Mit dem iPad gegen die Verlagskrise?

Rückläufige Auflagen und schwindende Werbekunden setzen die Verlage unter Druck. Befördert durch den Erfolg von Tablets wie dem iPad, hoffen die Medienhäuser auf Apps als alternative Einnahmequelle. Eine aktuelle Untersuchung von OC&C Strategy Consultants zeigt: Apps haben das Potenzial, den Umsatz zu stabilisieren und die Profitabilität zu steigern. Allerdings hätten traditionelle Verlage das richtige Erfolgsrezept noch nicht gefunden.

Weil immer mehr Verbraucher das große Angebot kostenfreier digitaler Inhalte nutzen, verlagern die Werbekunden die Budgets zunehmend in den Online-Bereich. Zur Kompensation dieses negativen Strukturtrends rückt das Thema „Paid Content“ erneut verstärkt in den Fokus. Der enorme Erfolg des iPads lässt die traditionellen Medienunternehmen auf florierende Geschäfte mit Bezahlinhalten hoffen. Derzeit publizieren die deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverlage nach Erkenntnissen von OC&C Strategy Consultants rund 40 Apps von Nachrichten- und Zeitschriftenformaten für das iPad. Für gut 70 Prozent der in Deutschland erscheinenden Verlagstitel sollen zu Beginn des Jahres 2013 kostenpflichtige Angebote für das iPad verfügbar sein.

„Tablet Apps werden zwar weiter an Bedeutung gewinnen, in Summe rechnen aber die meisten Unternehmen auch langfristig mit Downloads von unter zehn Prozent der Printauflagen“, erklärt Studienautor Andreas von Buchwaldt. Damit seien Apps letztlich nur ein Element einer erfolgreichen Multi-Channel-Strategie. Medienunternehmen müssten ihre Inhalte deshalb nicht nur für Tablets, sondern auch für Netbooks, Smartphones sowie das TV und Printprodukte nutzbar machen – und zwar in einer Form, die den Spezifika des jeweiligen Kanals optimal Rechnung trage. Ein weiteres Problem bestehe darin, dass sich die überwiegend kostenpflichtigen Angebote bislang stark an Print-Konzepten orientieren und die User nicht überzeugen konnten. Sie erhielten in den Nutzerbewertungen häufig deutlich schlechtere Noten als etwa Spiele oder Utility-Angebote. Die Produktausgestaltung müsse sich zukünftig deutlich stärker an Nutzererwartungen ausrichten.

Darüber hinaus resultierte ein Teil der Unzufriedenheit mit den Medien-Apps aus falschem Pricing. Grundsätzlich könnten Verlage zwar auf die Zahlungsbereitschaft für redaktionelle Inhalte bauen – allerdings ist sie weit weniger ausgeprägt als bei Filmen, Spielen oder Musik. Michael Rzesnitzek, ebenfalls Autor der OC&C-Studie, betont: „Die Preise der Apps orientieren sich aktuell vielfach an den Printprodukten der Verlage und sind damit für digitale Nutzer, die an kostenlose Inhalte gewöhnt sind, prohibitiv hoch.“ Pricing aus der Nutzersicht müsse aber reflektieren, dass etwa 50 Prozent der Produktkosten durch Papier, Druck und Vertrieb verursacht werden, die beim digitalen Pendant erst gar nicht entstehen. Viele Beispiele zeigten, dass intelligentes Bundling von Print und digitalen Inhalten bei der Transformation von der Print- zur Online-Nutzung sehr effektiv sein kann.

Neben der Konfektionierung der Inhalte, etwa in Form einer Bündelung, hänge der Erfolg von E-Publishing-Angeboten von drei wesentlichen Kriterien ab: Angebote müssten einzigartig sein, als wertvoll empfunden werden und durch eine simple Nutzung überzeugen. Dass der Nutzer den Wert als hoch empfinde, könne etwa durch exklusive Inhalte, Fachinhalte und Angebote mit hoher Erlebnisqualität erreicht werden. Originell aufbereitete Inhalte ließen sich die Nutzer durchaus etwas kosten. Zudem sollte eine Online-Content-Strategie stets eine einfache Handhabung, hohe Praktikabilität und nachvollziehbare Preise berücksichtigen. Hierzu gehörten ein unkomplizierter Bezahlvorgang und ein breites Spektrum an Zahlungsmöglichkeiten: von klassischen Verfahren wie einer Überweisung über Kreditkarten und Rabattsysteme bis hin zu E-Payment-Leistungen. Sei diese Hürde zu hoch, würden viele User vor Vollendung der Transaktion wieder abspringen.

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