Positive Quartalsbilanz und weitere Vorwürfe gegen Ströer

Pünktlich zur Präsentation der aktuellen Quartalszahlen von Ströer hat Carson Block, Chef des US-Hedgefonds Muddy Waters, neue Vorwürfe gegen den Konzern erhoben. Dieser führe seine Investoren in die Irre. Ströer hatte bereits vergangene Woche Anschuldigungen zurückgewiesen, nach denen das Unternehmen Geschäftszahlen geschönt haben soll.
Der Außenwerbungs-Spezialist Ströer mausert sich zum Multi-Channel-Medienhaus (© Ströer SE)

Eigentlich sollte die heutige Ankündigung von Ströer seine Investoren positiv stimmen. Laut vorläufiger Quartalsbilanz stieg der Konzernumsatz im ersten Quartal 2016 um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr (162 Millionen) und liegt derzeit bei 226 Millionen Euro, das organische Wachstum bei 11,5 Prozent. Der operative Gewinn (EBITDA) vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen stieg ebenfalls deutlich: im Vergleich zum Vorjahresquartal um fast 72 Prozent auf 45,3 Millionen Euro. Ströer verbucht außerdem einen Quartalsgewinn von 5,1 Millionen Euro – 8,1 Millionen Euro mehr als vor einem Jahr.

Die Aussichten sind laut Geschäftsführung sogar noch rosiger. „Wir rechnen mit mehr als 280 Millionen Euro Operational EBITDA für das Gesamtjahr 2016“, kündigte Ströer-Chef Udo Müller an. „Wir sind äußerst zufrieden mit dem Start in das aktuelle Geschäftsjahr – es ist der beste Jahresantritt seit unserem Börsengang.“

Neue Vorwürfe: Ströer führt Investoren bewusst in die Irre

Die Ankündigung darf auch als Beruhigung der eigenen Investoren gewertet werden. Der Kurs der Aktie war Ende der vergangenen Woche zeitweise um mehr als 30 Prozent eingestürzt, von gut 52 Euro auf weniger als 40 Euro, nachdem der US-Hedgefonds Muddy Waters einen belastenden aber zweifelhaften Bericht über Ströer veröffentlicht hatte. Ströer wehrte sich dagegen, bezeichnete die Vorwürfe als „an den Haaren herbei gezogen.“

Die positiven Zahlen und der sich erholende Aktienkurs dürften Muddy Waters-Chef Carson Block in Bedrängnis bringen. Der aber hatte erst einen Tag zuvor weitere Vorwürfe veröffentlich. Gegenüber der Wirtschaftswoche sagte der Finanzinvestor: „Meiner Meinung nach fehlte es den Antworten an Klarheit, weil sie vielfach darauf angelegt waren, Investoren noch weiter in die Irre zu führen.“ Ströers Behauptungen, Block habe in seinem Report Wechselkurseffekte und den Umsatzanteil neuer Beteiligungsfirmen von Stöer nicht berücksichtigt, seien demnach „durchweg unzutreffend“. Laut Wirtschaftswoche hatte der Hedgefonds-Manager den Ströer-Chef zudem bei einer Telefonkonferenz am vergangenen Freitag von einem Ex-Mitarbeiter des US-Geheimdienstes CIA analysieren lassen und sei dabei auf „Verhaltensweisen“ gestoßen, „die man mit Täuschung verbindet.“ Mit ähnlichen Methoden soll Muddy Waters bereits den französischen Handelsriesen Casino und den Rohstoff-Konzern Noble Group aus Hongkong attackiert haben.

Hedgefonds-Manager Carson Block und das Geschäft mit den Leerverkäufen

Carson Block ist bekannt dafür, Firmen mit solchen Vorwürfen anzugreifen. Er gilt als einer der einflussreichsten Investoren, ein so genannter „Leerverkäufer“. Er sucht nach Firmen, deren Aktienkurse in kurzer Zeit stark gestiegen sind – und daher wohlmöglich bald stark fallen könnten. Block leiht sich deren Aktien dann gegen eine Gebühr von anderen Investoren und verkauft sie zum hohen Kurs, nur um sie am Ende der Leihfrist wieder zurückzukaufen. Der Aktienkurs fällt in diesem Zeitraum meistens, sodass der Leerverkäufer ein gutes Geschäft macht.

Damit der Aktienkurs auch sicher sinkt, helfen Menschen wie Block nach und kritisiert das Unternehmen öffentlich. Er selbst sagt: „Mein Ziel ist es, wahrheitsgemäße Fakten und unsere Analysen zu Unternehmen zu veröffentlichen, damit Investoren auch einmal eine abweichende Meinung hören können.“

Analysten bewerteten Ströer Identitätswandel mehrheitlich positiv

In seinem Bericht über Ströer von vergangener Woche, stellt Muddy Waters mehrere Werte der im März vorgelegten Geschäftszahlen in Frage, wirft dem Unternehmen Insidergeschäfte vor und bezweifelt die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats. Das seit einigen Jahren als zweites Standbein aufgebaute Digitalgeschäft laufe zudem nicht so gut, wie Ströer behauptet. „Aus unserer Sicht ist Ströer nicht das Unternehmen, wofür es der Markt anscheinend hält“, heißt es unter anderem. Ströer macht seit einigen Jahren einen Identitätswandel durch: Der Spezialist und Marktführer im Außenwerbe-Segment will auch digital mitgestalten und kauft dafür in großem Stil Firmen auf.

Das aber läuft eigenen Angaben zufolge ziemlich gut. Ströer wehrte sich daher massiv gegen die Anschuldigungen. In einer mehrseitigen Stellungnahme hieß es „Der Bericht ist weit hergeholt, mindestens tendenziös und im Ergebnis vollkommen haltlos.“ Auch Analysten hatten Ströer bislang durchweg positiv bewertet, empfahlen die Aktie gar mit einem durchschnittlichen Zielkurs von 72 Euro. Die starke Kursreaktion trotz positiver Bewertungen führen viele darauf zurück, dass bei Ströer traditionell viele Anleger Leerverkaufspositionen hielten, was eine Abwärtsbewegung leicht verstärke. Mittlerweile hat sich der Kurs zum Teil wieder erholt und liegt bei rund 45 Euro. Ströer prüft derweil rechtliche Schritte gegen Muddy Waters, auch wenn Experten diese als nicht allzu hoch bewerten.