Mister Mercedes will verjüngt „zurück an die Spitze“

Die Markteinführung der neuen A-Klasse war für Mercedes-Benz nach eigenen Angaben „die erfolgreichste Händlerpremiere aller Zeiten“. Seit Verkaufsfreigabe im Juni seien schon über 70.000 Bestellungen eingegangen. In einer der Produktionsstätten, dem Werk Raststatt, sei die Montage auf einen Dreischichtbetrieb hochgefahren und die Belegschaft um 500 neue unbefristete Stellen erweitert worden, berichtet der Daimler-Konzern aktuell. Nach diversen Skandalen und strategischen Wirrungen kehrt die Marke mit dem Stern offenbar wieder zurück zu altem Glanz, verspricht auch „Mister Mercedes“ im exklusiven Interview der soeben erschienenen Ausgabe 11/2012 von absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing.
Dr. Schmidt 2010

Von Thorsten Garber

Urgestein Dr. Joachim Schmidt, dessen Vertrag als Mitglied der Geschäftsleitung für „Mercedes-Benz Cars“ kürzlich noch bis 2015 verlängert wurde und der für Konzernchef Dieter Zetsche „wie kein anderer“ die Marke verkörpert, zeichnet in der Pkw-Sparte der Stuttgarter für Marketing und Vertrieb verantwortlich. Seine zentrale Botschaft im Interview: „Die Verjüngung unserer Modellpalette ist absolut gewollt.“ Gerade die im Sommer vorgestellte und im Design aufgepeppte A-Klasse läutet den Verjüngungsprozess sicht- und hörbar ein: Mit basslastigen Beats in der brummenden Begleitmusik kamen auch die TV-Spots in der Werbekampagne zum überarbeiteten Modell daher. Dass diese Ansprache ältere Mercedes-Kunden abschrecke, lässt Schmidt nicht gelten: Ihnen wolle man nicht „vor den Kopf stoßen“ und biete künftig als Fahrzeug mit höherem Einstieg „die neue B-Klasse im Programm“.

Zehn neue Modelle bis 2015

So ungewöhnlich jugendlich, wie Mercedes mit der A-Klasse auftritt, will der Autobauer künftig auch die Vertriebskanäle gestalten und sich dabei den Bedürfnissen der Ü30-Generation anpassen: Zur Einführung des stark überarbeiteten Modells eröffnete Daimler im Juni erstmals eigene „City Showrooms“ in Mailand und Berlin. Nach ersten Erfahrungen will der Marketing- und Vertriebschef diese Präsenzen in Innenstädten ausbauen. In den modernen Läden können Kunden ihre Autos virtuell konfigurieren. Außerdem denke der Konzern darüber nach, „unsere Autos künftig zusätzlich übers Internet zu verkaufen“, wie Dr. Schmidt im Interview ankündigt.

Der lange Zeit als traditionell gehandelte Fahrzeughersteller, der als Erfinder des Automobils gilt, feilt am frischen Image mit vielen Produktneuheiten: Bis zum Jahr 2015 will Mercedes zehn neue Modelle auf den Markt bringen und dann die jüngste Flotte im Portfolio bieten. Zusätzlich seien noch Nischen zu besetzen, die es bald zu schließen gelte, „wie ein Blick auf kleine Geländewagen zeigt“, deutet Dr. Joachim Schmidt konkret an.

Höherer Umsatz pro Fahrzeug als die Wettbewerber

Für den einstigen Champion, heute hinter BMW und Audi nur noch Drittplatzierter im Premiumsegment, ist das Ziel aller Anstrengungen die Rückeroberung der Marktführung: „Wir werden in diesem Jahr 1,3 Millionen Pkw absetzen und sind mit unseren zahlreichen neuen Modellen zurück auf dem Weg an die Spitze“, zeigt sich Mister Mercedes angriffslustig. Schon jetzt habe sein Unternehmen durchaus Vorteile gegenüber den beiden Wettbewerbern: „Unser Fahrzeuge erwirtschaften in der Regel einen höheren Umsatz pro Fahrzeug.“

Wie Dr. Schmidt die Autokrise in Europa bewertet, in welchen Ländermärkten für Mercedes die größten Wachstumschancen bestehen und mit welchen Mitteln seine Pkw-Sparte auf die hohen Rabattierungen bei Neuwagen in Deutschland reagiert, sind unter anderem weitere Themen des Gesprächs, das während des Pariser Autosalons trotz des großen Ansturms von Journalisten exklusiv stattfand.

Alternative Antriebstechnologien

Zur Messe in der französischen Hauptstadt präsentierte Mercedes überdies vier Weltpremieren, die das in Teilen vorbildhafte Streben des Konzerns nach alternativen Antriebstechnologien belegen – darunter einen Mercedes-Benz B 200 „Natural Gas Drive“, sowie drei „Electric Drive“-Modelle in der B-Klasse, beim Supersportwagen SLS AMG Coupé sowie im futuristischen Konzeptfahrzeug „smart forstars“. Mit dem Stern wird also trotz aller Unkenrufe wohl auch in Zukunft zu rechnen sein. Oder, wie Dr. Schmidt im Gespräch verschnupft bemerkte: „In Deutschland werden wir etwas kritischer wahrgenommen. Vielleicht, weil wir uns als Einser-Kandidat Fehler erlaubt haben.“

Weitere Statements von Dr. Joachim Schmidt, für Marketing und Vertrieb verantwortliches Mitglied der Geschäftsleitung von „Mercedes-Benz Cars“, lesen Sie in der heute erschienenen Ausgabe 11-2012 der absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing.

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