Serie „Lokale Marken-Held*innen“, Folge 4: Karls 1921

Im Norden und Nordosten Deutschlands kennt jeder die knallroten Erdbeerbuden von Karls 1921, auch die gleichnamigen Erlebnis-Dörfer sind bekannt. Doch was macht der Mecklenburger „Erdbeerkönig“ außerhalb der Saison? Ganz einfach: Sein Imperium pflegen und stetig weiter ausbauen.
Die Erlebnis-Dörfer von Karls 1921 zählen jährlich rund 4,5 Millionen Besucher*innen. (© Karls 1921)

Die Geschichte vom „Erdbeerkönig Karl“ reicht weit zurück: Sie beginnt mit Karl und Frieda Dahl, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen kleinen Gemüsehof in der Nähe von Rostock betrieben und ihre Erzeugnisse ab 1921 über zwei Jahrzehnte hinweg mit dem Pferdefuhrwerk zu Rostocker Wochenmärkten brachten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg floh die Familie nach Ostholstein, in die Nähe von Lübeck. Dort gründeten die Dahls einen neuen Hofbetrieb. Unter Führung des Sohnes Karl-Heinz spezialisierte sich das Familienunternehmen auf Erdbeeranbau und wurde zum Lieferanten der Schwartauer Marmeladenfabrik.

Nach dem Mauerfall sprang der Großkunde ab und Gründerenkel Robert Dahl übernahm das Ruder. Unter der Führung von Robert und seiner Schwester Ulrike wuchs das Familienunternehmen – vom heutigen Hauptsitz in Rövershagen bei Rostock aus – von einem Bauernhof mit zehn Hektar Acker und einem Traktor zu einem Millionenimperium.

30.000 Artikel rund um die Erdbeere

Über 100 Jahre nach der Gründung stehen Erdbeeren zwar weiterhin im Zentrum des Unternehmens, der Handel mit der Rohfrucht ist jedoch längst nicht alles. 30.000 Artikel rund um die Erdbeere werden – viele davon handgemacht und selbst hergestellt – vertrieben, vom Erdbeerlikör über Fruchtgummi bis hin zum Gin. Zu den Topsellern gehören auch Fruchtaufstrich, Brause und Erdbeerwein.

Doch auch fernab der Erdbeere haben sich Robert Dahl und sein Team jede Menge einfallen lassen: Neben Spirituosen, Dips und Gewürzen, Back- und Wurstwaren werden vor Ort und im responsiven Onlineshop Karls-shop.de auch Seifen, Körnerkissen und echte Liebhaberstücke für „Karlsianer“ angeboten. Bunzlauer Keramik, Schmuck und jede Menge Merchandising für die Kleinen sind im Fanprogramm – natürlich gebrandet mit den unverkennbaren Zeichen des Erdbeerkönigs.

Längst geht es beim „Erdbeerkönig“ nicht mehr nur um die frische Frucht. ©Karls 1921

Apropos Onlineshop: Pünktlich zum Einzug der Lebkuchen in die Supermärkte sind bei Karls-shop.de auch ein Adventskalender und Omas Bratapfelglühwein bestellbar. Oder darf es doch lieber Karls Fan-Lichterbogen („Qualität aus dem Erzgebirge“) oder Baumschmuck in Erdbeerform sein?

Transparenz durch gläserne Manufakturen

An Ideen mangelt es den Dahls nicht – und auch nicht an Marketingideen, um diese an die Kundschaft zu bringen. In fünf „Karls Erlebnis-Dörfern“ zwischen Ostseeküste und Berlin, dem „Karls Pier7“ in Warnemünde und in „Karls Rittergut Loburg“ können Erwachsene und Kinder täglich von 8 bis 19 Uhr über 300 Attraktionen erleben. Jährlich kommen an allen Standorten 4,5 Millionen Besucher*innen zusammen.

Im Namen der Transparenz kann in 15 gläsernen Manufakturen bei der Herstellung der Karls-Produkte über die Schulter geschaut werden. Wer auf mehr Adrenalin aus ist, stürzt sich in andere Abenteuer: Vom Stockbrotbacken über Kartoffelsackrutsche und Kletterlandschaft bis hin zur Kaffeekannenausstellung und Karlchens Showbühne wird für jedes Alter und jedes Interesse etwas geboten. Das aktuelle Programm für die Herbstsaison ist mit saisonalen Highlights gespickt: Kürbismarkt, Angsthasenscheune und Gruselnächte bieten auch außerhalb der Erdbeersaison ein tages- und nachtfüllendes Programm, das unmöglich an einem einzelnen Besuchstag erschlossen werden kann.

In Rövershagen hat Robert Dahl deshalb bereits vorgesorgt – mit einem Upcycling-Hotel, den „Lieblings-Lauben“ mit eigener Küche sowie einem außergewöhnlichen Eishotel für gehobene Ansprüche. Im Rittergut bieten geräumige Apartments Platz für einen Familienurlaub.

Preise als Arbeitgebermarke und Familienurlaubs-Ressort

Auch Nachhaltigkeit ist bei Karls ein Thema: Neben einem gigantischen Regenwasser-Speicherbecken zur sparsamen Bewässerung der Erdbeerpflanzen und Rückführung ins Rövershagener Grundwasser sind auch Müllvermeidung, grüner Strom und CO2-Einsparungen beim Transport der Erdbeeren im Umkreis ein Thema für Karls 1921.

In fünf Erlebnis-Dörfern gibt es über 300 Attraktionen zu entdecken. ©Karls 1921

Die Preise, die „Erdbeerkönig Karl“ mit seinem so außergewöhnlichen wie umfassenden Konzept gesammelt hat, lassen sich längst nicht mehr an einer Hand abzählen: Allein 2021 und 2022 ist das Unternehmen mit vier Auszeichnungen und Qualitätssiegeln prämiert worden, unter anderem als Top-Arbeitgeber Hotel und Gastro und mit dem Zertifikat „Familienurlaub“ des Landestourismusverbands Mecklenburg-Vorpommern.

Expansion nach Bayern, Sachsen und ins Ruhrgebiet

Wie viel Gewinn Karls heute macht, darüber wird in der Unternehmensführung geschwiegen. Ein Bericht des Deutschlandfunks versuchte das Imperium des Erdbeerkönigs schon 2018 zu durchleuchten. Demnach habe Geschäftsmann Dahl einmal verraten, dass der Umsatz des Unternehmens kurz nach der Gründung bei 440.000 Euro lag – und nun das Hundertfache davon betrage: also rund 44 Millionen Euro jährlich.

Im März 2022 informierte das Unternehmen darüber, ein Grundstück des ehemaligen Fränkischen Wunderlands erworben zu haben. Karls Erlebnis-Dorf Plech in Oberfranken wird demnach der erste Standort in Süddeutschland sein. Zwei weitere Dörfer sollen im kommenden Jahr in Oberhausen und im sächsischen Döbeln eröffnet werden. „Langfristig ist geplant, dass jedes Kind in Deutschland innerhalb von anderthalb Stunden einen kunterbunten Park der Karls-Familie erreichen kann“, heißt es in der Pressemitteilung.

Robert Dahls Unternehmenskonzept in Erdbeerrot funktioniert – und bindet nicht nur Fans der Erdbeere an sich. Die „Karlsianer*innen“ können übrigens mit der neuen Karls-App jederzeit in Verbindung mit ihrer Lieblingsmarke bleiben – und erhalten neben regelmäßigen Rezepten und Event-News auch noch zehn Prozent Rabatt auf die Tageskarte im Erlebnis-Dorf. So geht Kundenbindung.

(hakl, Jahrgang 1985) ist freie Autorin bei der absatzwirtschaft. In Online-Redaktionen quasi aufgewachsen, leitet sie seit 2011 ihre geliebte Redaktionsagentur Schmier & Fink, die seit jeher auf das „Star Wars“-Motto setzt: „Do … or do not. There is no try.“