Schmerzhemmer Retail Media

Nicht nur in den USA wird Marketing Tech zunehmend in E-Commerce-Umfeldern eingesetzt. Auch hierzulande liegt Retail-Media-Advertising im Trend und bietet eine Alternative zum sterbenden Drittanbieter-Cookie-Targeting.
Der Cookie ist futsch. Retail-Media-Advertising könnte die Schmerzen lindern. (© iStockphoto)

Bereiten Ihnen Cookies Bauchschmerzen? Und die Suche nach neuen Werbestrategien lässt Ihren Schädel brummen? Seien Sie beruhigt – so wie Ihnen geht es vielen. Und es lässt sich Abhilfe schaffen, wie ein Blick über den Atlantik zeigt: In den USA setzen Marketer verstärkt auf Retail-Media-Konzepte. Sie platzieren ihre Anzeigen also nicht in den sozialen Medien, Suchmaschinen oder klassischen Content-Seiten, sondern auf Online-Marktplätzen. Werbetreibende finden dort eine sehr kaufaffine Zielgruppe, können ihre Reichweite erhöhen und auf detaillierten Käuferdaten ihre Werbung aussteuern. E-Commerce-Anbieter*innen wiederum erschließen sich durch die Werbevermarktung eine zusätzliche Einnahmequelle und können ihre First-Party-Daten versilbern.

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten schießen Retail-Media-Netzwerke momentan wie Pilze aus dem Boden.  Walmart ist einer der bekanntesten und größten Retailer mit eigenem Media-Netzwerk. Aber auch Door Dash, Kroger oder Best Buy sorgen in den USA immer wieder für Schlagzeilen. Erst kürzlich startete Marriott International ein Retail-Media-Netzwerk, um Werbetreibenden Zugang zu den Gästen der Hotelkette zu ermöglichen. Auch in amerikanischen Geschäften wird digitale Retail-Media-Werbung im großen Stil eingesetzt: Ein jetzt gelaunchter In-Store Marketplace (ISM) fungiert als zentralisiertes Ökosystem, über das Werbetreibende zentral auf eine Vielzahl von digitalen Audio- und Display-Inventar am POS zugreifen können. Reichweite der Plattform: Mehr als fünf Millionen Display- und Audio-Touchpoints im stationären Einzelhandel der USA.

Rasantes Wachstum in den USA

Laut einem aktuellen Branchenreport von eMarketer sollen sich die digitalen Retail-Media-Umsätze in den USA bis zum Jahr 2024 gegenüber dem vergangenen Jahr nahezu verdoppeln – von 31,06 Milliarden US-Dollar in 2021 auf 61,15 Milliarden US-Dollar im Jahr 2024. Nur Connected TV wächst jenseits des Atlantik noch schneller.

Hierzulande zählen neben Amazon und Ebay insbesondere die Otto-Gruppe und Zalando zu den Vorreitern. Sie setzen bereits seit einigen Jahren erfolgreich auf Retail-Media-Konzepte für ihre Online-Angebote. Aber auch Media Markt Saturn, Douglas, Sport Scheck und viele andere Anbieter sind in diesem Bereich aktiv. Der Leidensdruck der Cookiekalypse könnte nun auch auf Seiten der Werbetreibenden neuen Schwung in den hiesigen Markt bringen. Man darf auf die weitere Entwicklung gespannt sein.

Schon gehört?

Entgegen vielen Befürchtungen sind die Inventarpreise sozialer Netzwerke im zweiten Quartal relativ stabil geblieben. Im Vergleich zum Vorquartal stieg der von esome ermittelte TKP-Index zwar saisonal bedingt um acht Prozent, die Inventare waren jedoch durchschnittlich zwölf Prozent günstiger als im selben Zeitraum des Vorjahres. Für seinen „Market Insights“ Report hat der Dienstleister die Kampagnendaten von mehr als 200 Werbetreibenden aus allen wichtigen Branchen des deutschen Markts aggregiert.

Neben den Preisen rücken immer öfter ökologische Aspekte in den Fokus von Marketingaktivitäten: Der technologieorientierte Vermarkter Goldbach Germany vermarktet jetzt in Leipzig vier LED-Screens von Green City Solutions. Der Clou: In den DOOH-Stelen ist ein Echt-Moosfilter integriert, der kleinste Partikel wie Feinstaub, aber auch Gerüche und Gase aus der Luft filtern und sie mit Sauerstoff anreichern soll. Zusätzlich soll die Luft durch die Verdunstungskraft der Moose gekühlt werden und rund um die digitalen Info-Punkte kleine Frischluft-Oasen mit Wald-Duft entstehen. Betrieben werden die programmatisch buchbaren Werbe-Stelen mit Ökostrom. Ausgespielt wird aktuell eine Branding-Kampagne für das Gastronomie-Mehrwegpfandsystem Recup.

Übrigens: Egal ob grün oder klassisch – falls Sie demnächst einen MarTech-Vertrag unterzeichnen wollen, sollten Sie auch scheinbar harmlose Aspekte im Blick haben, die später zum Problem werden können. Ein Gastbeitrag auf Martech.org erläutert, worauf Sie achten sollten.

In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert!

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.