So setzen Marken erfolgreich auf Influencer Marketing

Influencer Markting ist ein Begriff, unter dem sich mittlerweile jeder etwas vorstellen kann. Doch das Konzept dahinter ist weder eine Erfindung der Social-Media-Ära, noch ist es ein automatischer Erfolgsgarant, der kaum Aufwand oder Konzepterstellung bedarf. Es braucht eine klare Strategie.
Influencer Marketing scheint simpel, ist jedoch alles andere als ein Selbstläufer. (© Unsplash/Bastian Riccardi)

So negativ behaftet der Begriff Influencer*in auch sein mag: Aus Marketingsicht steckt weit mehr dahinter als junge, oberflächliche Social-Media-Pin-ups, die mit offenbar wenig Arbeit viel Geld verdienen. Influencer Marketing ist mit seiner klar messbaren Reichweite und dem unbestrittenen Einfluss seiner Akteure, der schon in der Bezeichnung verhaftet ist, aus dem Werbemittel-Reservoir vieler Unternehmen nicht mehr wegzudenken.

Influencer Marketing: Keine Erfindung des digitalen Zeitalters

Eine Erfindung des digitalen Zeitalters ist das Influencer Marketing indes nicht. Das „Forbes“-Magazin führt es auf den Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikation zurück, ein Kommunikationsmodell nach Paul Lazarsfeld, das der Soziologe bereits 1940 formulierte.

Zur damaligen US-Präsidentschaftswahl kam er in seiner Forschung zum Einfluss von Massenmedien zu dem Schluss, dass Meinungen stärker durch interpersonale Kommunikation geprägt würde denn durch jene Medien selbst – diese benötigen also eine Zwischenstufe in Form eines Meinungsmachers oder einer Meinungsmacherin. Werbetreibende bedienen sich bei diesem zwischengeschalteten Sprachrohr heute gerne der Stimme von Influencer*innen.

So funktioniert Influencer Marketing

Anstatt die breite Masse mit einer breit angelegten Marketingkampagne anzusprechen und so auf Konversion zu hoffen, konzentriert sich Influencer Marketing also auf einzelne Individuen, die eine kleinere, aber dennoch nicht unerhebliche Menge gezielter erreichen können – idealerweise auf eine Art und Weise, die der Zielgruppe persönlicher, natürlicher und glaubwürdiger erscheint. Dadurch geschieht die Kommunikation vertikaler, indem sie von oben nach unten über zwischengeschaltete Instanzen weitergeführt wird und idealerweise einen Effekt der Weiterempfehlung, langfristige Kundenbindung sowie unmittelbare Konversion schaffen soll.

Gerade mit dem Wachstum sozialer Netzwerke in den vergangenen Jahren hat sich diese Idee als zunehmend beliebt bei Marken erwiesen. Zahlen des „Influencer Marketing Hub“ zufolge dürften die globalen Ausgaben von Unternehmen für Influencer Marketing 2022 die Summe von 16 Milliarden Dollar übersteigen. 2017 waren es noch drei Milliarden Dollar.

Auch in Deutschland wird das Konzept immer populärer, wie der Bundesverband für Digitale Wirtschaft in einer Umfrage ermittelte. Demnach waren lediglich zwölf Prozent der Unternehmen hierzulande im Jahr 2018 bereit, mehr als 100.000 Euro für Influencer Marketing auszugeben – zwei Jahre später waren es bereits 25 Prozent. In der Corona-Pandemie sahen rund 70 Prozent der Unternehmen die Bedeutung dieser Marketingform als deutlich gestiegen an.

Ein zunehmend beliebtes Konzept also, das denkbar simpel erscheint, allerdings alles andere als ein Selbstläufer ist, sondern ein Marketingkonzept, das einer durchdachten Strategie bedarf.

Für wen Influencer Marketing Sinn ergibt

Mit der steigenden Beliebtheit hat sich auch das Vorgehen beim Influencer Marketing gewandelt. Anstatt lediglich einen Fuß ins Wasser zu halten und es neben zahlreichen anderen Strategien nebenbei laufen zu lassen, wird es meist als fester Teil der Kampagne gesehen, für den es ein eigenes Budget und Konzept gibt.

Nicht für jedes Unternehmen oder Produkt ergibt es dabei Sinn, viel Zeit und Geld in diese Art des digitalen Marketings zu investieren.

Ana Codallo, CTO und Influencers Officer bei Key Opinion Leaders, rät im „Forbes“-Magazin, sich drei Fragen zu stellen, um die Notwendigkeit von Influencer Marketing zu ermitteln:

  1. Kann jemand, der nicht vom Fach ist, das Produkt oder die Leistung erklären?
  2. Kann ein potenzieller Kunde die Kostenstruktur des Produkts oder der Leistung ohne direkte Interaktion verstehen?
  3. Lässt sich ein kostenloses Probe- oder Rabattangebot als Einstieg anbieten?

Lassen sich diese Fragen mit ja beantworten, könnten Influencer*innen als Teil der Marketingstrategie in Betracht gezogen werden.

Micro statt Makro: Reichweite für Authentizität opfern 

Nach der Entscheidung steht ein Unternehmen vor der Wahl: Kollaboriert man mit Nano- oder Micro-Influencer*innen, schnappt man sich eine oder einen Mega-Influencer*in mit Millionen-Reichweite oder setzt man gar auf Star-Power? In einer Zeit, in der Promis die größte Anhängerschaft auf Instagram und Twitter verzeichnen, verschwimmen die Grenzen zwischen Influencer*in und klassischem Star-Testimonial. Man erinnere sich nur an die kleine Geste von Cristiano Ronaldo (aktuell knapp eine halbe Milliarde Follower auf Instagram), der bei einer Pressekonferenz eine Coca-Cola-Flasche von sich wegstellte und die Aktie des Unternehmens damit einbrechen ließ. Ein solches Potential lässt sich medial auch positiv nutzen. 

Was können Influencer*innen, wen erreichen sie und wo agieren sie? Klare Daten zu Person und Plattform sind ein Muss bei der Wahl. ©Unsplash/Carlos Muza

Ein Trend der Stunde im Influencer Marketing sind allerdings Micro-Influencer. Das sind solche Social-Media-Einflussnehmer*innen, die statt Follower-Zahlen in Millionenhöhe eine kompakte, aber treue Anhängerschaft zwischen 10.000 und 100.000 aufweisen. 

Sie sind in der Regel günstiger als die großen Stars der Szene, weswegen sich Unternehmen gerne auf eine Schar von „Micros“ konzentrieren, anstatt viel Budget auf ein größeres Pferd zu setzen. 

Doch das birgt auch Risiken. Marketing-Unternehmer Michael Bernecker nennt Micro-Influencer-Marketing im Gespräch mit dem „Deutschen Institut für Marketing“ in einer Welt, die vornehmlich von Reichweite geprägt ist, ein „mühseliges Geschäft“: „Gibt es beispielsweise eine Community mit einem Potential von 100.000 potenzieller Kunden und ich arbeite mit vier, fünf Micro-Influencern zusammen, die in der Summe vielleicht auf 2000 Reichweite kommen. Da muss man schon überlegen, welcher Aufwand für die paar Kontakte betrieben wird.” 

Eine kleine Follower-Zahl hat hingegen auch Potential. Gemeinhin werden solche Influencer*innen von ihrer Anhängerschaft als glaubwürdiger und authentischer wahrgenommen. Produkte und Leistungen, die von spezialisierten Influencer*innen mit Expertise und einer themenaffinen Gefolgschaft profitieren können, fahren unter Umständen besser, wenn sie ein wenig Reichweite für ein langfristigen Imagegewinn opfern. „Wenn ich es schaffe, immer wieder von vier, fünf Micro-Influencern, die in der Branche eine hohe Reputation haben, auch noch so einfach präsentiert und erwähnt zu werden, dann ist es natürlich für die Reputation der Brand super erfolgreich“, erklärt Bernecker. 

In jedem Fall ist ein Blick auf die Daten von Followerzahl über Zielgruppe bis hin zu Engagement Pflicht, bevor die Wahl auf einen Influencer oder eine Influencerin fällt – ob Macro oder Mega.

B2B-Influencer-Marketing: Ein unterschätztes Feld 

Auf Qualität statt Quantität kommt es auch im Influencer Marketing auf B2B-Ebene an, ein unterschätztes, aber wichtiges Gebiet, wie Sandra Gärtner, Mitgründerin des Marktforschungsdienstleisters GreendAdz sowie CEO von Mediaresearch42, dem Magazin von „Statista“ erklärt: „Auch in B2B steht Influencer Marketing auf einem ähnlichen Level wie gedruckte Mailings und kann ergänzend zu PR-Maßnahmen eingesetzt werden – Tendenz deutlich steigend.“

Die Herausforderungen seien immerhin die gleichen wie bei B2C, wie Gärtner ausführt: „1. Die Wirkung von klassischer Werbung lässt aufgrund der Informationsflut nach, 2. Online und Social Media überholen Print und 3. Die Fachkräfte, die diese Kanäle ausfüllen, werden rar oder entscheiden sich eher für B2C-Marken als Arbeitgeber.“ 

Lediglich die Umsetzung einer solchen Kampagne unterscheide sich. Bei der Auswahl von B2B-Influencer*innen seien nicht die Reichweite oder der sogenannte Brand Fit entscheidend, sondern Autorität, Authentizität und branchenrelevante Expertise. 

Auch die Plattformen sind hier andere: „Was Instagram und Tiktok in B2C sind, sind Xing und LinkedIn in B2B. Und als Distributionskanal von Social-Media-Kampagnen ist Facebook für B2C und B2B nach wie vor nicht zu unterschätzen“, erklärt Gärtner. 

Die Frage nach der Plattform

Die Frage nach der Plattform ist generell ein wichtiger Punkt, sowohl bei B2B als auch B2C. Nach wie vor scheint Instagram zumindest zahlenmäßig das Nonplusultra in Sachen Sponsored Posts und Auswertungen des „Influencer Marketing Hub“ zufolge ist die Fotoplattform aufgrund seiner enorm hohen Engagement-Rate nach wie vor unübertroffen, wenn es um Influencer Marketing geht. Auch Tiktok wird mit seiner großen Nutzerzahl und jungen Zielgruppe immer attraktiver für Marketer.

Doch wenn es nicht gerade um ein Fitness- oder Food-Produkt geht, für das Instagram wie geschaffen ist, lohnt sich ein Blick über den virtuellen Tellerrand. Plattformen wie Pinterest können für Lifestyle-Produkte ein williges Publikum bieten, während LinkedIn sich zunehmend als Zuhause für Influencer*innen fachbezogener Themen oder von B2B-Inhalten etabliert.

Ratsam ist bei der Wahl der Plattform – und damit auch der Influencer*innen – eine eingehende Analyse der eigenen Ziele und der jeweiligen Apps. So tummeln sich Statistiken von „Smart Insights“ zufolge vorwiegend Frauen auf Facebook, Instagram und Tiktok, während Youtube, Twitter und Reddit bei Männern beliebter sind. Auch in Sachen Geschlecht, Alter und Regionalität sind Unterschiede zu beachten. 

Das „Influencer Marketing Hub“ hat indes einen Trend bei Influencer*innen identifiziert, Super-Fans zu haben, die ihnen auf jede Plattform folgen. Häufig gibt es demnach keine reinen Instagram-Blogger, Youtuber oder Tiktoker mehr, sondern „Social-Media-Multimedia-Stars“, die ihr Können – und die von ihnen beworbenen Produkte – im ganzen Netz zur Schau stellen. Dies sollte in einer breiten digitalen Marketingstrategie genutzt werden: Was auf Facebook funktioniert, funktioniert vielleicht auf Tiktok nicht, doch wer mehrere Kanäle für sich zu nutzen weiß und zusätzlich womöglich Influencer*innen treu an sich bindet, kann sich einen enormen PR-Vorteil erarbeiten.

Zukunftsaussichten: Influencer-Kampagnen setzen zunehmend auf Live Shopping

Ein großes Thema in Sachen E-Commerce und digitales Marketing ist zudem das Thema Live-Shopping, das während der Corona-Pandemie einen großen Schub bekam und sich Expert*innen zufolge weiterhin im Wachstum befindet. Auch für Influencer*innen werden Streaming-Events mit Live-Shopping-Optionen immer wichtiger, insbesondere auf Tiktok oder Youtube. Doch auch Amazon, Facebook, und Instagram haben allesamt bereits Livestreaming-Shoppingtools und Partnerschaften, die mithilfe von Influencer*innen für unmittelbare Konversion genutzt werden können. Ein direkter Draht zwischen Marketing und E-Commerce – davon können viele Unternehmen nur träumen.

Für welches Vorgehen man sich auch entscheidet: Wer auf Influencer Marketing setzt, profitiert davon am meisten, wenn es Teil einer klar definierten Kampagne ist und genauen Zielen und Strategien folgt.