Showrooming zumeist ohne schlechtes Gewissen

Volle Innenstädte zur Weihnachtszeit können nicht darüber hinweg täuschen, dass das so genannte Showrooming zunimmt: Mittlerweile informiert sich ein Viertel der jungen Erwachsenen im Geschäft vor Ort und kauft nach Verlassen des Ladens direkt via Smartphone. Eine Herausforderung für den Handel.
Herausforderung für den stationären Handel: Showrooming nimmt zu. (© intelliAd 2014)

Smartphones verändern das Einkaufsverhalten der Deutschen. Um davon profitieren zu können, muss der Einzelhandel nun reagieren. Bislang konnte man noch davon ausgehen, dass sich Kunden zwar online informieren, aber im stationären Handel kaufen – der sogenannte ROPO-Effekt (research online, purchase offline).

Aktuelle Analysen und Umfragen sprechen jedoch eine andere Sprache: Viele Deutsche informieren sich zwar im Geschäft über ein Produkt, kaufen später aber online (75 Prozent) oder sogar direkt mobil via Smartphone, zeigt eine Studie des Technologienanbieters intelliAd.

„Um massive Umsatzeinbußen durch dieses sogenannte Showrooming zu vermeiden, können Unternehmen ihre Besucher direkt vor Ort mit Push-Nachrichten ansprechen oder im Nachgang beispielsweise über Retargeting oder Mailing-Aktionen für sich gewinnen“, sagt Mischa Rürup, COO intelliAd Media. Wichtig sei es, das Offline-Geschäft mit der Online-Welt zu verzahnen und so einen ganzheitlichen Überblick über die Customer Journey und individuelle Kundenwünsche zu erhalten.

Mobile Shopping oft am Samstag

Schon jetzt werden am Samstag, dem Haupteinkaufstag der Deutschen, 22 Prozent mehr Online-Einkäufe via Smartphone getätigt – verglichen mit anderen Wochentagen. Das Technologieunternehmen intelliAd Media hat dies in einer Analyse der Customer Journey von knapp 275.000 Onlinekäufen von Modeartikeln ermittelt. Der Verdacht liege nahe, dass dieses Mobile Shopping in deutschen Innenstädten stattfindet.

Eine aktuelle Umfrage von Yougov im Auftrag von intelliAd bestätigt die Vermutung: Ein Viertel der jüngeren Erwachsenen (Altersgruppe 18 bis 34 Jahre) bekennt sich dazu, schon einmal direkt nach dem Testen im Laden das Produkt dann via Smartphone online bestellt zu haben. Und das meist (zu 67 Prozent) ohne schlechtes Gewissen.

Chancen zur Kundenbindung nutzen

Weitet man die Frage von Smartphones auf Desktop-Rechner und Tablets aus, so bestätigen laut der intelliAd-Umfrage sogar drei Viertel der Deutschen, dass sie sich schon einmal im Laden informiert und das Produkt später online gekauft haben. Und das in der Mehrzahl ohne Skrupel: Zwei Drittel der Deutschen haben kein schlechtes Gewissen gegenüber dem lokalen Handel, wenn sie Produkte im Internet kaufen statt vor Ort in den Geschäften.

Wie können Unternehmen dieser Entwicklung begegnen? „Das starke Wachstum der mobilen Internetnutzung wird für den stationären Handel zunehmend zum Problem – es bietet aber auch Chancen zur Abverkaufssteigerung und Kundenbindung“, betont Rürup. Sein Rat: Über Beacons können Shopbesucher direkt und individuell mit Gutscheinen oder Informationen auf ihrem Smartphone angesprochen werden. Ihre weitere Customer Journey kann anonymisiert getrackt werden.“

Grafik: intelliAd 2014

Grafik: intelliAd 2014

Ältere haben häufiger Skrupel als Jüngere

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass 78 Prozent der Männer ein Produkt später online kaufen, über das sie sich im Geschäft vorher informiert haben, aber nur 72 Prozent der Frauen. Trotzdem haben mehr Frauen (35 Prozent) ein schlechtes Gewissen als Männer (31 Prozent).

88 Prozent der 18- bis 24-Jährigen haben schon mal ein Produkt online gekauft, nachdem sie sich darüber im Geschäft informiert haben, aber nur 66 Prozent der Über-55-Jährigen. 40 Prozent der Über-55-Jährigen haben dabei ein schlechtes Gewissen, aber nur 25 Prozent der 18- bis 24-Jährigen.

Studierende shoppen besonders smart

Studenten kaufen nach einem Ladenbesuch am häufigsten online (96 Prozent) und haben dabei am wenigsten Gewissensbisse (20 Prozent). Mit steigendem Bildungsniveau nimmt zwar das schlechte Gewissen zu, ein Produkt im Geschäft zu testen, es aber online zu kaufen – doch Einfluss auf das Kaufverhalten hat das schlechte Gewissen offenbar nicht.

Der Blick aufs Einkommen verrät: Je höher das verfügbare Nettoeinkommen, desto tendenziell schlechter das Gewissen, ein Produkt online zu kaufen, über das man sich gerade im Laden informiert hat. Gut verdienende Haushalte haben zwar tendenziell mehr Bedenken, kaufen aber trotzdem online ein.

Grünenwähler haben am meisten Gewissensbisse

Beim Blick auf die Parteien zeigt sich eine besondere Auffälligkeit. 58 Prozent der Wähler von Bündnis 90/Die Grünen haben ein schlechtes Gewissen, online zu kaufen statt im Geschäft vor Ort. 68 Prozent haben es trotzdem schon mal getan. Die wenigsten Gewissensbisse und die eifrigsten Onlinekäufer finden sich unter FDP- und AfD-Wählern.

Von den Menschen, die kein schlechtes Gewissen haben, nach einem Ladenbesuch online zu kaufen, haben 92 Prozent dies tatsächlich schon getan. Unter denjenigen, die es mit ihrem Gewissen nur schwer vereinbaren können, waren es dagegen nur 40 Prozent. (intelliAd/asc)