Ostprodukte überzeugen im Westen über den Preis

Auch 20 Jahre nach der Deutschen Einheit sind Ostprodukte im Westen kaum bekannt. Umgekehrt zeigt sich, dass es nationale und internationale Marken in den neuen Bundesländern in denjenigen Segmenten schwer haben, in denen angestammte Ostmarken seit Jahrzehnten stark aufgestellt sind. Dies sind Ergebnisse der ersten West-Ost-Markenstudie (WOM) 2010, die MDR-Werbung und das Institut für angewandte Marketing- und Kommunikationsforschung (IMK) gemeinsam erarbeitet haben. „Mit Rotkäppchen und Spee ist nur zwei Ostmarken der Sprung über die ehemalige innerdeutsche Grenze gelungen“, erklärt Niels N. von Haken, Geschäftsführer der MDR-Werbung.

Für die WOM 2010 wurden mehr als 1 500 Menschen nach ihren Einkaufsgewohnheiten, der Bekanntheit von Marken in Ost und West sowie den Entscheidungskriterien für den Kauf von Produkten befragt. Die Studie wird künftig einmal jährlich erhoben. Wurden Menschen in West und Ost Marken genannt, die aus den Neuen Bundesländern stammen, dann erzielten im Westen nur sechs Ostmarken eine Bekanntheit von mehr als 50 Prozent, allen voran Rotkäppchen, außerdem Nordhäuser Doppelkorn und vier ostdeutsche Biermarken. Ohne Vorgabe der Markennamen seien nur Rotkäppchen und Spee bei mehr als 50 Prozent der befragten Westdeutschen so bekannt, dass sie sie spontan nennen könnten. „Abseits dieser Leuchttürme verfügen die Ostmarken über einen immer noch sehr geringen Bekanntheitsgrad“, sagt Sören Schiller, Geschäftsführer des IMK in Erfurt. Im Osten selbst seien dagegen nahezu alle abgefragten Ostmarken bekannt und vertraut. Mit der Einschränkung, dass sich die große Bekanntheit der Ostmarken vor allem auf Befragte über 40 Jahre stütze.

Eine weitere zentrale Erkenntnis der WOM 2010 ist, dass sich Verbraucher im Osten bei ihrer Kaufentscheidung deutlich stärker von den Kriterien Herkunft, Preis, Platzierung des Produkts, Empfehlung durch Verwandte/Bekannte und Werbung leiten lassen als die Konsumenten im Westen. Dies bedeute für Hersteller, die ihre Marke in den Neuen Bundesländern etablieren wollen, eine höhere Herausforderung für Marketing und Vertrieb. „Beim Thema Bio/Ökologie sind dagegen die Westdeutschen sensibler“, berichtet Sören Schiller. In den alten Bundesländern würden Ostprodukte besonders in Niedersachsen und Hessen gekauft. Auch die Bekanntheit von Ostmarken sei in diesen beiden Ländern deutlich höher als in anderen alten Bundesländern. Mit zunehmender Entfernung von der ehemaligen Grenze nehme die Verwendung ab, was sicherlich auch mit einer geringeren Listung im Handel zusammenhänge.

Die Frage nach dem Image der Ostmarken bei Westdeutschen führte zu der Erkenntnis, dass diese Marken nur eine einzige stark positiv differenzierende Aufladung besitzen – den Preis. Westmarken hingegen zeichneten sich aus Sicht der befragten Westdeutschen vor allem durch die Aspekte Bekanntheit (aus der Werbung) und Etabliertheit aus. „Daraus lässt sich schließen, dass Ostprodukte im Westen lediglich wegen des Preises beim Verbraucher ankommen, während klassische Westmarken im Osten über die Marktmacht punkten“, erläutert der IMK-Chef. Aus Sicht von Niels N. von Haken besteht nach den Ergebnissen der West-Ost-Markenstudie akuter Handlungsbedarf. Der Geschäftsführer der MDR-Werbung ist überzeugt, dass Markenhersteller für den Osten differenzierte Werbestrategien entwickeln müssen. „Das ‚Copy and Paste’-Prinzip funktioniert nur bei wenigen, sehr starken Marken. Für Ostmarken gilt hingegen: Gegen die Marktmacht der ‚Großen’ lassen sich die Werte Regionalität, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit hervorragend einsetzen.“

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