Preismanagement: „Logistikern fehlt es an Selbstvertrauen“

Die Logistikbranche tut sich schwer, wenn es um Preiserhöhungen bei ihren bestehenden Kunden geht. Nur etwa 40 Prozent ihrer geplanten Preiserhöhungen setzen die Unternehmen tatsächlich um. Darüber hinaus hat die Branche im Vergleich zu anderen Industrien die niedrigsten Erfolgsquoten bei der Einführung neuer Produkte und Services.
Bei Innovationen und Preisdurchsetzung sind Logistik-Unternehmen das Schlusslicht, stellt die Strategieberatung Simon, Kucher und Partners fest. (© Fotolia 2015)

Wie eine Sonderauswertung der Global Pricing Study 2014 der Strategieberatung Simon, Kucher und Partners weiter zeigt, spüren fast 80 Prozent der Logistik-Unternehmen einen höheren Preisdruck als im Vorjahr. Als Gründe für diese schlechten Resultate geben sie den intensiveren Wettbewerb mit Billiganbietern an. Zudem sei die Verhandlungsmacht der Kunden stärker geworden. Die Konsequenz: Der Anteil der Unternehmen, die ausschließlich über den Preis konkurrieren, ist in der Logistik doppelt so hoch wie in anderen Branchen.

Nach Ansicht von Dr. Philipp Biermann, Partner bei Simon-Kucher, ist das Scheitern gerade bei Preiserhöhungen hausgemacht: „Logistikern fehlt es oft an Selbstvertrauen und Verhandlungstaktik. Sie sind den professionellen Einkaufsabteilungen ihrer Kunden oft hilflos ausgeliefert. Den Wert der eigenen Leistung zu erkennen, die jeweilige Verhandlungsstrategie zu erarbeiten und dies in einen durchsetzbaren Preis zu überführen – das muss in die Köpfe!“

Mehrheit sieht sich einem Preiskrieg ausgesetzt

Die Konsequenz dieser Kombination aus externem Druck und mangelndem Vertrauen in die eigene Leistung ist, dass fast zwei Drittel der Befragten sich laut eigenen Angaben aktuell in einem Preiskrieg befinden. Ausnahmslos alle geben dabei allerdings an, dass nicht sie selbst, sondern der Wettbewerb diesen ausgelöst habe. „Das Phänomen, dass Unternehmen ihren Kunden im Eifer des Gefechts Preiszugeständnisse machen, die sie eigentlich nicht einmal vor sich selbst rechtfertigen können, ist in der Logistik weit verbreitet. Dabei wird oft übersehen, welche Signale derartige Dumpingpreise gegenüber dem Wettbewerb haben und dass sich diese ‚Einzelfälle‘ am Ende negativ auf das ganze Marktpreisniveau auswirken können“, erklärt Kornelia Reifenberg, Senior Director bei Simon-Kucher.

Auch bei der Einführung neuer Produkte und Services bekleckert sich die Logistikbranche nicht gerade mit Ruhm, stellen die Strategieberater in ihrer Pricing-Studie fest: Nur 18 Prozent der Neuprodukte erreichen demnach ihre Profit-Ziele. Das ist die niedrigste gemessene Rate überhaupt, in der Betrachtung aller Branchen sind es 28 Prozent. 35 Prozent der Logistik-Unternehmen haben sogar bei keinem einzigen Neuprodukt die vorab gesteckten Gewinnziele erreichen können (Gesamtanteil 24 Prozent). Dabei wären laut Reifenberg gerade neue Produkte und Services in der Logistik ein gutes Mittel, um den Fokus in der Verhandlung weg vom Preis und hin zum Wert der Dienstleistung zu lenken.

Produkte verstehen, Kundenwerte vermitteln

Was können Logistiker tun, um sich erfolgreich gegen Niedrigpreis-Anbieter zu behaupten, Preissteigerungen am Markt durchzusetzen und auch Neuprodukte erfolgreich zu etablieren? Branchenexperte Biermann rät zu einer durchdachten Kunden- und Servicedifferenzierung: „Plumpe ‚one-size-fits-all‘-Produkte sind zum Scheitern verurteilt“.

Besser sei es, das bestehende Portfolio optional aufzubauen und aktiv anzubieten, um so den Wert des Angebots für die Sicht des Kunden zu schärfen: „Günstige Services sind möglich – erfordern aber ein Abspecken der Leistungstiefe – zum Beispiel was zeitliche Flexibilität, Zahlungsmodalitäten oder Kulanzregelungen betrifft. Wer jedoch Premiumservices will, muss diese auch bezahlen“.

Aus einem scheinbaren Commodity werde so ein auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden maßgeschneiderter Service. Zwei Dinge seien dabei wichtig: Erstens brauche der Kunde Wahlfreiheit. Zweitens müsse er die Möglichkeit haben, durch entsprechendes Verhalten auf Preisanpassungen zu reagieren – etwa dadurch, dass er flexiblere Lade- oder Lieferzeiten oder größere Sendungsmengen hinnimmt.