support ist auch in unternehmensfremden Foren und Blogs zu gewährleisten.

Der Aufbau einer Community gelingt besonders gut, wenn das Produkt oder die Dienstleistung als Teil oder Gegenstand dieser Community angesehen wird. Das folgende Fallbeispiel über Sony verdeutlicht dies: In der Kameracommunity von Sony tauschen sich Interessierte zum Thema digitale Spiegelreflexfotografie (DSLR) und Alpha-Kamera aus. Sony ist davon ausgegangen, dass es ohnehin eine Online-Kommunikation zum Produkt gegeben hätte. Somit hat sich die Idee, das Forum zu einem eigenen zu machen, als erfolgversprechend erwiesen. Die aus den Dialogen gewonnenen Insights stehen direkt den Entscheidern zur Verfügung. Sie werden von der Produktentwicklung verwertet, wodurch das Unternehmen Recherchekosten spart.

Aktives Zuhören plus Aufbereitung der Daten

Das Monitoring von sozialen Netzwerken ist nur der erste Schritt im Rahmen eines effektiven Social Media-Managements. Das aktive Zuhören liefert Managern weiterreichende Informationen, die das eigene Unternehmen betreffen und für künftige Entscheidungen bedeutsam sein können. Die aus Beobachtung und Reporting des Social Web systematisch generierten Insights sollten dann im zweiten Schritt aufbereitet und in eine praxisrelevante Systematik transformiert werden. Sie stellt einen Leitfaden für künftiges Handeln dar. Ziel ist es, allen Entscheidern ein definiertes Set an Informationen über das Marktumfeld bereitzustellen.

Hintergrund ist die Beobachtung, dass sich die Online-Gespräche aufgrund der Anonymität des Mediums und der Alltagssituation der Nutzer durch ein hohes Maß an Offenheit und Authentizität auszeichnen. Somit liefert die Analyse von Meinungsbildungsprozessen sehr brauchbare Informationen über mögliche neue Anwendungsfelder und Anhaltspunkte für die Modifizierung von Produkten und Dienstleistungen. Und die beste Imagewerbung für ein Unternehmen ist ein gut aufgestelltes Team, das sich ausschließlich um Kundenbeschwerden kümmert, jeden Fall ernst nimmt und individuelle Lösungen bei Problemen bietet. Netzwerkeffekte werden stimuliert, die Resonanz in den unternehmensfremden „Assets“ (Earned Media) fällt positiv aus und wird in andere Web-Bereiche weitergeleitet. asc

Zum ersten Teil der Artikelserie über die Socical-Commerce-Studie – „Die Verwandlung sozialer Netzwerke in einen Absatzkanal“ – gelangen Sie hier. Teil 2 – „Der Werkzeugkasten für virtuelle Shopping-Erlebnisse“ – ist über diesen Link abrufbar.

Über die Studie:
Der Praxisleitfaden „Social Commerce – Show me the money“ wurde vom Beratungshaus Mind Business zusammen mit absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing veröffentlich. Er richtet sich an Unternehmen, die Social Media strategisch in das Kundenbeziehungsmanagement einbinden und dabei einen hohen Return-on-Investment erzielen möchten. Alle Kapitel enthalten zahlreiche Praxisbeispiele und Auszüge aus Experteninterviews. Social CRM als strategischer Rahmen für E-Commerce mit sozialer Interaktion wird in einem gesonderten Kapitel beschrieben. Für die Strategieentwicklung stellen die Autoren einen Fahrplan für die digitale Transformation des Social CRM vor. Abschließend enthält die Studie eine Übersicht zahlreicher Unternehmen, die Softwaretools für Social CRM und damit für Social Commerce anbieten.

Zum Download der Studie leiten wir Sie auf die Webseiten von absatzwirtschaft weiter.