Abschied von der Störerhaftung: Offenes WLAN für alle – zu früh gefreut?

Verschiedene Medien berichteten in der vergangenen Woche über die von der Bundesregierung geplante Abschaffung der Störerhaftung. Anbieter von öffentlich zugänglichem WLAN würden danach nicht mehr für Aktivitäten der Nutzer haften. Nicht ganz, sagt Rechtsanwalt Sven-Alexander von Normann.

Kommentar von Sven-Alexander von Normann, Rechtsanwalt, Fieldfisher

Derzeit besteht für Anbieter öffentlich zugänglicher WLAN-Netze in Deutschland ein erhebliches rechtliches Risiko: Wird über ihr Netzwerk von einem Dritten zum Beispiel illegal ein Film heruntergeladen, können sie als sogenannter „Störer“ von dem Rechteinhaber des Films auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Gesetzesänderung liefert keine abschließende Klärung der Haftungsfrage

Dies wird von den Gerichten damit begründet, dass die Rechtsverletzung über den Internetzugang des Anbieters erfolgt ist und er dem unbekannten Täter den illegalen Download damit erst ermöglicht hat. Schon die Abmahnung kann den Anbieter – beispielsweise das Café um die Ecke – einen vierstelligen Betrag kosten.

In einer angekündigten Gesetzesänderung hatte die Bundesregierung ursprünglich vorgesehen, dass Anbieter nur dann um ihre Haftung herumkommen, wenn sie ihr Netzwerk mit Sicherheitsmaßnahmen schützen. Zudem sollte jeder Nutzer eine Erklärung abgeben, dass er keine Rechtsverletzungen begehen wird. Jetzt sollen diese zusätzlichen Anforderungen wahrscheinlich vollständig gestrichen werden – das Einloggen in ein WLAN-Netz wäre damit ohne Einschränkung möglich.

Ist damit jetzt alles klar? Nicht so ganz. Denn erste Stellungnahmen von Union und SPD lassen nicht eindeutig erkennen, ob WLAN-Anbieter nicht doch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden und deshalb immer noch eine Abmahnung in ihrem Briefkasten vorfinden könnten. Die bloße Streichung der bislang vorgesehenen Gesetzesänderung würde jedenfalls nicht zu einer abschließenden Klärung führen.

Lieber nicht zu früh freuen

Vielleicht muss am Ende wieder einmal der Europäische Gerichtshof für eine Klarstellung sorgen. Dem Gericht in Luxemburg liegt nämlich gerade ein Fall aus München zur Entscheidung vor, in dem es prüft, ob die Störerhaftung mit europäischem Recht in Einklang steht. Noch gibt es hierzu kein Urteil, aber der sehr häufig entscheidende Schlussantrag des Generalanwalts deutet stark auf eine Einschränkung der Störerhaftung hin.

Dennoch: Die Freude über unbegrenztes, freies WLAN in ganz Deutschland ist zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht. Inwieweit die WLAN-Anbieter in Zukunft tatsächlich von einer Haftung ausgenommen werden, ist noch unklar. Fest steht jedoch: Mit dem jetzt diskutierten Gesetzesentwurf und dem noch ausstehenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs warten dieses Jahr noch wegweisende Entscheidungen auf die Netzgemeinde. Es bleibt spannend.