Qualität von Marketing-Zeitschriften neu bewertet

Für den Forscher sind Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Zeitschriften das, was für den Sportler Medaillen sind. Ihr Renommee hängt davon ab, ob ihre Fachartikel von erstklassigen Zeitschriften veröffentlicht werden. Speziell in der Betriebswirtschaftslehre gibt es bislang jedoch kein allgemein anerkanntes Ranking, welche Zeitschriften prestigeträchtig sind. Einen Versuch startete im Jahr 2003 der Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft mit seinem sogenannten Jourqual-Ranking. Jetzt stellen Marketing-Experten der Universitäten Hohenheim und Tübingen eine Alternative für den Marketing-Bereich vor: Sie entwickelten das „German Marketing-Journal Ranking“ (GeMark).

Es ist ein Verfahren, das sich in den Naturwissenschaften längst etabliert hat: Dort beurteilen Forscher ihre Kollegen vor allem danach, in welchen Zeitschriften sie ihre Forschungsergebnisse veröffentlichen. Die prestigeträchtigen Zeitschriften-Flaggschiffe sind dort längst identifiziert und von der Scientific Community anerkannt. „Damit sind uns die Kollegen aus den Naturwissenschaften einen guten Schritt voraus“, urteilt Prof. Dr. Markus Voeth vom Lehrstuhl für Marketing der Universität Hohenheim. Denn in den Geisteswissenschaften sei dieser Trend noch relativ jung. „Unser Problem ist, dass es keine allgemein anerkannten Rankings gibt, die tatsächlich in der Lage sind, gute von weniger guten Zeitschriften zu differenzieren.“ Verschärft würde das Problem dadurch, dass in den Wirtschaftswissenschaften in Deutschland auch noch Zeitschriften in deutscher Sprache relevant seien. „Wir können also auch nicht einfach Rankings aus dem angelsächsischen Bereich übernehmen“, sagt Voeth.

Das „Jourqual-Ranking“ für den Bereich der Betriebswirtschaftslehre hat sich dem Wissenschaftler zufolge von Anfang an mit dem Vorwurf konfrontiert gesehen, ungenau zu sein. Denn heute sei kein Forscher mehr in der Lage, einen kompletten Überblick über alle Zeitschriften zu haben. Daher werde bezweifelt, ob der Grundansatz, das Ranking über Befragungen ermitteln zu wollen, richtig sei. Bislang seien diese Vorwürfe jedoch eher diffus geblieben. Voeth suchte daher mit Juniorprofessorin Uta Herbst von der Universität Tübingen und Jeanette Loos von der Universität Hohenheim nach objektiven Kriterien, um die Kritik zu überprüfen. Der Kern ihrer gemeinsamen Arbeit ist eine bibliometrische Analyse des Jourqual-Rankings. Beim bibliometrischen Verfahren wird eine Zeitschrift als umso höherwertiger eingestuft, je öfter ihre Beiträge in anderen Artikeln zitiert werden. Ergebnis ist ein sogenanntes Zitationsranking, das zeigt, welche Zeitschriften tatsächlich in den wissenschaftlichen Arbeiten einer Disziplin von Bedeutung sind. Allerdings sind bibliometrische Verfahren sehr aufwendig, da bei ihnen tausende von Zitationen erfasst und ausgewertet werden müssen.

Uta Herbst erläutert: „Wenn wir das Jourqual-Ranking mit unserem Zitationsranking vergleichen, werden zwei Schwächen des Jourqual-Rankings offensichtlich: Für das Teilgebiet Marketing konnten wir zeigen, dass das Ranking die wissenschaftliche Qualität vieler Zeitschriften falsch einschätzt. Und darüber hinaus zeigte sich auch, dass es nur einen Teil der Zeitschriften enthält, die tatsächlich für die wissenschaftliche Arbeit der Wissenschaftler unserer Disziplin relevant sind.“ Seine Ergebnisse nutzte das Forschungsteam nun auch, um das neue bibliometrisches Zeitschriftenranking „German Marketing-Journal Ranking“ speziell für den Bereich Marketing aufzubauen. „Dazu haben wir unseren bibliometrischen Datenbestand weiter ausgebaut, indem wir die von deutschsprachigen Marketing-Wissenschaftlern in den letzten fünf Jahren publizierten Zeitschriftenbeiträge untersucht haben. Den so erzeugten Datenbestand von mehr als 76 000 Zitationen haben wir zu einem eigenen Ranking verdichtet“, sagt Projektleiterin Loos, die die Erhebung der erforderlichen Daten koordiniert hat. GeMark sei eine objektivere, weil nicht auf Befragungen basierende Alternative für Marketing-Zeitschriften, urteilt Voeth. Es umfasse außerdem mehr Marketing-Zeitschriften als das Jourqual-Ranking. Das neue Ranking soll im Drei-Jahres-Turnus aktualisiert werden. Es wird inklusive der Details zur Methodik im Internet veröffentlicht.

www.gemark.de