Reputation Management erzeugt mehr als positives Image

Führungskräfte fragen sich zunehmend, wie sie den Wert ihres Unternehmens durch gezieltes Verknüpfen quantitativer und qualitativer Unternehmenswerte steigern.

Überlegene Marktstrategien sind entscheidend für die Wertschöpfung eines Unternehmens. Nach einer Phase der Unternehmenswertsteigerung mit Hilfe kapitalmarktorientierter Strategiekonzepte zeichnet sich heute eine Trendwende ab. Unternehmen setzen sich zunehmend mit der Frage auseinander, welche Wertsteigerung durch eine gezielte Verknüpfung quantitativer und qualitativer Unternehmenswerte realisiert werden können. Neben dem shareholder value gewinnen Wertgrößen in Form des Markenwertes oder aber mitarbeiterbezogene Wertbeiträge i.S. des intellektuellen oder sozialen Kapitals eines Unternehmens an Bedeutung.

Diese Entwicklung ist nicht nur als Reaktion darauf zu verstehen, dass viele Unternehmen ihre Hausaufgaben in Form von Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogrammen bereits gemacht haben. Vielmehr hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Umsetzbarkeit und der Erfolg shareholder value orientierter Strategie-konzepte wesentlich verbessert werden kann, wenn eine Verknüpfung mit marken- und/oder mitarbeiterbezogenen Unternehmensstrategien erfolgt. Wie praktische Unternehmensbeispiele zeigen, ist das Wertsteigerungspotenzial einer klaren Unternehmenspositionierung, eines innovativen Produkt- und Serviceangebots oder einer leistungsmotivierenden Unternehmens- und Führungskultur immens. Es kann um so umfangreicher realisiert werden, wenn eine systematische Abstimmung beziehungsweise Zusammenführung von quantitativen und qualitativen Unternehmensstrategien gelingt.

In diesem Zusammenhang kommt dem Reputation Management als Instrument der Unternehmensführung eine zentrale Bedeutung zu. Allerdings zeigen aktuelle Untersuchungsergebnisse, dass die Unterstützungspotenziale des Reputation Management zur Wertsteigerung von Unternehmen noch nicht hinreichend genutzt werden (Wiedmann/Buxel, 2004). Im Folgenden soll anhand erfolgreicher Unternehmensbeispiele aus verschiedenen Branchen gezeigt werden, wie die Prinzipien und Gestaltungsfelder des Reputation Management den Unternehmenswert nachhaltig steigern können.

Reputation und Unternehmenswert

Die Reputation eines Unternehmens basiert auf der Positionierung, der Leistungs- und Qualitätsgestaltung und damit verbundenen Qualitäts- und Leistungserwartungen aller stakeholder. Sie manifestiert sich sowohl in quantitativen (etwa share-holder value, Markenwert) als auch qualitativen Wertdimensionen (etwa Innovationsfä-higkeit, Wettbewerbsfähigkeit) eines Unternehmens. Insgesamt trägt ein systematisches Reputation Management in Form der Unternehmenspositionierung sowie der Leistungs- und vor allem Kommunikationsgestaltung zu einer verbesserten Wettbewerbspositionierung und Unternehmenswertsteigerung bei. Dies ist vor allem auf zuverlässige Leistungsversprechen, überzeugende financial performances sowie eine hohe Glaubwürdigkeit gegenüber Anteilseignern, Mitarbeitern und Kunden zurückzuführen (vgl. Abb. 1)

Abbildung 1: Konzept des Reputation Management

Ein erfolgreiches Reputation Management basiert darüber hinaus auf der systematischen Einbindung von Führungskräften und Belegschaft in den Strategieprozess. Die Kombination der Grundprinzipien `zentraler Anspruch´ und `dezentrale Umsetzung´ verringern das Risiko der Strategieversandung. Noch immer scheitern mehr als die Hälfte der Unternehmensstrategien durch unternehmensinterne Informationsengpässe, fehl-interpretierte Strategievorgaben auf nachgelagerten Entscheidungsebenen oder durch die Widerstände verunsicherter Führungskräfte und Mitarbeiter.

Anspruch und Umsetzung

Eine erfolgreiche Strategieentwicklung und -implementierung erfordert neben der systematischen Einbindung und Verantwortungsübernahme von Führungskräften und Mitarbeitern ebenso den Anspruch der Unternehmensleitung, den Strategieprozess zentral zu vermitteln und aktiv zu begleiten. Das heißt, dass zielorientierte Prozesse und Projektstrukturen aufgesetzt und aktiv durch das TOP Management unterstützt werden müssen. Erst die Balance von zentralem Anspruch und dezentraler Umsetzung gewährleistet, dass sich alle betroffenen Unternehmensbereiche mit den strategischen Zielen und Aufgaben identifizieren, ihren individuellen Leistungsbeitrag erkennen und die notwendige Motivation und Leistungsbereitschaft zur nachhaltigen Wertschöpfung im Unternehmen entwickeln (vgl. Abb. 2).

Abbildung 2: Zentraler Anspruch und dezentrale Umsetzung als Prinzipien

Aus Sicht des Reputation Management beginnt die erfolgreiche Strategieumsetzung bereits in der Phase der Formulierung und unternehmensinternen Vermittlung. Strategien, die erst nach ihrer Verabschiedung durch Geschäftsleitung oder Unternehmensentwicklung verkündet werden und sich gegebenenfalls allein auf quantitative Ziele wie zum Beispiel die Steigerung der Leistungsrentabilität oder Kapitalproduktivität beschränken, erreichen das mittlere Management und die Mitarbeiter eines Unternehmens, von denen die operative Strategieumsetzung erwartet wird, häufig nicht. Demgegenüber können strategische Neuausrichtungen, die zugleich mit einer intensiven Unternehmenskommunikation und Einbindung aller Betroffenen einhergehen, eine deutlich stärkere Identifikation und höhere Umsetzungsbereitschaft auszulösen.

Es ist also von Bedeutung, dass die Unternehmensleitung den Weg zu mehr Zukunftsfähigkeit und Attraktivität eines Unternehmens klar herausstellt und vor allem aktiv begleitet. Sieht die Umsetzung neben dem klaren Commitment und der Beteiligung des Top Management auch noch eine transparente und nachvollziehbare Incentivierung für alle Beteiligten und milestones zur internen Kommunikation erreichter Umsetzungsergebnisse vor, dann sind wichtige Voraussetzungen der erfolgreichen Strategieumsetzung erfüllt.

Unterstützungspotenziale des Reputation Management

Um quantitative Wertdimensionen des Unternehmens zu steigern haben sich Konzepte wie die Balanced Score Card von Kaplan/Norton oder Economiv Value Added (EVA) von Stern Stewart bewährt. Stehen qualitative Wertdimensionen wie zum Beispiel die Veränderungs- und Innovationsbereitschaft von Mitarbeitern im Fokus, dann können die Methoden und Konzepte des Change Management oder Knowledge Management herange-zogen werden. Wenn es aber um die strategiekonforme Verknüpfung quantitativer und qualitativer Wertdimensionen eines Unternehmen geht und sowohl unternehmensinterne als auch unternehmensexterne stakeholder von einer erfolgreichen Strategieimplementierung überzeugt werden müssen, dann ist das Reputation Management von besonderer Bedeutung. Dies wird im Folgenden anhand ausgewählter Fallbeispiele dargestellt.

  • Unternehmenswertsteigerung eines internationalen Chemieunternehmens durch verbesserte Unternehmenspositionierung

    Die Konzernmutter eines der weltweit größten Unternehmen im Bereich Spezialchemie beschloss, die Aktivitäten bis dahin unabhängig voneinander agierender Geschäftsfelder sowie einer weiteren Unternehmenstochter zusammenzuführen. Das strategische Ziel bestand darin, zukunftsfähige Kernkompetenzen zu entwickeln und ein neues Unternehmen mit einer überzeugenden Aufstellung als innovativer Technologieführer am Markt zu positionieren. Mit Hilfe verschiedener Querschnittsteams der Geschäftsbereiche wurden auf Basis eines klar formulierten und kommunizierten Anspruchs der Unternehmenszentrale die Leistungen, Technologien und Kompetenzen aller Unternehmensbereiche erfasst und für eine erfolgreiche Plazierung am Kapitalmarkt sowie gegenüber potentiellen Investoren bewertet. Die daraus resultierende strategische Ausrichtung wurde als Positionierung formuliert und diente als Grundlage für eine dezentrale Prozess- und Leistungsoptimierung, die notwendige Ressourcenallokation sowie die Neugestaltung interner und externer Kommunikationsprogramme. Aufgrund der Tatsache, dass alle Beteiligten von der Zukunftsfähigkeit begeistert waren, erwirkte die Implementierung bereits nach einem halben Jahr. Finanzinvestoren waren bereit, ein Mehrfaches des ursprünglich erwarteten Veräußerungswertes zu bieten.

  • Wertsteigerung eines internationalen Finanzdienstleisters durch Neuausrichtung von Leistungsprogrammen und –prozessen im Private Banking

    Die erfolgreiche Entwicklung des Privatkundengeschäfts einer deutschen Großbank ist das Ergebnis einer konsequenten Verknüpfung interner und externer Erfolgsprinzipien der Unternehmenspositionierung und ihrer Übertragung auf die Leistungsprogramme und -prozesse des Finanzdienstleisters innerhalb dieses wettbewerbsintensiven Geschäftsfeldes. Im Rahmen einer notwendigen Restrukturierung des Privatkundengeschäftes wurde durch eine aktive Einbindung von Führungskräften und Mitarbeitern das `neue Haus des Private Banking´ gebaut. Dieses basierte zum einen auf der zielgruppenspezifischen Optimierung und Erweiterung des Finanzdienstleistungsprogramms. Zugleich wurden stakeholderspezifische mission statements entwickelt, bei denen die konsequente Verbindung unternehmenszentraler Anforderungen an das Leistungsversprechen der Unternehmensmarke mit den Gestaltungsanforderungen der Gebietsfilialen zusammengeführt wurde. So konnte die Basis für eine klare Positionierung gegenüber Mitarbeitern, Kunden, Anlegern und Analysten geschaffen werden. Der turn around in dem zentralen Geschäftsfeld private banking wurde innerhalb von zwölf Monaten erreicht.

  • Das Unternehmensleitbild eines Multi-Utility-Konzerns als Basis wertschöpfender Veränderungsprozesse

    Nach einer turbulenten Phase starken internationalen Wachstums und einer deutlich veränderten Unternehmensstruktur stellte sich einem Multi-Utility Konzern die Herausforderung, eine neue Unternehmensidentität zu entwickeln. Diese sollte sowohl neue Geschäftsmodelle als auch die zunehmende Internationalität des Unternehmens zusammenführen und so eine präzisierte strategische Ausrichtung konsequent unterstützen. Mit einem Leitbildprozess wurde der Orientierungsbedarf ermittelt, die neue Strategie zunächst unternehmensintern kommuniziert und gleichzeitig eine breit angelegte Auseinandersetzung der Führungskräfte mit der veränderten Marktausrichtung und damit verbundenen Verhaltenserwartungen erreicht. Daran schloß sich ein koordinierter Prozess der Auseinandersetzung mit den Veränderungserfordernissen in den verschiedenen Geschäftseinheiten an. Eine erkennbar starke Beteiligung des Vorstandes und das gezielte Arbeiten im Sinne der durch das Leitbild beschriebenen Strategie sind die Erfolgsfaktoren des Prozesses. Sie erlauben es heute dem Unternehmen, seine Leistungsversprechen am Markt konsequent und glaubwürdig einzulösen.

  • Identitäts- und Wertstiftung eines führenden Chemiekonzerns durch die Ent-wicklung einer Unternehmensmarke

    Ein weltweit führendes Chemieunternehmen stand vor der Herausforderung, die Entwicklung von einem klassischen Produktlieferanten zu einem bereichsübergreifend vernetzt arbeitenden `solution provider´ erfolgreich zu managen. Es nutzte den Prozess der Entwicklung und Implementierung einer Unternehmensmarke, um seine 21 Geschäfts- und Servicebereiche übergreifend im Hinblick auf ihr Leistungsversprechen auszurichten und die Entwicklung zu einem kundennah und innovativ agierenden Problemlöser zu forcieren. Ermöglicht wurde dies, indem die Markeninhalte mit hohem Identifikationspotenzial über Einzelinterviews mit Führungskräften entwickelt und weltweit bei allen Zielgruppen getestet wurden. Von dem Markenversprechen und Markeninhalt überzeugt, erarbeiteten alle Geschäfts- und Servicebereiche im Rahmen sich anschließender workshops konkrete Vereinbarungen darüber, mit welchen Maßnahmen die Ansprüche der neuen Dachmarke bereits erfüllt werden, welche Optimierungspotenziale bestehen und wie diese zukünftig erreicht werden können. In einem weiteren Schritt wurden bereichsübergreifend relevante Endmärkte analysiert und Kompetenzfelder definiert. In diesen wird das Unternehmen heute seinem Anspruch `creating es-sentials´ mit einem klaren Wettbewerbsvorsprung gerecht.

Zusammenfassung

Unternehmen weisen sowohl quantitative als auch qualitative Wertdimensionen auf. Vor diesem Hintergrund wird ihre Wettbewerbsfähigkeit maßgeblich durch die erfolgreiche Verknüpfung und Umsetzung quantitativer und qualitativer Unternehmenswertstrategien bestimmt. Das Reputation Management, verstanden als Konzept der strategischen Un-ternehmensführung, zielt zum einen auf die Verbesserung der Unternehmensreputation als zentralem Unternehmenswert. Darüber hinaus ist es in der Lage, mit Hilfe seiner Prinzipien und Gestaltungsfelder die Umsetzung quantitativer und qualitativen Unternehmenswertstrategien aktiv zu unterstützen. Mit Hilfe eines Reputation Management Konzept ist ein Unternehmen in der Lage, sowohl den quantitativen als auch qualitati-ven Anforderungen interner und externer stakeholder zu entsprechen, und damit den Unternehmenswert kontinuierlich zu steigern.

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Wiedmann, K.-P./Buxel, H. (2004); Wertorientierte Unternehmensführung. Reputation ist kein Zufall, https://www.absatzwirtschaft.de/psasw/…/29383.html


Elke Benning-Rohnke ist Managing Partner der Grolman.Result GmbH, Frankfurt am Main.

PD Dr. Kurt Jeschke ist wissenschaftlicher Dozent für Marketing an der European Business School, International University, Schloss Reichartshausen und Partner der Grolman.Result GmbH, Frankfurt am Main.

eingestellt am 22. Juli 2004