Opel könnte Cash-Cow für PSA werden: Wie schlagkräftig ist die Marke Opel?

Die Möglichkeiten, der Marke Opel sich unter dem französischen PSA-Konzern zu entwickeln hängen von ihrer Markstärke ab. Zwei Entwicklungen sind denkbar: Einerseits als starke eigenständige Marke mit eigenständiger Technik, zum zweiten als Markenhülle für PSA-Technik. Im zweiten Fall wäre PSA ausschließlich am historischen Kundenstamm von Opel-Vauxhall interessiert. Es scheint auf die zweite Alternative hinauszulaufen.

Ein Indikator für die Marktstärke von Opel-Vauxhall ist der Marktanteil im Kernmarkt Europa. Während Opel-Vauxhall 1995 noch 12,5 Prozent Marktanteil hatte ist der Wert auf 5,7 Prozent im ersten Halbjahr 2018 (H1) geschrumpft.

Anders ausgedrückt, im Markt Europa, definiert als EU 28 plus EFTA, werden in diesem Jahr gut 16 Millionen Pkw-Neuwagen verkauft werden. Hätte Opel-Vauxhall noch seinen Marktanteil 10,2 Prozent aus dem Jahr 2010 würde die Marke 700.000 Fahrzeuge mehr verkaufen. Man kann auch sagen, Opel-Vauxhall leidet an Kundenschwund, etwa im Gegensatz zur Marke VW, die im Jahr 2010 mit einem Europa-Marktanteil von 11,2 Prozent abschloss und 11,4 Prozent der Neuwagenverkäufe in Europa im ersten Halbjahr 2018 stellte.

Beschränkte Wertigkeit der Verkäufe

Ein Maß für die Wertigkeit der Verkäufe einer Marke ist der Anteil der Eigenzulassungen, definiert als die Zulassungen des Autobauers und seiner Händler an den gesamten Neuzulassungen der Marke. Da Opels Heimatmarkt Deutschland ist macht es Sinn, hier einen Blick auf die Zahlen zu werfen.

Im ersten Halbjahr 2018 wurden 42,1 Prozent aller Opel-Neuwagen als Eigenzulassungen angemeldet. Im Gesamtmarkt waren dies im gleichen Zeitraum lediglich 28,3 Prozent. Damit lagen die Opel-Eigenzulassungsanteile 49 Prozent über dem Marktniveau. Ein wenig befriedendes Zeichen. Opel braucht also massive Verkaufsförderung, um seine Neuwagen an den Kunden zu bringen. Beide Indikatoren – der Kundenschwund über die Jahre und die relativ geringe Wertigkeit der Verkäufe – signalisieren, dass ein Käufer des chronisch Verluste erleidenden Unternehmens Opel wohl weniger an einer schlagkräftigen Marke, sondern eher am Kundenstamm interessiert sein wird.

Überschaubare Akzeptanz Opel-Modelle mit PSA-Technik

Die Akzeptanz und Bedeutung von Modellen für eine Marke läßt sich am Anteil der Modelle an den Gesamtverkäufen der Marke – sprich am Modell-Mix – erkennen. Obwohl Corsa und Astra angegraut sind und in den nächsten Jahren erneuert werden, sind beide Modelle die Hauptvolumenträger von Opel in Deutschland. An dritter Stelle steht im 1. Quartal und 2. Quartal 2018 das unter dem früheren Opel-Chef KT Neumann entwickelte Modell Opel Insigna. Der Insigna tritt in einem schwierigen Segment an, das mit Wettbewerbern wie BMW 3er, Audi A4, Mercedes C-Klasse und VW-Passat stark auf Firmenkunden fokussiert. Umso bemerkenswerter ist die Marktstellung des Insigna und seine Bedeutung für den Opel Modell-Mix.

Das Opel-Management spricht französisch

Für den PSA-Konzern als Ganzes rechnet sich der Wettbewerb, denn mit überschaubarem Entwicklungsaufwand lassen sich höhere Verkaufsvolumen erzielen. Die nächsten Opels von PSA sind in der Pipeline. Der nächste Corsa kommt 2019 auf PSA-Plattform und als Zwillingsbruder des Peugeot 208. Kein Wunder, dass man stolz verkünden kann, dass beim nächsten Corsa 50 Prozent der Entwicklungskosten eingespart werden. Der Prozess, Opel zu 100 Prozent in den PSA-Konzern zu integrieren, läuft und wird im Jahr 2024 abgeschlossen sein. Dann sind Opel-Modelle reine PSA-Zwillinge. Ob die im Juli 2018 vom Opel-Design angekündigte Opel-Zukunft wirklich „deutsch, nahbar, aufregend“ sein wird, bleibt die Frage.

Und auch in der Geschäftsführung der Opel Automobile GmbH wurde in den letzten Monaten kräftig umgebaut. Eine neue Personalchefin, Anke Felder, die funktional am PSA, Executive Vice President Human Resources, Xavier Chéreau, angebunden ist, ein Entwicklungsleiter, der eng an Paris angebunden ist sowie die PSA-Manager Rémi Girardon (Produktion), Frédéric Brunet (Finanz) und Xavier Duchemin (Vertrieb). Michael Lohscheller der letzte Vorstand aus der Zeit vor der Übernahme durch PSA im August 2017.

Opel könnte Cash-Cow für PSA werden – Betriebsrat kann das nicht stoppen

Die Strategie, alle Opel-Modelle auf PSA-Plattformen zu stellen, macht für PSA Sinn. Zur Eigenständigkeit ist die Marke eher zu schwach. Damit bleibt Opel als Design- Hülle mit PSA Technik übrig. „Deutsch, nahbar, aufregend“ hätte damit einen ganz besonderen Wortsinn. PSA gewinnt mit Opel-Vauxhall eine Millionen Kunden und nimmt die Sanierungskosten in Kauf. Im Mittelpunkt stehen die Opel-Käufer – das ist der wahre Wert von Opel für PSA, ein Großteil des Rests ist lästiger Beipack, der abgeworfen werden muß. Für diese Strategie von Tavares spricht auch die überschaubare „Wertigkeit“ der Marke Opel. Das zeigen nicht zuletzt die hohen Eigenzulassungen und Verkaufsförderungsmaßnahmen. Der Mythos vom German Engineering ist eher eine Stammtisch-Geschichte.

Das Kalkül des PSA-Chef Carlos Tavares scheint zu lauten, Opel als PSA-Hülle aufzustellen. PSA hat im letzten Jahr 800 Euro Gewinn pro Fahrzeug gemacht. Würde Opel bei einer Million Neuwagenverkäufe den gleichen Gewinn pro Fahrzeug erwirtschaften, würden jährlich gut 800 Millionen Euro Gewinn im operativen Geschäft anfallen. Hohe Abfindungen lassen sich damit schnell amortisieren. Bei durchschnittlich 150.000 Euro Abfindung pro Mitarbeiter für den „goldenen Handschlag“ würde der operative Gewinn eines Jahre mehr als 5.000-mal den „goldenen Handschlag“ finanzieren. Könnte dann noch ein großer Teil des Entwicklungszentrums in Rüsselsheim verkauft werden, blieben 10.000 Mitarbeiter übrig. Ohne Probleme könnte diese Zahl mit freiwilligen Abfindungen „effizient“ gestaltet werden. Das Abfindungsmodell rechnet sich für Tavares. Opel wird zur Hülle für PSA-Technik. Sollten genügend Opel- Kunden das Spiel mitmachen und den „Peugeots aus Rüsselsheim“ die Stange halten, hätte Tavares aus dem chronischen Verlustbringer Opel eine Cash Cow gemacht.