So führt Co-Creation zu effektiven Kampagnen und Markenbindung

Wer seine Zielgruppe nur aus Studien kennt, arbeitet schnell an ihr vorbei. Wird sie hingegen in Marketingprozesse integriert, gewinnen Marken auf mehreren Ebenen. Wie mit Co-Creation Next-Level Brand-Experiences entstehen können, erklärt unsere Gastautorin.
Sonja Reddig ist Konzeptionerin bei der Düsseldorfer Kommunikationsagentur Stagg & Friends. (© privat)

Was haben ein Kletterer und eine Triathletin gemeinsam? Was wie der Anfang eines Witzes klingt, ist eine ernstgemeinte Frage. Sie zeigt, wie unterschiedlich Zielgruppen auch in einer vermeintlich engen Peergroup „Extremsportler*innen“ sein können.

Selbst ausgeklügelte Zielgruppenanalysen können hier nur bedingt weiterhelfen. Um Marketingkampagnen nicht für die Tonne zu produzieren, sollten sich Marken häufiger mit ihrer Zielgruppe austauschen – und zwar wirklich und auf Augenhöhe.

Praktiken aus anderen Bereichen adaptieren

Co-Creation, also das gemeinsame Entwickeln, wird bereits oft in der Produktentwicklung angewendet. Lego lässt beispielsweise unter „Lego Ideas“ die Kund*innen selbst zu Designer*innen werden.

Das Vorgehen ist dabei recht simpel: Markenverantwortliche setzen sich mit Vertreter*innen der angestrebten Zielgruppe in einem Raum, briefen sie zum Ziel des Treffens und leiten sie anhand von Fragen durch den Kreationsprozess.

Effekte von Co-Creation im Marketing

Mindestens zwei positive Effekte können durch die Anwendung von Co-Creation ausgelöst werden: Effektivere Kampagnen und nachhaltige Experiences werden entwickelt und die Zielgruppe wird an die Marke gebunden. Wie? Das lässt sich anhand eines Beispiels leicht erklären: Im Rahmen eines Rebrandings und da der Wettbewerb im Bereich Nahrungsergänzungsmittel für Profi- und Hobby-Sportler*innen sehr groß ist, veranstaltete die Brand Powerbar ein Markenerlebnis für Sportbegeisterte. Um dabei die Markenwerte zu transportieren, ließen wir als Agentur der Brand Fitness-Influencer*innen und Profisportler*innen eine Experience kreieren, die ihren alltäglichen Bedürfnissen entsprach und somit gleichzeitig die Marke als Begleiter im Training positionierte. Wichtig: Die Co-Creator von Anfang an ernstnehmen.

Daher verlief schon die erste Befragung zielgruppengerecht: Um die nächste Frage freizuschalten, mussten die Interviewten zum Beispiel einen fünfminütigen Plank oder eine Yoga-Übung machen. Am Ende des Co-Creation-Workshops zeigten sich Schnittmengen bei Problemen und Wünschen der unterschiedlichen Sportexpert*innen – von ganz banalen Dingen, dass gefühlt 90 Prozent der Trinkflaschen nicht unter handelsübliche Wasserhähne passen, bis hin zu essenziellen Herausforderungen wie mangelndes Zeitmanagement (wenn die Marke hier Unterstützung und Engagement bereitstellt, kann das die Markenbindung stärken). Letztendlich veranstaltete Powerbar ein vielschichtiges und tiefgehendes Sporterlebnis mit verschiedensten spaßigen und lehrreichen Stationen, die alle Teilnehmenden zu besseren Sportler*innen macht – unabhängig von ihrer Sportart.

Co-Creation im Marketing kann zudem für mehr Markenbindung sorgen. Denn das gemeinsame Arbeiten an einem Projekt stärkt die Verbindung extrem. Indem eine Marke ihre Zielgruppe in den Entwicklungsprozess integriert, fühlt sie sich wertgeschätzt. Netter Nebeneffekt: Identifizieren sich die Teilnehmenden mit dem Ergebnis, werden sie im Handumdrehen zu Markenbotschafter*innen.

Stolpersteine für Co-Creation im Marketing

Damit das Ergebnis des Co-Creation-Prozesses auf die Marketingziele einer Marke einzahlt, sollten folgende Fehler vermieden werden:

  1. Die falschen Expert*innen einladen: Die Zielgruppe muss repräsentiert werden. Das bedeutet, dass man nicht nur mit den treuesten und zufriedensten Kund*innen spricht.
  2. Zu wenig Anleitung: Ein*e Moderator*in sollte ein offenes und kollaboratives Umfeld schaffen, in dem jede*r sich traut, zu sprechen und auch gehört wird.
  3. Die Ideenfindung zu sehr kontrollieren: Auch wenn es schwerfällt und man als Markenverantwortliche*r jede Idee im Kopf gleich mit der Marketingstrategie abgleicht. Co-Creation muss auf einer grünen Wiese ohne Zäune stattfinden. Selektieren und bei Bedarf modifizieren kann das Projektteam hinterher immer noch.
  4. Das Endergebnis zu sehr beeinflussen: Die in der Co-Creation-Phase entstandenen Ideen müssen sich im Endergebnis widerspiegeln. Wenn sich Expert*innen Zeit für das gemeinsame Projekt nehmen, sollten sie sich und ihre Ideen am Ende auch in der Brand- oder Product-Experience wiederfinden.
  5. Die Teilnehmenden nicht in die Vermarktung integrieren: Niemand kann die Marketingaktion authentischer bewerben als die, die sie entworfen haben. Die Reichweite der Expert*innen sollten Marken also nutzen. Und das gelingt am besten, wenn sie wirklich vom Ergebnis begeistert sind (bestenfalls posten sie dann sogar über das vertraglich Vereinbarte hinaus).