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Was hat Facebook mit der SPD gemein? In beiden Fällen befindet sich die Außendarstellung aktuell auf einem Allzeittief. Der Unterschied zur schwindsüchtigen deutschen (Ex-)Volkspartei: Facebook geht es so gut wie nie. Die Milliarden sprudeln, das Wachstum ist konstant hoch.
The majority of the Russian ad spend happened AFTER the election. We shared that fact, but very few outlets have covered it because it doesn’t align with the main media narrative of Tump and the election. https://t.co/2dL8Kh0hof
— Rob Goldman (@robjective) February 17, 2018
Dankbarer für Donald Trump hätte Facebooks Topmanager seine Tweets kaum formulieren können. Entsprechend verlor der Twitter-freudige US-Präsident keine Zeit, die Steilvorlage auf dem 280-Zeichen Dienst zu verwerten und zu retweeten. „Die Fake News-Medien liegen nie daneben“, höhnte Trump und zitierte die Tweets von Facebooks Anzeigenchef.
The Fake News Media never fails. Hard to ignore this fact from the Vice President of Facebook Ads, Rob Goldman! https://t.co/XGC7ynZwYJ
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) February 17, 2018
Bei näherer Betrachtung erscheinen Goldmans Tweets jenseits der Schmerzgrenze: Ausgerechnet der Topmanager jenes Internet-Giganten, dessen Konzernchef aus seiner Geringschätzung für Donald Trump keinen Hehl macht, liefert für den US-Präsidenten Argumente, während die Sonderermittlung um die russische Einmischung bei der US-Wahl noch gar nicht abgeschlossen ist?
Kara Swisher zerlegt Facebook-Topmanager auf Twitter
Die Folge: Es kam, wie es kommen musste. Goldman wurde in der Folge auf Twitter von der Elite des Silicon Valley und der Techmedien förmlich filetiert. Vor allem re/code-Chefin Kara Swisher führte Goldman nach allen Regeln der Twitter-Kunst vor: „Still, Rob, still“, machte Swisher am Wochenende den Auftakt.
Hush, Rob, hush. https://t.co/rQVBN02JAW
— Kara Swisher (@karaswisher) February 18, 2018
Goldmans Vorgänger, der sich in die Debatte einmischte und versuchte, Swisher zu unterstellen, sie wäre für weniger Transparenz bei den Russland-Ermittlungen, brachte Swisher mit einem weiteren Zinger zum Schweigen: „Meiner Meinung nach solltest Du sehr gut darüber nachdenken, ob Du Dich in diese Debatte einschaltest. Im Moment klingt es so, als schmeißt Du einen Hammer auf ein Klavier und würdest versuchen, Musik zu machen.“
IMHO You all need to speak very carefully and deliberately if you want to engage here. Right now it feels like you are someone throwing a hammer at a piano and imagining you are making music ?
— Kara Swisher (@karaswisher) February 18, 2018
„Facebook hat Lob dafür verdient, dass es seine Manager auf Twitter ihre Meinung vertreten lässt. Das sollten sie weiter tun, ich frage mich nur, ob das nach dieser Sache bestehen bleibt“, stimmte Techreporter Peter Kafka in die Debatte ein.
Facebook has earned praise for letting its execs sound off on Twitter. They should keep doing it, but I wonder if they will after this. https://t.co/CxVlG53IrI
— Peter Kafka (@pkafka) February 17, 2018
„Es gibt eine organisierte Kampagne, um die Mainstream-Medien in diesem Land zu diskreditieren, die vom Präsidenten angeführt wird. Und Facebooks Werbechef ist sich dessen entweder nicht bewusst, wie das funktioniert oder nimmt als Kavalier daran teil“, stellte der New Yorker Universitätsprofessor Jay Rosen den Facebook-Manager bloß.
There is an organized campaign to discredit the mainstream press in this country, led by the president. And this Facebook VP is either unaware of how it works, or cavalier about participating in it. https://t.co/kgyp5u0WOT
— Jay Rosen (@jayrosen_nyu) February 18, 2018
Auch das Techportal Axios schlug einen ähnlichen Ton an: „Es ist faszinierend zu sehen, wie Facebook argumentiert: Eine ausgeklügelte Marketing-Kampagne auf unserer Plattform hat das Nutzerverhalten nicht beeinflusst“, watschte Wirtschaftsredakteur Dan Primack das Social Network ab.
It continues to be fascinating to watch Facebook basically argue: a sophisticated marketing campaign on our platform didn't influence user behavior.
— Dan Primack (@danprimack) February 18, 2018
Die New York Times stellte Facebook unterdessen im Artikel „Facebook sendet bezüglich Russland ein Signal, das sie wünschten, nicht gesendet zu haben“, ein ähnlich vernichtendes Zeugnis aus. „Facebook sieht sich immer noch als Bank, die ausgeraubt wurde statt als Architekt, der eine Bank ohne Safes, ohne Schlösser und Alarm entworfen hat und nun überrascht ist, dass die Räuber zugeschlagen haben“, resümiert Tech-Kolumnist Kevin Roose nicht weniger bissig.
It continues to be fascinating to watch Facebook basically argue: a sophisticated marketing campaign on our platform didn't influence user behavior.
— Dan Primack (@danprimack) February 18, 2018
Nach dem maximalen PR-Debakel wurde der Druck auf Rob Goldman schließlich zu groß – Facebooks Werbechef machte daraufhin gestern eine Rolle rückwärts und schickte an die Belegschaft eine Entschuldigung, die Wired vorliegt.
„Die Tweets spiegeln meine eigene Meinung wider und nicht die von Facebook“
„Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich meine eigenen Ansichten über die russische Einmischung getwittert habe, ohne dass ich sie habe intern überprüfen lassen. Die Tweets spiegeln meine eigene Meinung wider und nicht die von Facebook. Ich habe meine Absichten schwach vermittelt.“
Zudem entschuldigte sich Goldman indirekt bei Sonderermittler Mueller, dessen Ermittlungen Goldman mit seiner Interpretation mehr oder weniger angezweifelt hatte. „Der Sonderermittler hat mehr Informationen darüber, was passiert ist – meine Widersprüche zu seinen Statements waren daher ein großer Fehler von mir“, gab Facebooks Werbechef bedröppelt zu.