So funktioniert Controlling im Web

Wer Kunden locken und auch halten will, für den ist Web-Controlling unentbehrlich. Mit passenden Tools lassen sich Verhaltensdaten der Nutzer systematisch sammeln und auswerten. Anbieter gibt es in Hülle und Fülle.

Eine Firma richtet einen Webshop ein. Die Produkte sind vielfältig, der Bestellvorgang scheinbar simpel, Angebote werden via Newsletter und Werbebanner kundgetan – doch trotz allem springen die Kunden nicht richtig darauf an. „Die Konkurrenz ist im Netz oft nur einen Klick entfernt. Deswegen müssen sich Unternehmen in der Online-Welt weitaus mehr Gedanken darüber machen, wie sie ihre Kunden zufriedenstellen“, sagt Daniel Gremm.

Der Münchner Online-Marketing-Berater weiß, wovon er spricht: Gremm trainiert in Zusammenarbeit mit Industrie- und Handelskammern bundesweit Selbstständige und Unternehmen in Sachen Web-Controlling. „Der Schritt von der Offline-Welt ins Web fällt vielen noch schwer: Sie müssen lernen, sich im Netz hundertprozentig auf die Kundenbedürfnisse einzulassen“, sagt Gremm. „Für kleine und mittlere Unternehmen, die online aktiv sind, ist Web-Controlling elementar, um ihr Angebot stetig und effizient zu verbessern.“

Vor der Datensammlung steht die Zielformulierung

Mit dem Begriff Web-Controlling bezeichnen Marketing-Experten alle Maßnahmen zur Erfolgskontrolle und -steuerung einer Webseite. Verhaltensdaten von Kunden und Nutzern werden systematisch gesammelt und ausgewertet. Bevor es dazu kommt, muss ein Unternehmen aber zunächst seine Ziele formulieren. „Das kann zum Beispiel der Wunsch sein, den Umsatz eines Shops zu steigern oder zunächst einmal mehr Besucher anzulocken“, sagt Christian Bennefeld, Geschäftsführer der etracker GmbH. Diese zählt zu den europaweit führenden Anbietern von Produkten und Dienstleistungen zur Optimierung von Websites und Online-Marketing-Kampagnen.

Tools für die Web-Analyse helfen Unternehmen, ihre gesteckten Ziele zu erreichen. „Bei der Analyse sollte immer der komplette Weg des Kunden betrachtet werden – vom Klick auf eine Online-Werbung, über die Bestellung im Shop bis hin zum Kauf beziehungsweise Zurückschicken der Ware“, sagt Bennefeld. Erst dann könne die Seite entsprechend optimiert werden.

Deutschlandweit gibt es dafür Lösungen von etwa 150 Anbietern. „Von kostenlosen bis kostenpflichtigen Instrumenten, für kleine bis riesige Datenmengen ist alles vorhanden. Es herrscht die Qual der Wahl“, so Daniel Gremm. Laut einer Studie des Beratungs- und Forschungsinstituts ibi research an der Universität Regensburg setzen knapp zwei Drittel der Online-Händler derzeit auf ein Web-Controlling-Tool.

Von Golfschlägern verfolgt

Marktführer ist Google Analytics, das Instrument ist relativ einfach zu bedienen und kostenlos. „Allerdings zahlen die Unternehmen mit den Daten ihrer Website-Besucher, die Google zur Profilbildung nutzt, um gezielt zu werben“, sagt Christian Bennefeld. Zum Beispiel durch „Behavioural Targeting“, also interessenbasierte Werbung: Hat etwa ein Hobbygolfer einen Sportartikel-Shop besucht, dürften ihn die Golfschläger noch länger verfolgen. Wenn er sich vielleicht gerade auf einer Nachrichtenseite befindet, taucht dort plötzlich entsprechende Werbung auf. „Und diese Angebote können auch vom Wettbewerber stammen“, kritisiert Bennefeld.

Etracker will keinen Profit aus den Nutzerprofilen schlagen: Das Unternehmen bietet kostenpflichtige „Optimisation Suites“ mit Extra-Funktionen an. „An der Ladentheke zeigt dem Verkäufer ein Lächeln des Kunden, dass dieser zufrieden ist. Online ist das nicht möglich“, sagt Bennefeld. Auf Wunsch können deshalb mit den etracker-Tools Kunden direkt befragt werden, wie zufrieden sie mit dem Shop sind. Auch lässt sich ein Feedback-Button auf der Seite installieren.

Bewegung des Mauszeigers lässt auf Benutzerverhalten schließen

Die Auswertung erfolge anonym und konform zum Datenschutzgesetz, so Bennefeld. Mittels „Mouse Tracking“ kann man zudem in Echtzeit verfolgen, wie sich der Besucher auf der Seite verhält und welche Bereiche er wie lange betrachtet. „Die Bewegung des Mauszeigers hängt sehr eng mit der Augenbewegung zusammen, haben US-Studien ergeben“, sagt Bennefeld.

Der Preis für die Tools richtet sich nach dem benötigten Datenspeicher der Unternehmen und der Anzahl der Touchpoints. Das sind Kontaktsituationen, durch die Kunden mit der Webseite in „Berührung“ kommen, zum Beispiel ein Newsletter. „Bevor man sich für einen der vielen Web-Controlling-Anbieter entscheidet, sollte jeder zunächst einmal testen, welche Anwendung zu seinen Anforderungen passt und sich – auch in rechtlicher Hinsicht – beraten lassen“, sagt Gremm.

Nicht nur für Shops kann eine Web-Analyse interessant sein. „Ich stelle mir zum Beispiel ein Restaurant vor, das verschiedene Infos auf seine Seite stellt. Es kann dann herausfinden, wie oft die Speisekarte angesehen wurde oder welche Infos für die Besucher noch interessant waren“, sagt Silke Weisheit, Projektleiterin im Kompetenzzentrum E-Business bei ibi research an der Universität Regensburg.

Eine „Heatmap“ zeigt durch Farbtöne an, wo die Besucher geklickt haben. Auch Klicks auf nicht verlinkte Texte oder Grafiken werden registriert. „So lässt sich zum Beispiel feststellen, wo die Besucher einen Link erwartet hätten, um diesen dann nachträglich zu ergänzen“, sagt Weisheit.

Auswertung mit KPI

Um Daten über das Internet-Geschäft mit geeigneten Tools zu erheben und auszuwerten, benötigt man Kennzahlen, auch „Key Performance Indicator“ genannt, kurz KPI. Von Bedeutung ist dabei die Konversion, die Umwandlung eines Seitenbesuchers in einen Besucher, der ein zuvor gesetztes Konversionsziel erreicht hat: Ein Interessent kauft etwa ein Produkt oder registriert sich für den Newsletter. „Die wichtigste Kennzahl ist die Konversionsrate, also der Anteil der Besucher, der eine bestimmte Aktion tätigt“, sagt Weisheit. Eine niedrige Konversionsrate sollte gezielt gesteigert werden, um die Seite zum Erfolg zu führen.

Gütesiegel können beispielsweise das generelle Vertrauen in einen Shop erhöhen. Laut einer aktuellen ECC-Handel-Studie stieg die Konversionsrate auf entsprechend zertifizierten Seiten um bis zu 23,1 Prozent. Auch Bestellvorgänge sollten so unkompliziert und kurz wie möglich sein, damit sie nicht vorzeitig abgebrochen werden, raten Web-Optimierer von konversionskraft.de. Erfolgreiche Online-Shops wie Amazon machten dies mit dem „1-Click-Kauf“ vor.

Mittlerweile gibt es hunderte von Kennzahlen, um den Erfolg eines Online-Auftritts zu messen. „Nicht alle sind aber für jedes Unternehmen oder jeden Shop relevant. Und die Zahlen müssen richtig interpretiert werden, um den Produktumsatz optimieren zu können“, sagt IHK-Trainer Gremm.

Wenn ein Button nicht geklickt wird, kann das verschiedene Ursachen haben. Ist er zu versteckt oder nicht ansprechend genug gestaltet? Um dies zu ergründen, sollten Unternehmen am besten einen Experten bestimmen, der sich im Web-Controlling weiterbildet und langfristig Erfahrungen sammeln kann, rät Gremm.

Von Gesa Schölgens. Quelle: Mittelstandsmanager.de