Modekauf mit Maske: Wie Corona das Shoppen verändert

Nach der vierwöchigen Corona-Pause wird das Einkaufen in den Innenstädten nicht mehr dasselbe sein. Der Schutz vor der Pandemie verlangt auch von Buchläden und Boutiquen große Veränderungsbereitschaft. Zwei Bundesländer gehen Sonderwege.
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Die Herausforderung im beratungsintensiven Modehandel oder beim Schuhkauf ist eine andere als im Lebensmittel-Discounter. Schließlich soll der Corona-Schutz möglichst nicht die Lust am Shoppen verderben. (© Imago)

Modekauf mit Maske und Zugangskontrollen im Buchladen: Wenn am kommenden Montag die ersten Modegeschäfte, Schuhläden und Buchhandlungen nach gut vierwöchiger Corona-Pause wieder ihre Tore öffnen, wird der Kampf gegen die Pandemie das Einkaufserlebnis auch dort nachhaltig verändern. Der Modehändler Gerry Weber etwa will nicht nur die eigenen Mitarbeiter mit Schutzmasken ausstatten, sondern auch Masken für die Kundinnen bereithalten. Und die Modeberatung soll künftig „unter Einhaltung der Abstandsregeln“ stattfinden.

Auch der Textildiscounter Kik, der Schuhhandelsriese Deichmann, die Parfümeriekette Douglas und Deutschlands größter Buchhändler Thalia sind längst dabei, ihre Filialen für die veränderten Bedingungen umzurüsten, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Corona-Maßnahmen variieren von Bundesland zu Bundesland

Die meisten Maßnahmen in den Läden – von den Niesschutz-Scheiben aus Acrylglas an den Kassen bis zu den Abstandsmarkierungen am Boden – dürften den Verbrauchern mittlerweile vom Lebensmitteleinkauf bekannt sein. Doch ist die Herausforderung im beratungsintensiven Modehandel oder beim Schuhkauf natürlich noch einmal eine andere als im Lebensmittel-Discounter. Schließlich soll der Corona-Schutz möglichst nicht die Lust am Shoppen verderben.

Zusätzlich erschwert wird der Umgang mit der Corona-Krise für Kik, Deichmann und Co. dadurch, dass die Hygienevorschriften von Bundesland zu Bundesland, teilweise aber auch von Stadt zu Stadt variieren. Deshalb dürften auch am Montag noch etliche Läden, die eigentlich aufgrund ihrer Größe öffnen dürften, geschlossen bleiben.

Kik hofft immerhin, bis zu 95 Prozent seiner mehr als 2600 Filialen in Deutschland zum Wochenanfang wieder öffnen zu können. Auch Gerry Weber will alle Filialen, die eine Verkaufsfläche von maximal 800 Quadratmetern haben, wieder in Betrieb nehmen. Doch der Schuhhandelsriese Deichmann ist schon wesentlich vorsichtiger in seiner Prognose.

Zwar will auch Deichmann die ersten Läden am Montag wieder öffnen. Doch wie viele genau, da mag sich das Unternehmen nicht festlegen. „Konkretere Aussagen zu machen, ist im Moment noch schwierig, da die Vorgaben in den Bundesländern teilweise voneinander abweichen und es auch auf lokaler Ebene in einigen Fällen spezielle Regelungen gibt“, betonte das Unternehmen. Auch die Buchhandelskette Thalia sieht hier eine Hürde. So werde sich die Öffnung der Buchläden in Thüringen wohl um eine Woche nach hinten verschieben.

Nach den neuen Regelungen dürfen ab der kommenden Woche Läden mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern unter Auflagen wieder öffnen – ebenso unabhängig von der Ladengröße Kfz-Händler, Fahrradhändler und Buchhandlungen.

Abweichende Regeln gelten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz: NRW erlaubt auch Einrichtungshäusern und Babyfachmärkten, unabhängig von ihrer Verkaufsfläche am Montag wieder zu öffnen. „Da haben wir ein klares wirtschaftliches Interesse“, sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Donnerstag in Düsseldorf zur Begründung. In NRW habe die Möbelbranche etwa 35.000 Mitarbeiter. Über 60 Prozent aller Küchen in Deutschland würden in Westfalen produziert. Wenn größere Autohäuser unter den Bedingungen des Infektionsschutzes wieder öffnen könnten, sei das auch bei Einrichtungshäusern möglich.

In Rheinland-Pfalz können ab Montag „alle Geschäfte öffnen, wenn Waren nur auf bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche angeboten werden“, wie Regierungssprecherin Andrea Bähner der Deutschen Presse-Agentur in Mainz sagte. „Größere Geschäfte erhalten so die Chance, einen Teil ihrer Verkaufsfläche abzutrennen“, fügte sie hinzu.

Größen-Beschränkung sorgt für viel Unmut im Handel

Tatsächlich sorgt die Größen-Beschränkung weiter für viel Unmut im Handel. Der Präsident des Handelsverbandes Textil (BTE), Steffen Jost, sprach am Donnerstag von einer willkürlichen Entscheidung, die vor allem ein Ziel habe: „Die Politik will verhindern, dass die Leute in die Stadt gehen. Das ist wahrscheinlich gelungen.“

Josts Einschätzung wurde von Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher mehr oder weniger bestätigt. Der SPD-Politiker sagte im ARD-„Morgenmagazin“ mit Blick auf die 800-Quadratmeter-Regel: „Es geht vor allem darum, dass in den Innenstädten nicht plötzlich – da wo große Einkaufszentren, große Kaufhäuser sind – gar nicht die Läden, sondern allein die Fußgängerzonen wieder so eng werden, dass es zu neuen Infektionsrisiken kommt.“

BTE-Präsident Jost, der selbst als Unternehmer fünf Modegeschäfte mit Verkaufsflächen von 3000 bis 5400 Quadratmetern betreibt, warnte, die Entscheidung schade nicht nur den direkt Betroffenen. Auch kleine Händler würden darunter leiden. Denn dadurch, dass die großen Kundenmagneten geschlossen blieben, werde es auch ihnen an Kundschaft fehlen. Die Angst der Politik vor einem Kundenansturm in der Innenstadt hält der BTE-Präsident für übertrieben. „Wir haben so oder so eine Konsumkrise. Die Menschen werden eh nicht in die Läden strömen.“

Textil- und Modeindustrie für Konsumgutscheine

Der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie hat derweil in der Corona-Krise für einen Neustart der Wirtschaft ein umfassendes Konjunkturprogramm gefordert. Verbandspräsidentin Ingeborg Neumann sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie könne der Idee sehr viel abgewinnen, Einkaufs- beziehungsweise Konsumgutscheine mit einer zeitlich befristeten Gültigkeit auszugeben. „Das wäre eine unbürokratische Möglichkeit, den Konsum zu beleben.“

Daneben sprach sie sich für eine zeitlich befristete Reduzierung der Umsatzsteuer und Einfuhrumsatzsteuer für sämtliche Textil- und Lederwarenerzeugnisse aus sowie eine rasche und vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. „Schließlich würde eine befristete Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten und der Sonntagsöffnungen erhebliche Impulse bringen“, sagte Neumann, die auch Vize-Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) ist.

Gebeutelter Mittelstand hofft auf tatkräftige Signale

Die Bundesregierung hatte Bereitschaft für milliardenschwere Konjunkturprogramme signalisiert – konkrete Pläne dafür gibt es aber noch nicht. Neumann sagte, Gesundheitsschutz sei wichtig. „Wir brauchen aber auch Tatkraft und Signale, die uns im Mittelstand die Kraft fürs Durchhalten geben“, betonte sie. „Wir fordern die Bundesregierung auf, neben dem Gesundheitsschutz und den Milliardenhilfen unternehmerischen Schwung in ihre Planungen zu bringen. Wir werden die Krise nicht überstehen, wenn wir uns nur im Abwarten üben.“ Es brauche tatkräftige Signale an den gebeutelten Mittelstand.

Bund und Länder hatten sich auf schrittweise Lockerungen von Corona-Maßnahmen verständigt, die Kontaktbeschränkungen wurden aber bis mindestens 3. Mai verlängert. Ende April wollen Bundesregierung und Ministerpräsidenten erneut beraten, wie es weitergeht.

„Wenn die Infektionsraten weiterhin auf niedrigem Niveau verbleiben, müssen die Beschränkungen zur Wiederöffnung der Läden sowie die Beeinträchtigung des Waren- und Personenverkehrs schnellstmöglich, also spätestens ab dem 4. Mai, aufgehoben werden“, sagte Neumann. Dazu müsse die Bundesregierung frühzeitig einen klaren Fahrplan vorlegen. „Mit jedem Tag, den sie die Verbraucher und Unternehmer im Ungewissen lässt, steigen Unsicherheit und Sorge. Die Bundesregierung muss dazu beitragen, den unternehmerischen Geist zu wecken, damit wir aus diesem tiefen Tal herauskommen.“

Re-Start nur mit umfassendem Konjunkturprogramm möglich

Die Lockerung der Beschränkungen werde allein aber bei weitem nicht ausreichen, um den Normalisierungsprozess in die Wege zu leiten. „Die Umsätze werden auf einem signifikant niedrigen Niveau verbleiben, wenn der Re-Start nicht mit einem umfassenden Konjunkturprogramm zur Ankurbelung des privaten Konsums und unternehmerischer Investitionen begleitet wird.“

he/dpa