Nokias Markenfehler: visueller Hammer ohne verbalen Nagel

Sieht man sich heute die stärksten Marken der Welt an, dann haben diese eine verbale und eine visuelle Positionierung. So besitzt Coca-Cola die Originalposition in den Köpfen der Kunden und unterstreicht diese mit der Originalkonturflasche. Marlboro ist die maskuline Zigarette und hämmert dies seit Jahrzehnten mit dem Bild des Cowboys in Marlboro Country. BMW steht für Fahrfreude und dramatisiert dies perfekt vor allem in der Fernsehwerbung.

Von Michael Brandtner

Dieses Zusammenspiel von Wort und Bild kann man mit einem Hammer und einem Nagel vergleichen. Die verbale Positionierung ist der Nagel, mit dem man in die Wahrnehmung der Kunden eindringen will. Der visuelle Hammer ist das Werkzeug, mit dem man den verbalen Nagel emotional „einschlägt“. Dieses Zusammenspiel ist deshalb auch so wichtig, weil verbale Botschaften im Laufe der Zeit stärker und glaubwürdiger werden, während visuelle Botschaften im Laufe der Zeit an Kraft verlieren.

Wenn Dr. Best am Anfang nur von einer „nachgebenden“ Zahnbürste gesprochen hätte, wäre diese Idee wahrscheinlich untergegangen. Mit der Darstellung rund um die Tomate bekam diese verbale Idee die notwendige Glaubwürdigkeit, Emotionalität und Dramatisierung. Die Idee „die erste nachgebende Zahnbürste“ war der verbale Nagel. Die Demonstration mit der Tomate der visuelle Hammer. Beides zusammen ergab einen großen Marken- und Marketingsieg.

Nokia versus Nike

Am Mittwoch, den 4. September 2012, stellte Jo Harlow, die Vize-Präsidentin von Nokia das neue Nokia Lumia 920 mit Windows Phone 8 offiziell vor. Aber diesmal präsentierte sie kein schwarzes oder graues Smartphone, sondern ein, wie es eine Tageszeitung ausdrückte, „quietschgelbes“ Gerät. Das könnte der perfekte visuelle Hammer sein, um sich von der restlichen Smartphone-Welt zu differenzieren.

Es erinnert ein wenig an die olympischen Spiele, bei denen Nike mit seinen „giftgrünen“ Schuhen Adidas und Co. die Show stahl. Um die 400 Athleten trugen diesen Schuh, von Asthon Eaton, Trey Hardee über Mo Farah bis hin zu Renaud Lavillenie. Dieser Schuh war mehr als nur ein „Marketing-Gag“. Es war der perfekte visuelle Hammer für Nike.

Der große Unterschied

Wo aber liegt jetzt der Unterschied zwischen dem „quietschgelben“ Smartphone und den „giftgrünen“ Schuhen? Die giftgrünen Schuhe hämmerten die Führungsposition von Nike als die Sportmarke Nr. 1. Was aber hämmert das quietschgelbe Smartphone von Nokia? Maximal, dass es Nokia wieder einmal probiert, gegen das iPhone von Apple und Samsung Galaxy zu punkten.

Was Nokia heute fehlt, ist der verbale Nagel, nämlich die zentrale Positionierung, wofür die Marke wirklich steht. Dieses gelbe Smartphone hätte der perfekte visuelle Hammer sein können, um das Comeback von Nokia einzuläuten. Schade, dass Nokia dazu nicht auch einen perfekten verbalen Nagel entwickelt hat. So hämmert dieser Hammer nur die Me-too-Position von Nokia, und das ist keine gute Idee und auch keine gute Position für die Zukunft.

Buchtipp dazu: Ries, Laura: Visual Hammer, erscheint demnächst auch als E-Book auf Deutsch.

Markenstratege Michael Brandtner ist der Spezialist für strategische Markenpositionierung und Associate von Ries & Ries.
Sein Blog:
www.brandtneronbranding.com