Nachhaltigkeit und Wettbewerb: Vom Nutzen klarer Spielregeln

Unternehmen, die freiwillig hohe Öko-Standards einhalten, haben höhere Kosten. Verbindliche Mindeststandards verhindern derweil einen Unterbietungswettbewerb zulasten der Umwelt. Deshalb ist es gut, dass es Initiativen wie das EU-weite Lieferkettengesetz oder ein globales Abkommen zur Plastikvermeidung gibt.
An die Spielregeln müssen sich alle halten - manche machen sogar noch mehr. (© Unsplash)

Was im Fußball der FC Bayern, das ist, wenn es um umweltverträgliches Wirtschaften geht, Vaude. Mit seiner anspruchsvollen Nachhaltigkeitsstrategie räumt der Outdoor-Hersteller aus dem schwäbischen Tettnang eine Auszeichnung nach der anderen ab, ob beim Marken-Award der absatzwirtschaft oder als EY Entrepreneur Of The Year. Jetzt hat der Mittelständler sogar vor den Augen von Greenpeace Gnade gefunden. Die Umweltorganisation hat in ihrem Report „Die Label-Masche“ die Nachhaltigkeitslabel von 14 Textilmarken überprüft und bei elf von ihnen den Daumen gesenkt, darunter „H&M Conscious“, „Primark Care“ und „Zara Join Life“.

Vaude hingegen war mit seinem „Green Shape“-Label nicht nur insgesamt spitze, sondern lag auch in Kategorien wie “Existenzsichernde Löhne” oder “Transparente Zuliefererliste” vorn. Das Erfolgsgeheimnis: Vaudes Label deckt nicht nur den gesamten Lebenszyklus eines Produkts ab, sondern wird auch ständig weiterentwickelt, überwacht von einem externen Beirat. Das hat Seltenheitswert in der Branche. Ähnlich gut wie Vaude hat nur die Schweizer Marke “Coop Naturaline” abgeschnitten.

Nachhaltigkeitsstandards sind teuer – zahlen aber aufs Image ein

Wer mit viel Engagement vorangeht, ärgert sich über Nachzügler. Seit Jahren tritt Vaude für strenge Lieferketten-Standards ein und fordert entsprechende Gesetze. Ob die Verwendung ressourcenschonender Materialien, Umweltmanagement-Trainings in der Lieferkette, Klimabilanzierung oder der Einsatz erneuerbarer Energien – für Vaude-Chefin Antje von Dewitz gehören solche Maßnahmen zum verantwortlichen Wirtschaften, schon heute. „Das bedeutet aber auch, dass wir höhere Kosten und damit Benachteiligungen im Vergleich zum Wettbewerb haben“, kritisiert sie. Schon richtig.

Auch die Nachhaltigkeitsaktivistin Thekla Wilkening plädiert für neue Rahmenbedingungen, um ökologische Schäden durch Fast- und Ultrafast Fashion einzudämmen, wie sie im Interview der absatzwirtschaft erklärt. Allerdings: Wer, wie Vaude, die Nachhaltigkeitskarte glaubwürdig und professionell spielt, kann sich in einem solchen Umfeld gut abheben und sich dadurch auch einen beträchtlichen Wettbewerbsvorteil verschaffen. 2021 jedenfalls verbuchte das Unternehmen ein Umsatzplus von 17,6 Prozent, nach einem von 8,2 Prozent im Vorjahr. Auf die neuen Zahlen, die Vaude traditionell im August im Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht, sind wir gespannt.

Einheitliche Regeln für die Lieferkette: EU-Initiative im Parlament

Wenn es um die Erhaltung der Lebensgrundlagen geht, ist es auf jeden Fall richtig, Mindeststandards vorzugeben. Genau das will die Europäische Kommission mit einem EU-weiten Lieferkettengesetz erreichen, das größere Unternehmen verpflichtet, in ihren Wertschöpfungsketten auf Menschenrechte und Umweltfolgen zu achten. Verhandelt wird die Initiative bereits seit Jahren, doch Anfang Juni soll nun endlich das Europäische Parlament über die „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ abstimmen (einen Überblick über das komplexe Gesetzgebungsverfahren finden Sie hier). Die Richtlinie soll bis Ende des Jahres verabschiedet werden. Von 2026 an werden in den Mitgliedstaaten entsprechende Gesetze in Kraft treten, so der Plan.

Weltweites Abkommen zur Plastikvermeidung

In Paris laufen diese Woche Verhandlungen über eine weltweite Reduzierung von Kunststoffen. Vor einem Jahr hatten sich die Vereinten Nationen dazu verpflichtet, bis 2024 einen weltweit gültigen Vertrag abzuschließen. Der Grundsatzbeschluss war zu Recht gefeiert worden, die Umsetzung dürfte nicht einfach werden. Immerhin geht es um den ganzen Lebenszyklus, vom Design über die Produktion bis zu Entsorgung und Recycling. Als Diskussionsgrundlage dient der vor zwei Wochen vorgelegte Report „Turning off the Tap“.

Vertriebsverbot für Leuchtstoffröhren

Und sonst? Dürfen von Ende August an bestimmte Leuchtstoffröhren und von September an Halogenlampen nicht mehr vertrieben werden. Unternehmen, die noch nicht komplett auf LED umgestellt haben – und das sind erstaunlich viele –, sollten sich also sputen. Das Marktforschungsinstitut Statista hat ein Whitepaper dazu erstellt, wie das Umrüsten geht, was es bringt und welche Förderungen es gibt; es lässt sich kostenlos herunterladen. Manchmal ist man ja ganz froh über handfeste Lektüre, auch wenn dahinter Marketinginteressen stehen: Auftraggeber des Papiers ist der Energiedienstleister EWE aus Oldenburg, der auch Lichtberatung anbietet. Clever gemacht.

Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!

(mat) führte ihr erstes Interview für die absatzwirtschaft 2008 in New York. Heute lebt die freie Journalistin in Kaiserslautern. Sie hat die Kölner Journalistenschule besucht und Volkswirtschaft studiert. Mag gute Architektur und guten Wein. Denkt gern an New York zurück.