Shopping in der Corona-Krise – sind Gutscheine die Lösung?

250-Euro-Gutschein für jeden Bürger: Mit ihrem Vorschlag sind die Grünen in der Corona-Krise dem schwer angeschlagenen Einzelhandel entgegengekommen. An dessen schwieriger Situation hat auch die Wiedereröffnung vieler Geschäfte erst einmal wenig geändert.
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Shopping in der Corona-Krise: "Die Verbraucher sind verwirrt, welcher der größeren Shopping-Magnete überhaupt offen hat." (© Imago)

Die erste Shopping-Woche in der Corona-Krise ist vorbei. Seit Montag konnten in vielen Bundesländern Geschäfte auch abseits des Lebensmittelhandels wieder öffnen, solange ihre Verkaufsfläche nicht größer ist als 800 Quadratmeter. Doch noch ist der Einzelhandel weit davon entfernt, die heftigen Umsatzeinbußen aufgrund der wochenlangen Schließungen zu kompensieren.

Um die Branche zu unterstützen, schlugen Grünen-Politiker am Wochenende einen „Kauf-vor-Ort-Gutschein“ für jeden Bürger in Höhe von 250 Euro vor. Der Gutschein solle nur im stationären Handel, für stationäre Dienstleistungen oder in der Gastronomie eingelöst werden können, wie aus einem am Samstag vorgestellten Positionspapier hervorgeht.

Sobald die gesundheitspolitische Lage es zulasse, sei ein zielgerichtetes Instrument nötig, um die Nachfrage im lokalen Handel anzukurbeln, heißt es in dem Papier von Fraktionschef Anton Hofreiter sowie den Abgeordneten Katharina Dröge, Oliver Krischer, Claudia Müller und Daniela Wagner. Der Gutschein solle ein Jahr gültig sein und nicht im Online-Handel verwendet werden dürfen.

Corona-Krise: Einzelhandel droht Pleitewelle

„Gerade beim lokalen Einzelhandel droht eine Pleitewelle. Eine Verödung der Innenstädte ist zu befürchten“, mahnte Hofreiter. „Wenn wir nicht handeln, bleiben nur die Starken, nur die großen Online-Ketten übrig.“ Die Gutscheine seien zielgenau und sozial gerecht – während eine Senkung der Einkommenssteuer Wohlhabende bevorzuge und denen nichts bringe, die ihren Job verloren hätten.

An der schwierigen Situation der Händler änderte unterdessen auch der erste Samstag in der Corona-Krise nichts, an dem die Geschäfte mit Auflagen wieder öffnen durften. Wer von den Händlern mitgemacht hat, habe am Samstag zwar einen besseren Tag gehabt als in der Woche davor, sagte etwa der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, mit Blick auf die beiden Bundesländer. „Doch es bleibt ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Verhaltene Nachfrage in Bundesländern

Auch in anderen Ländern blieb die Nachfrage verhalten. Der Geschäftsführer des Handelsverbandes Niedersachsen-Bremen, Mark Alexander Krack, sprach von Rückmeldungen aus Teilen der beiden Länder, wonach etwa 40 bis 70 Prozent der Kunden im Vergleich zum selben Zeitpunkt 2019 in die Städte gekommen seien. „Wir haben noch nicht das Gewusel, das wir von normalen Samstagen kennen“, sagte er. Positiv stimmte ihn, dass sich die Menschen überwiegend an die aktuellen Auflagen hielten.

Der Handelsverband Deutschland hatte am Freitag ein erstes Fazit mit Blick auf die Umsätze gezogen. „Trotz Öffnung wird durchschnittlich nur 40 Prozent des normalen Geschäftsvolumens erreicht“, teilte der Verband mit. Für die Aussagen befragte der HDE bundesweit eigenen Angaben zufolge 767 Handelsunternehmen.Der Verband führt das vor allem auf die finanziell schwierige Lage der Verbraucher zurück. Weil viele in Kurzarbeit seien, achteten die Menschen derzeit stärker auf ihre Ausgaben.

Kritik an unübersichtlichen Regelungen fürs Shoppping

Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung der Kunden könnten aber auch die unübersichtlichen Regelungen sein, vermutete Marco Atzberger vom Kölner Handelsforschungsinstitut EHI. „Die Verbraucher sind verwirrt, welcher der größeren Shopping-Magnete überhaupt offen hat oder mit welchen Einschränkungen bei Sortiment und Fläche.“ Zudem hemmten die notwendigen Hygienemaßnahmen eine positive Shopping-Atmosphäre.
Der Gutschein-Vorschlag der Grünen dürfte bei vielen daher gut ankommen. Die Idee ist nicht neu, auch Ökonomen hatten sich dafür ausgesprochen, genau so wie etwa die Textil- und Modeindustrie.

Der HDE-Präsident Josef Sanktjohanser sagte dazu, es dürfe keine einseitige Unterstützung nur für ausgesuchte Wirtschaftszweige geben. Wenn etwa für die Autoindustrie nun über Abwrackprämien diskutiert werde, „dann muss logischerweise auch über Konsumgutscheine zur Ankurbelung des Konsums nachgedacht werden“. Ob bei direkten Hilfen, Rettungsschirmen oder bei Stundung von Sozialleistungen – es müsse stets das Ganze im Auge behalten werden, sagte er der „Welt“.

Bundesregierung will Konjunktur ankurbeln

Die Bundesregierung hatte Konjunkturmaßnahmen angekündigt, um bei weiteren Lockerungen der Beschränkungen die Nachfrage anzukurbeln. Im Gespräch ist etwa ein Vorziehen der milliardenschwere Soli-Teilabschaffung auf den Sommer.

Von Matthias Arnold und Andreas Hoenig, dpa