Simba-Dickie-CEO: „Leistung ist wichtiger als ein Nachname“

Die nächste Generation übernimmt das Steuer im Familienunternehmen: Florian Sieber (36) steht seit Kurzem alleine an der Spitze des fränkischen Spielwarenherstellers Simba Dickie, den einst sein Vater und sein Großvater gemeinsam aufgebaut haben. Im Interview verrät Sieber, was ihn von seinem Vater unterscheidet, und warum sein erster Tag eher unproduktiv war.
Florian Sieber, 36, ist seit 1. Mai 2021 alleiniger Vorstandschef der Simba Dickie Group. (© Simba Dickie)

Herr Sieber, seit 1. Mai sitzen Sie auf dem Chefsessel des Familienunternehmens Simba Dickie. Welche Gedanken gingen Ihnen an Ihrem ersten Tag durch den Kopf?

FLORIAN SIEBER: Das war einer der weniger produktiven Tage. Ich war fast ausschließlich damit beschäftigt, Glückwünsche entgegenzunehmen und etliche E-Mails von Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden zu beantworten – es hat sich ein bisschen wie Geburtstag angefühlt. Am Abend, als sich dann alles etwas gelegt hat, habe ich auch ein wenig Stolz und Ehrfurcht vor den kommenden Aufgaben empfunden.

Wahrscheinlich blicken Sie irgendwann auf dieses von der Corona-Pandemie geprägte Jahr zurück und werden sagen: Was war das für eine wilde Zeit, in der ich damals das Steuer übernommen habe.

Das stimmt. Es kam wirklich einiges zusammen: Nicht nur die Herausforderungen durch Corona und die neue Verantwortung im Unternehmen, auch unser zweiter Sohn kam in diesem Sommer zur Welt. Es ist viel los, aber es macht auch großen Spaß und ich bekomme extrem viel Unterstützung von meiner Familie und unseren Mitarbeitern.

Wann wurde Ihnen klar, dass Sie einmal die Führung im Familienunternehmen übernehmen?

Nachdem ich Märklin in Göppingen rund fünf Jahre geführt habe, bin ich 2018 parallel zu dieser Aufgabe als Co-CEO zur Simba Dickie Group nach Fürth zurückgekehrt. Zu diesem Zeitpunkt hat mein Vater nach außen kommuniziert, dass ich sein Nachfolger werde. Natürlich haben wir uns bereits ein gutes Stück vorher dazu ausgetauscht. Die ersten Jahre nach der Übernahme von Märklin waren schwieriger, als wir erwartet hatten. Nachdem wir dieses Tal durchschritten hatten, hat mein Vater mich darauf angesprochen, wann und wie ich zurück nach Fürth kommen will.

Warum ist Ihnen der Übergang, anders als in vielen anderen Familienunternehmen, reibungslos gelungen?

Es ist nun mal nicht der Normalfall, dass ein Vollblut-Unternehmer einfach so abgeben kann. Auch mein Vater ist mit Herz und Seele Unternehmer. Er hat allerdings selbst die schwierige Erfahrung gemacht, dass sein Vater bis zum Sterbebett die Zügel in der Hand halten wollte. Also hat er sich frühzeitig dazu entschieden, die Verantwortung auf die nächste Generation zu übertragen. Wenn ich seinen Rat brauche, steht er mir natürlich jederzeit zur Verfügung. Er ist 40 Jahre dabei und kennt das Unternehmen, unsere Produkte und Kunden sehr viel besser als ich. In seiner Funktion als Gesellschafter bleibt er ohnehin in wichtige strategische Entscheidungen eingebunden. Darüber bin ich froh, denn ich schätze seine Meinung sehr.

Gibt es trotzdem eine Frage, in der Sie ihn nicht um Rat bitten werden?

Ja, die gibt es: den Bereich des digitalen Marketings und E-Commerce. Das ist nicht seine Welt, im Gegensatz zu mir und meiner Generation ist er nicht damit aufgewachsen. Er hat mir und meinem Cousin Felix Stork, der diese Themen bei uns verantwortet, allerdings immer den Freiraum gelassen, die Gruppe in diese Richtung weiterzuentwickeln.

Ihr Vater gilt als Mann, der sich nicht an ­Konventionen hält und gerne offen drauflosplaudert. Sind Sie kommunikativ und strategisch genauso ein Typ Manager?

Nein, wir sind definitiv unterschiedliche Charaktere. Mein Vater ist ein Bauchmensch, sicher einen Tick impulsiver und schlagfertiger als ich. Dafür hat er sich in seinen vielen Jahren im Geschäft auch die nötige Sicherheit erarbeitet. Ich bin weniger emotional, dafür sachlicher. Bevor ich eine Entscheidung treffe oder meine Gedanken laut ausspreche, überlege ich manchmal schon einen Moment länger als er.

Mussten sich Ihre Mitarbeiter darauf einstellen?

Ich glaube schon, aber dafür hatten sie mittlerweile drei Jahre Zeit. Es war kein harter Cut, bei dem gestern mein Vater alle Verantwortung trug und heute ich, sondern ein fließender Übergang. Gerade nach dem Beginn der Corona-Pandemie habe ich einige Themen im digitalen Bereich schon selbstständig vorangetrieben. Intern hat sich seit dem 1. Mai im Vergleich zu den Monaten davor gar nicht so viel verändert. Das Management steht mir genauso zur Seite, wie es auch meinen Vater jahrelang unterstützt hat; und zwar nicht als Ja-Sager, sondern als kritische Diskussionspartner.

Sie leben den Begriff „Familienunternehmen“, auch andere Familienmitglieder sowie sehr langjährige familienfremde Führungskräfte und deren Nachwuchs sind an Bord. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, das Thema Familie stärker in der Kommunikation nach außen zu nutzen?

Das ist ein schmaler Grat. Wir sind stolz darauf, ein Familienunternehmen zu sein. Und alle Familienmitglieder, die in unserem Unternehmen aktiv sind, machen eine tolle Arbeit. Aber wenn wir das zu sehr nach außen kommunizieren würden, könnte es für Externe auch den Eindruck erwecken, keine Chance zu haben, in unserem Unternehmen aufzusteigen. Ich sage: Leistung ist wichtiger als ein Nachname. Wir haben es geschafft, eine sehr gute Mischung hinzubekommen: Es gibt auch viele sehr erfolgreiche und langjährige Mitarbeiter, die nichts mit der Familie zu tun haben.

Dies ist eine gekürzte Fassung des Interviews. Den vollständigen Artikel finden Sie im aktuellen Printmagazin der absatzwirtschaft, das Sie hier abonnieren können.

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Er hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.